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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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ein Gläschen und eine Zigarre mit in die Wohnung genommen. Eure Lordschaft werden mir das verzeihen, da Sie ja wissen, daß dies nicht meine Gewohnheit ist, aber nach meiner Erfahrung gewinnt man das Vertrauen eines Dieners immer am besten, wenn man ihm das Gefühl gibt, man hintergehe seine Herrschaft. (Ich hatte Bunter schon immer im Verdacht, die menschliche Natur gründlich studiert zu haben, lautete Lord Peters Kommentar.)
    Ich habe ihm vom besten alten Portwein angeboten (»Den Teufel hast du getan«, sagte Lord Peter), nachdem ich Sie und Mr. Arbuthnot davon hatte reden hören. (»Hm!« machte Lord Peter.)
    Die Wirkung entsprach ganz meinen Erwartungen hinsichtlich meines eigentlichen Vorhabens, aber ich bedaure sagen zu müssen, daß der Mann so wenig verstand, was ihm da angeboten wurde, daß er eine Zigarre dazu rauchte (eine von Eurer Lordschaft Villar y Villars). Eure Lordschaft werden verstehen, daß ich mich darob eines Kommentars enthielt, doch werden Eure Lordschaft sicher mit mir fühlen. Darf ich diese Gelegenheit benutzen, um meine dankbare Anerkennung für Eurer Lordschaft ausgezeichneten Geschmack in puncto Essen, Trinken und Kleidung zum Ausdruck zu bringen? Es ist, mit Verlaub gesagt, mehr als ein Vergnügen - es ist eine hervorragende Schule, in Eurer Lordschaft Diensten zu stehen. Lord Peter neigte gemessen den Kopf.
    »Kannst du mir mal sagen, was du da treibst, Peter?« fragte der Herzog, der plötzlich von einem Nickerchen erwachte. »Du sitzt da so herum und nickst und grinst vor dich hin wie sonst was. Schreibt dir jemand Nettigkeiten?«
    »Bezaubernde Nettigkeiten«, sagte Lord Peter.
    Der Herzog musterte ihn skeptisch.
    »Ich will nur hoffen, daß du nicht eines Tages hingehst und ein Ballettmädchen heiratest«, brummelte er bei sich und wandte sich wieder seiner  Times  zu.
    Während des Essens legte ich es darauf an, etwas über Cummings' Geschmack herauszubekommen, der, wie sich zeigte, in Richtung Variete geht. Beim ersten Glas fühlte ich ihm in dieser Richtung auf den Zahn, da Eure Lordschaft mir ja freundlicherweise Gelegenheit gegeben haben, sämtliche Vorstellungen in London zu besuchen, und ich sprach offener, als ich es unter normalen Umständen für schicklich gehalten hätte, nur um mich ihm angenehm zu machen. Ich darf sagen, daß seine Ansichten über Frauen und die Bühne genauso waren, wie ich es bei einem Mann erwartet hätte, der zu Eurer Lordschaft Portwein raucht.
    Beim zweiten Glas kam ich auf die Dinge zu sprechen, über die Eure Lordschaft gern Bescheid wüßten. Aus Gründen der Zeitersparnis werde ich unser Gespräch in Dialogform wiedergeben, möglichst genauso, wie es stattgefunden hat.
    Cummings:  Sie scheinen ja viel Gelegenheit zu haben, etwas vom Leben mitzubekommen, Mr. Bunter.
    Bunter:  Gelegenheit dazu findet man immer, wenn man nur weiß, wie.
    Cummings:  Ha, Sie haben gut reden, Mr. Bunter. Sie sind zum Beispiel nicht verheiratet.
    Bunter:  Ich weiß was Besseres, Mr. Cummings.
    Cummings:  Ich auch -  jetzt , wo's zu spät ist. (Er seufzte schwer, und ich füllte sein Glas noch einmal nach.)
    Bunter:  Wohnt Ihre Frau bei Ihnen in Battersea?
    Cummings:  Ja, sie und ich führen zusammen den Haushalt für meine Herrschaft. Ist das ein Leben! Tagsüber kommt zwar noch eine Putzfrau, aber was ist schon eine Putzfrau? Ich kann Ihnen sagen, es ist ganz schön langweilig, so ganz für uns allein in diesem elenden Battersea zu hausen.
    Bunter:  Wenn man mal ins Variete will, ist das natürlich nicht so praktisch.
    Cummings:  Das kann man wohl sagen. Für Sie hier in Piccadilly ist das schon was anderes, Sie sitzen sozusagen mittendrin. Und Ihre Herrschaft ist sicher oft die ganze Nacht fort.
    Bunter:  O ja, laufend, Mr. Cummings.
    Cummings:  Und Sie lassen sich die Gelegenheit wohl nicht entgehen, hin und wieder mal zu verschwinden, wie?
    Bunter:  Was glauben Sie denn sonst, Mr. Cummings?
    Cummings:  Na bitte, sehen Sie! Aber was soll ein Mann anfangen, wenn er eine nörgelnde Frau daheim hat und so einen vermaledeiten Wissenschaftler als Herrn, der die ganze Nacht auf ist und Leichen zerschneidet und mit Fröschen herumexperimentiert?
    Bunter:  Aber er geht doch sicher manchmal aus.
    Cummings:  Nicht oft. Und immer ist er vor zwölf zurück. Und was er für ein Theater macht, wenn er die Glocke läutet, und man ist nicht da! Ich  kann  Ihnen sagen, Mr. Bunter!
    Bunter:  Wird er grob?
    Cummings:  Nnnein - aber er guckt so häßlich

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