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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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nicht verschwendet war. »Ich wünschte jedenfalls, es wären immer nur Herren, die nachts hierher zu Besuch kommen«, sagte ich. (Eure Lordschaft werden diese Anzüglichkeit verzeihen.) (»Lieber Gott«, sagte Lord Peter, »könnte Bunter nicht ein bißchen weniger gründlich in seinen Methoden sein?«)
    Cummings:  Ach, so einer ist Seine Lordschaft, wie? (Er kicherte und stieß mich in die Rippen. Ich will einen Teil der Unterhaltung an dieser Stelle verschweigen, weil er für Eure Lordschaft ebenso kränkend sein müßte, wie er für mich war. Er fuhr fort:) Nein, bei Sir Julian gibt es nichts dergleichen. Ganz wenige Besucher bei Nacht, und dann immer nur Herren. Und in aller Regel gehen sie auch früh wieder, wie der Herr, den ich vorhin erwähnte.
    Bunter:  Um so besser. Ich finde ja nichts lästiger, Mr. Cummings, als aufbleiben zu müssen, um den Besuch hinauszulassen.
    Cummings:  Oh, den brauchte ich nicht hinauszulassen. Das hat Sir Julian selbst getan, so gegen zehn Uhr. Ich habe ihn noch »Gute Nacht« rufen hören, dann war er weg.
    Bunter:  Tut Sir Julian das immer?
    Cummings:  Na ja, das kommt drauf an. Wenn er den Besuch unten empfängt, läßt er ihn auch selbst hinaus; wenn er ihn oben in der Bibliothek empfängt, läutet er nach mir.
    Bunter:  Dann hatte er diesen Besuch also unten?
    Cummings:  O ja. Sir Julian hat ihm sogar selbst die Tür geöffnet, wie mir jetzt einfällt. Er war zufällig unten in der Diele. Aber wenn ich jetzt zurückdenke, fällt mir ein, daß sie danach doch in die Bibliothek gegangen sind. Das ist komisch. Ich weiß, daß sie oben waren, denn als ich frische Kohlen in die Diele brachte, konnte ich sie oben hören. Außerdem hat Sir Julian mich ein paar Minuten später in die Bibliothek kommen lassen. Na ja, jedenfalls habe ich ihn um zehn Uhr fortgehen hören, vielleicht auch ein bißchen früher. Er war nur etwa eine Dreiviertelstunde da. Aber wie gesagt, danach ist Sir Julian die ganze Nacht türenschlagend durch den Privatzugang aus und ein gegangen, und dann um drei Uhr morgens das Bad und um acht wieder raus zum Frühstück - das ist mir zu hoch. Wenn ich sein Geld hätte, würde ich was drauf pfeifen, mich mitten in der Nacht mit Toten abzugeben. Da wüßte ich mit meiner Zeit was Besseres anzufangen, was, Mr. Bunter -?
    Ich brauche von dieser Unterhaltung nichts weiter wiederzugeben, denn sie wurde jetzt unerfreulich und zusammenhanglos, und ich konnte Mr. Cummings auch nicht mehr auf die Ereignisse des Montagabends zurückbringen. Ich wurde ihn dann erst um drei Uhr morgens los. Er fiel mir weinend um den Hals und sagte, ich sei ein feiner Kerl, und Eure Lordschaft wären der richtige Herr für ihn. Er sagte, Sir Julian werde sehr böse mit ihm sein, weil er so spät nach Hause komme, aber der Sonntagabend sei sein freier Abend, und wenn auch nur ein Wort falle, werde er kündigen. Ich glaube, damit wäre er schlecht beraten, denn an Sir Julian Frekes Stelle könnte ich diesen Mann nicht guten Gewissens weiterempfehlen. Ich sah noch, daß seine Schuhabsätze ein wenig schief waren.
    Ich möchte noch zum Lob für Eurer Lordschaft Weinkeller anfügen, daß ich, obwohl ich eine beträchtliche Menge sowohl von dem 68er Cockburn als auch von dem 1800er Napoleon trinken mußte, heute morgen weder Kopfschmerzen noch andere üble Nachwirkungen verspürte.
    In der Hoffnung, daß Eure Lordschaft sich in der Landluft wirklich gut erholen, und daß die Informationen, die ich beschaffen konnte, zu Eurer Lordschaft Zufriedenheit ausgefallen sind, verbleibe ich mit einer respektvollen Empfehlung an die ganze Familie
    Ihr gehorsamer Diener
Mervyn Bunter.

    »Weißt du«, sagte Lord Peter nachdenklich zu sich selbst, »manchmal habe ich das Gefühl, daß Mervyn Bunter mich auf den Arm nimmt. Was gibt es, Soames?«
    »Ein Telegramm, Mylord.«
    »Parker«, sagte Lord Peter und riß das Telegramm auf.
    Es lautete: Beschreibung im Armenhaus Chelsea wiedererkannt. Unbekannter Nichtseßhafter, Mittwoch vor einer Woche bei Verkehrsunfall verletzt. Montag im Armenhaus gestorben. Am selben Abend auf Frekes Anforderung an St. Luke's geliefert. Ziemlich ratlos. PARKER.
    »Hurra!« rief Lord Peter und strahlte plötzlich übers ganze Gesicht. »Freut mich, Parker einmal ratlos zu sehen. Das stärkt mein Selbstvertrauen. Ich fühle mich wie Sherlock Holmes. >Ganz einfach, Watson.< Aber hol's der Kuckuck, es ist eine ekelhafte Geschichte. Immerhin macht sie Parker ratlos.«
    »Was

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