Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist
möglich ist. Diese Frage ist immer noch sehr schwer, aber leichter zu beantworten als die vorige. Unserer Ansicht nach ist die Modifikation der Sicht auf die globale Struktur des Universums und auf unsere Situation in der Welt eine der wichtigsten Folgen, die sich aus der Entwicklung des Szenarios einer inflationär expandierenden Welt ergibt.
Wie Linde hervorhob, liefert dieses Modell (was inzwischen klar geworden ist) auch eine neue Möglichkeit für die Physik. So könnte es leicht sein, dass in der Natur viele mögliche Quantenzustände niedriger Energie vorhanden sind, in die ein inflationär expandierendes Universum schlieÃlich zerfallen könnte. Weil die Konfiguration der Quantenzustände dieser Felder in jeder einzelnen dieser Regionen unterschiedlich sein wird, kann der Charakter der grundlegenden physikalischen Gesetze in jeder Region/jedem Universum anders erscheinen.
Hier tauchte die erste »Landschaft« auf, in der das zuvor formulierte anthropische Argument seine Rolle spielen konnte. Falls es viele unterschiedliche Zustände gibt, in denen unser Universum nach der Inflation enden könnte, dann wäre das, in dem wir leben, 39 vielleicht einfach nur eines einer potenziell unendlich groÃen Familie. Damit wäre es zugleich das Universum, das für fragende Wissenschaftler ausgewählt scheint, weil es Galaxien, Sterne, Planeten und Leben ermöglicht.
Das erste Mal trat der Begriff »Landschaft« jedoch nicht in diesem Zusammenhang auf. Er wurde durch eine weit effektivere Vermarktungsmaschine vorangebracht â sie hängt mit dem Götzen zusammen, der die Teilchentheorie während des letzten Vierteljahrhunderts weitgehend angetrieben hat: der Stringtheorie. Die Stringtheorie postuliert, dass Elementarteilchen aus fundamentalen Bestandteilen zusammengesetzt sind, bei denen es sich nicht um Teilchen handelt, sondern um Objekte, die sich wie schwingende Saiten verhalten. Wie die Schwingungen einer Violinsaite unterschiedliche Töne erzeugen, so produzieren dieser Theorie zufolge verschiedene Arten von Schwingungen Objekte, die sich zumindest prinzipiell wie all die in der Natur vorgefundenen verschiedenen Elementarteilchen verhalten können. Die Geschichte hat nur einen Haken: Die Theorie ist mathematisch nicht konsistent, wenn sie in nur vier Dimensionen definiert wird; sie scheint weit mehr davon zu erfordern, wenn sie einen Sinn ergeben soll. Was mit den anderen Dimensionen geschieht, ist nicht unmittelbar ersichtlich, und das gilt auch für die Frage, welche anderen Objekte auÃer den Saiten oder Strings wichtig sein könnten, um die Theorie zu definieren. Das sind nur einige der vielen ungelösten Probleme, die sich hier gezeigt und die frühe Begeisterung für diese Idee ein wenig gedämpft haben.
Hier ist nicht der Ort, die Stringtheorie eingehend zu erörtern, und tatsächlich ist eine gründliche Ãberprüfung wahrscheinlich nicht möglich. Denn wenn in den vergangenen 25 Jahren eines klar geworden ist, dann wohl die Tatsache, dass die anfangs als Stringtheorie bezeichnete Idee eindeutig komplizierter und komplexer ist als zunächst gedacht und dass ihre grundlegende Natur und ihre Erscheinungsweise weiterhin ein Mysterium sind.
Wir haben immer noch keine Ahnung, ob dieses bemerkenswerte Theoriegebäude überhaupt etwas mit der realen Welt zu tun hat. Dessen ungeachtet dürfte noch kein theoretisches Modell so erfolgreich in das Bewusstsein der Physikergemeinde eingedrungen sein, ohne je gezeigt zu haben, dass es fähig ist, ein einziges Geheimnis der Natur experimentell erfolgreich zu lösen.
Viele werden den letzten Satz als Kritik an der Stringtheorie auffassen, doch obwohl ich in der Vergangenheit als deren Kritiker abgestempelt worden bin, ist das hier wirklich nicht beabsichtigt. Auch in den zahlreichen Vorträgen und wohlmeinenden öffentlichen Debatten, die ich mit meinem Freund Brian Greene (einem der Hauptvertreter der Stringtheorie) zu dem Thema geführt habe, hatte ich es nicht darauf angelegt. Vielmehr glaube ich, es ist einfach wichtig, von dem verbreiteten Hype wegzukommen und die Geschichte mittels einer Realitätsprüfung wieder zu erden. Die Stringtheorie schlieÃt faszinierende Ideen und mathematische Vorstellungen ein, die Licht auf eine der grundlegenden Inkonsistenzen der theoretischen Physik werfen könnten â auf unsere Unfähigkeit, Einsteins Allgemeine
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