Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
Vom Netzwerk:
sagen<, antwortete der geheimnisvolle Fremde, >ob diese Straße zur Prince of Wales Road führt?< Sie bejahte und fragte ihn scherzhaft, was er denn Schönes vorhabe und so weiter, nur hat sie diesen Teil der Unterhaltung nicht so ausführlich geschildert, denn sie schüttete ihr Herz Inspektor Sugg aus, den das dankbare Vaterland dafür bezahlt, daß er sehr reine und edle Ideale hat, nicht wahr? Jedenfalls antwortete der alte Knabe, er könne sich ihr zur Zeit nicht widmen, da er eine Verabredung habe. >Ich muß einen Mann treffen, meine Liebe<, lautete ihre Version seiner Antwort, und damit ging er die Alexandra Avenue hinauf in Richtung Prince of Wales Road. Sie sah ihm noch immer ziemlich erstaunt nach, als eine Freundin von ihr hinzukam und sagte: >Bei dem brauchst du deine Zeit nicht zu verschwenden - das ist Levy - den kenne ich noch aus der Zeit, als ich im Westend wohnte; die Mädchen nannten ihn dort den >Meergrünen Unnahbaren< - den Namen der Freundin verschwieg sie wegen der weiteren Verflechtungen der Geschichte, aber den Inhalt des Gesprächs beschwört sie. Sie hat dann nicht weiter an den Vorfall gedacht, bis ihr der Milchmann heute morgen von der Aufregung in den Queen Caroline Mansions erzählte; da ist sie, obwohl sie der Polizei sonst nicht sehr zugetan ist, hingegangen und hat den diensthabenden Beamten gefragt, ob der Tote einen Bart und eine Brille gehabt habe. Als sie hörte, Brille ja, Bart nein, entfuhr es ihr unbedacht: >Oh, dann ist er es nicht<, worauf der Beamte fragte: >Ist nicht wer?< und sie am Schlafittchen packte. Das ist ihre Geschichte. Sugg ist natürlich begeistert und hat daraufhin gleich Thipps verhaftet.«
    »Meine Güte«, sagte die Herzogin. »Hoffentlich bekommt das arme Mädchen keinen Ärger.«
    »Das glaube ich nicht«, meinte Lord Peter. »Thipps ist derjenige, der es wird ausbaden müssen. Außerdem hat er etwas Dummes angestellt. Das habe ich auch aus Sugg herausbekommen, obwohl er mit Informationen nicht eben freigebig war. Anscheinend hat Thipps sich in dem Zug geirrt, mit dem er aus Manchester zurückgekommen sein will. Zuerst hat er gesagt, er sei um halb elf nach Hause gekommen. Dann haben sie Gladys Horrocks ausgequetscht, die sich dahingehend ausließ, daß er erst um Viertel vor zwölf gekommen sei. Thipps wird gebeten, die Unstimmigkeit zu erklären, und verwickelt sich in Widersprüche. Zuerst will er den Zug verpaßt haben. Dann zieht Sugg am St. Pancras-Bahnhof Erkundigungen ein und entdeckt, daß er um zehn Uhr einen Koffer in der Gepäckaufbewahrung aufgegeben hat. Thipps, erneut um eine Erklärung gebeten, verhaspelt sich noch mehr und sagt, er sei ein paar Stunden herumgelaufen - habe einen Freund getroffen - könne nicht sagen wen - habe keinen Freund getroffen - könne nicht sagen, wie er die Zeit totgeschlagen habe - könne nicht erklären, warum er seinen Koffer nicht abgeholt habe - könne nicht sagen,  wann  er angekommen sei - könne nicht erklären, woher die Beule an seiner Stirn stamme. Im Grunde kann er überhaupt nichts sagen. Gladys Horrocks wird wieder verhört. Diesmal sagt sie, Thipps sei um halb elf nach Hause gekommen. Dann gibt sie zu, daß sie ihn gar nicht gehört hat. Sie kann nicht sagen, warum sie ihn nicht gehört hat. Kann nicht sagen, warum sie zuerst gesagt hat, sie  habe  ihn gehört. Bricht in Tränen aus. Widerspricht sich. Man wird hellhörig. Beide werden eingelocht.«
    »Wie du das erklärst«, sagte die Herzogin, »klingt es ziemlich verwirrend und nicht sehr solide. Der arme kleine Mr. Thipps würde sich über alles Unsolide sehr ereifern.«
    »Ich möchte nur wissen, was er getrieben hat«, sagte Lord Peter nachdenklich. »Daß er einen Mord begangen hat, glaube ich nun wirklich nicht. Außerdem glaube ich, daß der Mann schon ein bis zwei Tage tot war, obwohl man auf die Aussage des Arztes nicht allzuviel geben darf. Es ist ein unterhaltsames Problemchen.«
    »Sehr sonderbar, mein Lieber. Und so traurig, was Sir Reuben angeht. Ich muß Lady Levy ein paar Zeilen schreiben; damals in Hampshire, als sie noch ein junges Mädchen war, kannte ich sie nämlich ganz gut. Christine Ford hieß sie, und ich kann mich noch lebhaft erinnern, was für ein fürchterliches Theater es gab, als sie einen Juden heiraten wollte. Das war natürlich, bevor er mit diesen Ölgeschäften in Amerika zu seinem Geld kam. Die Familie wollte, daß sie Julian Freke heiratete, der später so gut herauskam und um ein paar Ecken mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher