Ein Tropfen Zeit
an, am 19. desselben Monats wurde er gekrönt. Während der nächsten vier Jahre regierten Isabella und ihr Geliebter Mortimer in seinem Namen, obgleich Henry, Earl of Lancaster, sein offizieller Vormund war. Im Sommer 1327 nahm er an einem erfolglosen Feldzug gegen die Schotten teil und wurde am 24. Januar 1328 in York mit Philippa verheiratet. Am 15. Juni 1330 wurde sein ältester Sohn Eduard, der Schwarze Prinz, geboren.«
Da stand nichts von einem Aufstand. Aber hier war ein Anhaltspunkt:
»Bald danach unternahm Eduard einen erfolgreichen Versuch, sich der demütigenden Abhängigkeit von seiner Mutter und Mortimer zu entledigen. Im Oktober 1330 drang er nachts durch einen unterirdischen Gang ins Schloß von Nottingham ein und nahm Mortimer gefangen. Die Hinrichtung des Günstlings am 29. November in Tyburn bewies, daß der junge König endgültig selbständig geworden war. Eduard bereitete taktvoll den Schleier des Schweigens über die Beziehung seiner Mutter zu Mortimer und begegnete ihr mit aller schuldigen Ehrerbietung. Die Behauptung, er habe sie von nun an in ehrenvoller Gefangenschaft gehalten, trifft nicht zu, aber ihren politischen Einfluß hatte sie verloren.«
Ebenso verlor Bodrugan den Einfluß, den er in Cornwall besessen hatte. Sir John, der treue Gefolgsmann des Königs, bereits ein Jahr später zum Aufseher von Tremerton und Restormel ernannt, übernahm das Kommando, und Roger ging wieder auf Nummer Sicher, bewog seine Freunde im Tal, zu schweigen, und die Oktobernacht war vergessen. Ich hätte gern gewußt, was nach jener Zusammenkunft im Polpey-Hof geschehen war, als Isolda so viel aufs Spiel setzte, um ihren Geliebten zu warnen. Ob Bodrugan auf seine Güter zurückkehrte, ob er weiter darüber nachsann, was hätte werden können, und ob seine Liebste ihn wohl noch heimlich traf, wenn ihr Mann Oliver fort war? Vor kaum vierundzwanzig Stunden hatte ich neben den beiden gestanden. Vor sechs Jahrhunderten …
Ich stellte das Buch auf das Regal zurück, schaltete das Licht aus und ging hinauf. Vita lag schon im Bett; sie hatte die Vorhänge zurückgezogen, so daß sie das Meer sehen konnte, wenn sie sich aufrichtete.
»Das Zimmer ist einfach himmlisch«, sagte sie. »Stell dir vor, wie es bei Vollmond sein wird. Liebling, ich werde mich hier wohlfühlen, ich verspreche es dir, und es ist wunderbar, wieder zusammen zu sein.«
Ich stand noch einen Augenblick am Fenster und blickte hinaus. Roger hatte in seinem Schlafquartier über der alten Küche die gleiche dunkle Weite um sich gehabt. Als ich mich umdrehte und auf das Bett zuging, fiel mir die spöttische Bemerkung ein, die Magnus gestern am Telefon geäußert hatte: »Ich wollte nur andeuten, mein Bester, daß es ganz anregend sein kann, zwischen zwei Welten zu verkehren.«
Es war aber nicht anregend – sondern außerordentlich aufreibend.
11
Der nächste Tag war ein Sonntag. Beim Frühstück verkündete Vita, sie wolle mit den Jungen in die Kirche gehen. Das tat sie manchmal in den Ferien. »So, nun kommt, ich gebe euch fünf Minuten, um euch fertig zu machen«, erklärte sie ihren Söhnen.
»Fertig machen? Wofür?« fragte die beiden und blickten von einem Flugzeugmodell auf, das sie gerade zusammensetzten.
»Für die Kirche natürlich«, antwortete sie und rauschte wieder hinaus, taub für das Protestgeschrei, das sich prompt erhob. So reagierte Vita ihren Zorn auf mich ab. Ich berief mich auf meinen Abfall von der Kirche, blieb lange im Bett und las die Sonntagszeitung. Obwohl die Sonne in unser Zimmer schien, als wir aufwachten, und Mrs. Collins mit strahlendem Lächeln das Tablett mit Toast und Kaffee hereingebracht hatte, sah Vita zerstreut aus und sagte, sie habe eine schlaflose Nacht verbracht. Da ich wie ein Sack geschlafen hatte, bekam ich sofort Schuldgefühle und dachte, die Frage, ob man gut oder schlecht geschlafen habe, sei ein Prüfstein für eheliche Beziehungen. Wenn ein Partner nachts schlecht davonkommt, hat selbstverständlich der andere schuld, und dann ist der nächste Tag für beide ruiniert.
Ich muß zugeben, daß die Jungen mir leidtaten. Sonnenschein, blauer Himmel, das Meer gleich hinter den Feldern. Sie hatten nur einen Gedanken im Kopf: hinunterlaufen und schwimmen.
»Keine Widerrede; geht und tut, was ich euch gesagt habe.« Sie wandte sich an mich. »Ich nehme an, irgendwo in der Nähe ist eine Kirche, und du kannst uns wenigstens hinfahren.«
»Es gibt zwei Kirchen«, antwortete ich, »die in Fowey
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