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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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sagen?«
    »Nein - das könnte ich sicher nicht.« Er überlegte. »Nein. Ich war wohl wie gewöhnlich im Krankenhaus, und weil Dienstag war, hat wohl auch irgendeine Lehrveranstaltung stattgefunden - aber hol mich der Kuckuck, wenn ich noch weiß, was das war -, und abends bin ich mit Tommy Pringle ausgegangen - nein, das muß Montag gewesen sein - oder Mittwoch? Ich sage Ihnen ja, ich könnte nichts beschwören.«
    »Da tun Sie sich selbst unrecht«, antwortete Lord Peter gemessen. »Ich bin zum Beispiel sicher, daß Sie sich noch erinnern können, was Sie an diesem Tag im Seziersaal gemacht haben.«
    »Himmel, nein! Jedenfalls nicht mit Bestimmtheit. Ich meine, es könnte mir vielleicht wieder einfallen, wenn ich Zeit zum Nachdenken hätte, aber ich würde es vor Gericht nie beschwören.«
    »Ich wette mit Ihnen um eine halbe Krone gegen einen Sixpence, daß Sie sich in fünf Minuten erinnern werden.«
    »Bestimmt nicht.«
    »Wir werden ja sehen. Führen Sie eigentlich Buch über Ihre Arbeit, wenn Sie sezieren? Fertigen Sie Zeichnungen an und dergleichen?«
    »Ja.«
    »Dann denken Sie einmal daran. Was war das letzte, was Sie da eingetragen haben?«
    »Das ist leicht, weil ich es erst heute morgen gemacht habe - Beinmuskeln.«
    »Aha. Wer war die Leiche?«
    »Irgendeine alte Frau. An Lungenentzündung gestorben.«
    »Aha. Dann blättern Sie jetzt einmal im Geiste in Ihrem Notizbuch zurück. Was kam vor den Beinmuskeln?«
    »Ach, irgendwelche Tiere - auch Beine; ich mache zur Zeit Bewegungsmuskulatur. Ja. Das war Cunninghams Vorlesung über vergleichende Anatomie. Ich habe da ganz gut an einem Hasenbein gearbeitet, und Froschbeinen, und an den rudimentären Beinen einer Schlange.«
    »So. An welchem Tag hält Mr. Cunningham Vorlesung?«
    »Freitags.«
    »Freitags, so. Gehen Sie weiter zurück. Was kam davor?«
    Mr. Piggott schüttelte den Kopf.
    »Beginnen Ihre Beinzeichnungen auf einer rechten oder einer linken Seite in Ihrem Buch? Können Sie sich die erste Zeichnung vorstellen?«
    »Ja - ja, ich sehe sogar das Datum darüber. Es ist ein Stück Hinterbein von einem Frosch, auf der rechten Seite.«
    »Gut. Nun stellen Sie sich einmal das aufgeschlagene Heft vor. Was ist auf der andern Seite?«
    Das erforderte eine gewisse geistige Konzentration. »Etwas Rundes - Buntes - ach ja - eine Hand.«
    »Gut, dann sind Sie also von Hand- und Armmuskeln weitergegangen zu Bein- und Fußmuskeln?«
    »Ja, stimmt. Ich habe Zeichnungen von Armen.«
    »So. Haben Sie die am Donnerstag gemacht?«
    »Nein, donnerstags bin ich nie im Seziersaal.«
    »Dann vielleicht am Mittwoch?«
    »Ja; ich muß sie wohl am Mittwoch gemacht haben. O ja, stimmt. Ich bin hingegangen, nachdem wir uns morgens diese Tetanuspatienten angesehen hatten. Das habe ich am Mittwochnachmittag gemacht. Ich weiß noch, daß ich hingegangen bin, um sie fertig zu machen. Ich habe ziemlich fleißig gearbeitet - für meine Verhältnisse. Darum kann ich mich daran erinnern.«
    »Sie sind also hingegangen, um eine Arbeit fertig zu machen. »Wann hatten Sie denn damit angefangen?«
    »Nun, am Tag davor.«
    »Am Tag davor. Also am Dienstag, nicht?«
    »Ich habe nicht mehr mitgezählt - ja, am Tag vor Mittwoch - eben, am Dienstag.«
    »Eben. Waren es die Arme eines Mannes oder einer Frau?«
    »Oh, eines Mannes.«
    »Aha. Dann waren Sie also am Dienstag, das heißt heute vor einer Woche, im Seziersaal und haben die Arme eines Mannes seziert. Einen Sixpence, bitte.«
    »Himmel!«
    »Moment noch. Sie wissen noch viel mehr darüber als nur das. Sie haben gar keine Ahnung, was Sie alles wissen. Sie wissen zum Beispiel, was das für ein Mann war.«
    »Oh, ich habe ihn nie vollständig gesehen. Ich weiß noch, daß ich an dem Tag ein bißchen spät hingekommen war. Ich hatte eigens um einen Arm gebeten, weil ich in Armen ein bißchen schwach bin, und Watts - das ist der Saalaufseher - hatte versprochen, mir einen aufzuheben.«
    »So. Sie sind also zu spät gekommen, und da wartete Ihr Arm schon auf Sie. Sie sezierten ihn - nahmen Ihre Schere und schlitzten die Haut auf und zogen sie zurück. War es junge, helle Haut?«
    »O nein - nein. Normale Haut, glaube ich, mit dunklen Härchen - ja, so war es.«
    »Schön. Vielleicht ein trainierter, sehniger Arm, ohne überflüssiges Fett?«
    »O nein - darüber habe ich mich noch ein bißchen geärgert. Ich hatte einen schönen, muskulösen Arm haben wollen, aber der, den ich bekam, war schlecht entwickelt, und dauernd kam mir das Fett in

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