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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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daß du der Sache auf den Grund gekommen bist?« fragte Parker.
    »Ja. Ich könnte mich allerdings irren. Ich hoffe es sogar, aber ich weiß, daß ich mich  nicht  irre.«
    »Und du willst es mir nicht sagen?«
    »Weißt du«, sagte Peter, »das möchte ich, ehrlich gesagt, nicht. Ich sagte, ich  könnte  mich irren - und dann würde mir vorkommen, als ob ich den Erzbischof von Canterbury verleumdet hätte.«
    »Nun, dann sag mir wenigstens - ist es  ein  Rätsel, oder sind es zwei?«
    »Eines.«
    »Du hast von dem Mord an Levy gesprochen. Ist Levy tot?«
    »Mein Gott - ja!« sagte Peter schaudernd.
    Die Herzogin, die in einer Ecke saß und den  Tatler  las, sah auf.
    »Peter«, sagte sie, »ist das wieder dein Schüttelfrost? Dann solltet ihr beide aufhören, über dieses Thema zu reden, wenn es dich so aufregt. Außerdem ist es Zeit zum Aufbruch.«
    »Schon gut, Mutter«, sagte Peter. Er wandte sich an Bunter, der mit Mantel und Koffer respektvoll an der Tür stand. »Sie wissen, was Sie zu tun haben, ja?« fragte er.
    »Genau, Mylord, vielen Dank. Soeben fährt der Wagen vor, Euer Gnaden.«
    »Mit Mrs. Thipps darin«, sagte die Herzogin. »Sie wird sich freuen, dich wiederzusehen, Peter. Du erinnerst sie so Mr. Thipps. Guten Morgen, Bunter.«
    »Guten Morgen, Euer Gnaden.«
    Parker begleitete sie nach unten.
    Als sie fort waren, starrte er mit leerem Blick auf das Papier in seiner Hand, dann fiel ihm ein, daß Samstag und er sich beeilen mußte. Er winkte ein Taxi heran. »Scotland Yard!« rief er.
    Am Dienstagmorgen sah man Lord Peter in Begleitung eines Mannes in Wildhüterjacke hurtig über einen Rübenacker schreiten, dessen Blätter schon vom frühen Frost angegilbt waren. Ein Stückchen vor ihnen verriet eine wellenförmige Bewegung der Blätter die unsichtbare Nähe eines jungen Setters aus dem Zwinger des Herzogs von Denver. Plötzlich flog ein Rebhuhn mit einem Lärm wie von einer Polizeischnarre auf, und Lord Peter erlegte es beachtlich sicher für einen Mann, der nur ein paar Nächte zuvor noch imaginären deutschen Sappeuren gelauscht hatte. Der Setter jagte wie verrückt übers Rübenfeld und apportierte den toten Vogel. »Braver Hund«, sagte Lord Peter.
    Der dadurch ermutigte Hund machte plötzlich einen Freudensprung und fing an zu bellen, ein Ohr über den Kopf umgeklappt. »Bei Fuß!« befahl der Mann in Wildhüterjacke scharf. Das Tier kam beschämt an seine Seite.
    »Das ist vielleicht ein alberner Köter«, sagte der Mann; »kann die Schnauze nicht halten. Zu nervös, Mylord. Stammt aus einem Wurf von Black Lass.«
    »Meine Güte«, sagte Peter, »ist diese alte Hündin immer noch auf den Beinen?«
    »Nein, Mylord; wir mußten sie im Frühjahr töten.«
    Peter nickte. Er behauptete stets von sich, das Landleben zu hassen und froh zu sein, daß er mit dem Familiensitz nichts zu tun hatte, aber heute morgen genoß er die herbe Luft und die nassen Blätter, die um seine polierten Stiefel strichen. Auf Denver ging alles seinen ordentlichen Gang; hier starb außer alten Settern - und Rebhühnern, nicht zu vergessen - niemand eines plötzlichen Todes. Er sog dankbar den Herbstduft durch die Nase ein. In seiner Tasche steckte ein Brief, der mit der Morgenpost gekommen war, aber er wollte ihn jetzt nicht gleich lesen. Parker hatte noch nicht telegraphiert, also bestand kein Grund zur Eile.
    Er las ihn nach dem Mittagessen im Rauchsalon. Sein Bruder war auch da und döste über der  Times -  ein braver, sauberer Engländer, robust und konventionell, etwa wie Heinrich VIII. in seiner Jugend: Gerald, 16. Herzog von Denver. Der Herzog fand seinen jüngeren Bruder ziemlich degeneriert und nicht sehr geschmackvoll; er hatte eine Abneigung gegen sein Interesse an Polizeiberichten.
    Der Brief war von Mr. Bunter.

    110 A Piccadilly, W. l
    Mylord ,
ich schreibe Ihnen (Mr. Bunter war gut erzogen worden und wußte, daß nichts vulgärer ist, als einen Briefbeginn in der ersten Person Singular um jeden Preis zu vermeiden) wie gewünscht, um Eure Lordschaft über das Ergebnis meiner Ermittlungen zu informieren.
    Es fiel mir nicht schwer, mit Sir Julian Frekes Diener eine Bekanntschaft anzuknüpfen. Er ist Mitglied im selben Club wie der Diener des Ehrenwerten Frederick Arbuthnot, der ein Freund von mir ist und mich ihm gern vorstellte. Er hat mich gestern (Sonntag) abend mit in den Club genommen, und wir haben dort mit dem Mann, dessen Name John Cummings ist, gegessen, und hinterher habe ich Cummings auf

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