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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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durch einen hindurch, wie wenn er einen auf dem Tisch liegen hätte und aufschneiden wollte. Es ist eigentlich nichts, worüber man sich beklagen könnte, wenn Sie verstehen, Mr. Bunter - nur dieser gräßliche Blick. Damit will ich nicht sagen, daß er nicht äußerst korrekt ist. Entschuldigt sich immer, wenn er mal rücksichtslos war. Aber was nützt einem das noch, wenn er einem erst die Nachtruhe gestohlen hat?
    Bunter:  Wie macht er das? Sie meinen, er hält Sie lange auf den Beinen?
    Cummings:  Er nicht; ganz im Gegenteil. Um halb elf wird die Haustür abgeschlossen, und alles geht zu Bett. Das will er so haben. Natürlich bin ich meist froh, wegzukommen, weil alles so trostlos ist. Aber  wenn  ich zu Bett gehe, will ich auch  schlafen.
    Bunter:  Was treibt er denn? Läuft er im Haus herum?
    Cummings:  Und ob! Die ganze Nacht. Und ständig raus und rein durch den Privateingang zum Krankenhaus.
    Bunter:  Wollen Sie etwa sagen, Mr. Cummings, daß ein großer Facharzt wie Sir Julian Freke im Krankenhaus Nachtdienst macht?
    Cummings:  Nein, nein - er macht da seine eigene Arbeit; Forschungen sozusagen. Schneidet Leute auf. Er soll ja darin sehr fix sein. Könnte Sie oder mich im Handumdrehen auseinanderschneiden und wieder zusammensetzen, Mr. Bunter.
    Bunter:  Schlafen Sie denn im Erdgeschoß, daß Sie ihn so gut hören?
    Cummings:  Nein, unser Schlafzimmer ist oben! Aber mein Gott, was nützt das schon! Er schlägt die Türen, daß man ihn im ganzen Haus hört.
    Bunter:  Ach ja, wie manches Mal habe ich auch Lord Peter schon darauf hinweisen müssen! Und dann die ganze Nacht hindurch reden. Und baden.
    Cummings:  Baden? Das kann man wohl sagen, Mr. Bunter. Baden! Meine Frau und ich schlafen gleich neben dem Raum, in dem der Wasserspeicher ist. Ein Lärm, der Tote aufwecken könnte! Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Was glauben Sie, wann er erst letzten Montag nachts ein Bad genommen hat, Mr. Bunter?
    Bunter:  Also, ich habe so etwas schon um zwei Uhr nachts erlebt, Mr. Cummings.
    Cummings:  So, um zwei Uhr? Also, und das war um drei Uhr. Um drei Uhr morgens wurden wir aus dem Schlaf gerissen. Das können Sie mir aufs Wort glauben.
    Bunter:  Was Sie nicht sagen, Mr. Cummings.
    Cummings:  Sehen Sie, Mr. Bunter, er schneidet ja immer an Krankheiten herum, und dann will er nicht zu Bett gehen, ohne vorher die ganzen Bazillen abgewaschen zu haben, verstehen Sie? Das finde ich ja auch ganz natürlich. Ich meine auch nur, daß ein Herr sich nicht noch um Mitternacht mit Krankheiten beschäftigen sollte.
    Bunter:  Diese großen Herren haben eben alle ihre eigene Art.
    Cummings:  Na ja, da kann ich nur sagen, meine Art wäre das nicht. (Das glaubte ich ihm aufs Wort, Mylord. Cummings hat wirklich nichts von einem großen Mann an sich, und seine Beinkleider sind auch nicht das, was ich bei einem Mann in seinem Beruf erwarten würde.)
    Bunter:  Ist er denn gewöhnlich so spät noch auf, Mr. Cummings?
    Cummings:  Hm, nein, Mr. Bunter, gewöhnlich nicht, das will ich nicht sagen. Er hat sich auch morgens entschuldigt und gesagt, er will den Wasserspeicher mal nachsehen lassen - und dafür wird es meines Erachtens auch höchste Zeit, denn dauernd kommt Luft in die Leitungen, und das ist immer ein Quietschen und Gurgeln, daß man es nicht aushält. Wie der Niagarafall, wenn Sie verstehen, Mr. Bunter; da können Sie mich beim Wort nehmen.
    Bunter:  Na ja, das mag schon sein, Mr. Cummings. Aber man läßt sich schon einiges gefallen von einem Herrn, der wenigstens so anständig ist, sich zu entschuldigen. Und manchmal kann einer natürlich auch gar nichts dafür. Da kommt vielleicht mal unerwartet Besuch und hält ihn lange auf.
    Cummings:  Das stimmt schon, Mr. Bunter. Jetzt, da Sie's sagen, fällt mir ein, daß am Montagabend wirklich ein Herr da war. Er kam zwar nicht sehr spät, ist dann aber eine Stunde geblieben, und das hat Sir Julian vielleicht bei der Arbeit zurückgeworfen.
    Bunter:  Sehr gut möglich. Kann ich Ihnen noch ein Gläschen Portwein einschenken, Mr. Cummings, oder vielleicht etwas von Lord Peters altem Kognak?
    Cummings:  Ein Schlückchen Kognak, danke, Mr. Bunter. Sie haben hier anscheinend den Kellerschlüssel, wie? (Dabei zwinkerte er mir zu.) »Darauf können Sie sich verlassen«, sagte ich und holte den Napoleon. Ich kann Eurer Lordschaft versichern, daß es mir im Herzen weh tat, ihn so einem Menschen vorzusetzen. Aber da wir gerade beim richtigen Thema waren, fand ich, daß er

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