Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Titel: Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M.Krauss
Vom Netzwerk:
»in sich geschlossen«, das heißt, sie seien auf so kleinen Skalen aufgerollt, dass wir sie in unseren Maßstäben nicht auflösen können – vielleicht nicht einmal in den winzigen Skalen, die aktuell mit unseren besten Teilchenbeschleunigern erkundet werden.
    Zwischen diesen vorgeschlagenen verborgenen Bereichen und den Bereichen der Spiritualität und Religion besteht ein Unterschied, auch wenn das oberflächlich betrachtet nicht so scheinen mag. Zunächst einmal sind sie prinzipiell zugänglich, sofern wir einen Beschleuniger mit hinreichend großen Energien bauen können. Das liegt vielleicht außerhalb des Durchführbaren, nicht aber außerhalb des Möglichen. Außerdem können wir vielleicht hoffen, dass wie bei den virtuellen Teilchen indirekte Beweise für ihre Existenz zu finden sind, nämlich über die Objekte, die wir in unserem vierdimensionalen Universum messen können. Kurz, weil man sie als Teil einer Theorie vorgeschlagen hat, die entwickelt wurde, um das Universum zu erklären, statt es zu rechtfertigen, könnten sie schließlich für eine empirische Überprüfung zugänglich sein, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist.
    Doch abgesehen davon stellt die mögliche Existenz dieser zusätzlichen Dimensionen eine gewaltige Herausforderung dar für die Hoffnung, dass unser Universum einzigartig ist. Selbst wenn man mit einer einzigen Theorie mit zehn Dimensionen beginnt (von denen wir, ich wiederhole, nicht wissen, ob es sie gibt), kann jeder unterschiedliche Weg für das »Einrollen« der sechs unsichtbaren Dimensionen zu einem jeweils anderen Typ eines vierdimensionalen Universums führen – mit unterschiedlichen physikalischen Gesetzen, anderen Kräften, anderen Teilchen und beherrscht von anderen Symmetrien. Einige Theoretiker haben geschätzt, dass es vielleicht 10 500 verschiedene Möglichkeiten für konsistente vierdimensionale Universen gibt, die aus einer einzigen zehndimensionalen Stringtheorie hervorgehen könnten. Aus einer »Theorie von allem« war plötzlich eine »Theorie von allem Möglichen« geworden.
    In einer Karikatur meines liebsten wissenschaftlichen Comicstrips namens xkcd wurde diese Situation sarkastisch auf den Punkt gebracht. Dort sagt eine Person zur anderen: »Mir ist gerade ein geiler Gedanke gekommen. Was wäre, wenn die ganze Materie und Energie aus winzigen schwingenden Saiten bestünden?« Darauf erwidert der andere: »Okay. Was würde das bedeuten?« »Keine Ahnung.«
    Kaum weniger scherzhaft hat der Physiker und Nobelpreisträger Frank Wilczek angemerkt, die Stringtheoretiker hätten eine neue Art der Physik erfunden, die an eine neue Art des Dart-Spiels erinnere. Zunächst wirft einer den Pfeil auf eine leere Wand, dann geht er zur Wand und zeichnet eine Zielscheibe rund um den dort steckenden Pfeil.
    Auch wenn Wilczeks Kommentar den Rummel, der darum gemacht wurde, weitgehend exakt wiedergibt, sollte dennoch betont werden, dass alle, die an der Theorie arbeiten, aufrichtig bemüht sind, Prinzipien aufzudecken, von denen die Welt, in der wir leben, möglicherweise beherrscht wird. Nichtsdestoweniger ist die Fülle möglicher vierdimensionaler Universen, die die Stringtheoretiker in solche Verlegenheit gebracht hat, inzwischen zu einem Vorzug der Theorie geworden. Man kann sich vorstellen, dass man in ein zehndimensionales »Multiversum« eine ganze Menge unterschiedlicher vierdimensionaler (oder fünfdimensionaler, sechsdimensionaler und so weiter!) Universen einbetten kann. Jedes einzelne kann verschiedene physikalische Gesetze haben, und zudem kann in jedem von ihnen eine andere Energie des leeren Raums vorhanden sein.
    Auch wenn sich das wie ein nützliches Lügenmärchen anhört, scheint die Aussage eine automatische Konsequenz der Stringtheorie zu sein, und sie erschafft eine richtige »Landschaft« des Multiversums. Damit könnte ein natürlicher Rahmen vorliegen, in dem ein anthropisches Verständnis für die Energie des leeren Raums zu entwickeln wäre. In diesem Fall benötigen wir keine unendliche Zahl möglicher Universen, die im dreidimensionalen Raum voneinander getrennt vorliegen. Vielmehr können wir uns eine unendliche Zahl von Universen vorstellen, die – für uns unsichtbar – an einem einzigen Punkt in unserem Raum übereinandergestapelt sind und jeweils

Weitere Kostenlose Bücher