Ein Universum aus Nichts
Ergebnisse seiner zweijährigen Studien sogenannter Spiralnebel. Damit war er in der Lage, in diesen Nebeln einschließlich der inzwischen als Andromeda bekannten Galaxie einen bestimmten Typ von variablen Sternen zu bestimmen, die als Cepheiden bezeichnet werden.
Bei den 1784 erstmals beobachteten variablen Sternen des Cepheiden-Typs variiert die Helligkeit in bestimmten regelmäßigen Perioden. 1908 wurde am Observatorium des Harvard College Henrietta Swan Leavitt, eine unbekannte und damals nicht gewürdigte Möchtegern-Astronomin, als »Auswerterin« beschäftigt. 4 Leavitt, Tochter eines von den Pilgervätern abstammenden Gemeindepastors, machte eine erstaunliche Entdeckung, die sie 1912 näher erforschte: Sie bemerkte, dass es zwischen der Helligkeit von Cepheiden und der Periode ihrer Schwankungen einen regelmäßigen Zusammenhang gab. Wenn man also die Entfernung zu einem einzelnen solchen Stern mit bekannter Periode (die anschließend, 1913, bestimmt wurde) ermitteln konnte, dann würde man mit der Messung der Helligkeit anderer Cepheiden mit derselben Periode die Entfernung zu diesen anderen Sternen feststellen können!
Da die beobachtete Helligkeit von Sternen mit dem Kehrwert des Quadrats der Entfernung zu dem jeweiligen Stern schwächer wird 5 , war es immer die zentrale Herausforderung der Astronomie gewesen, den Abstand weit entfernter Sterne zu bestimmen. Leavitts Entdeckung revolutionierte das Gebiet. 6 In der Königlichen Akademie Schwedens hatte man bereits die Formalitäten eingeleitet, Leavitt für den Nobelpreis 1924 zu nominieren, als bekannt wurde, dass sie drei Jahre zuvor an Krebs gestorben war. Dank seiner starken Persönlichkeit, seiner Begabung zur Selbstdarstellung und seiner Fähigkeiten als Beobachter wurde Hubbles Name allgemein bekannt, während Leavitt leider nur den Liebhabern des Gebiets geläufig ist.
Mithilfe seiner Messungen von Cepheiden und Leavitts Relation von Periode und Lichtstärke konnte Hubble eindeutig beweisen, dass die Cepheiden in Andromeda und mehreren anderen Nebeln viel zu weit entfernt waren und deshalb nicht innerhalb der Milchstraße liegen konnten. Man fand heraus, dass Andromeda eine weitere Insel im Universum war, eine mit unserer Milchstraße fast identische Spiralgalaxie und eine der mehr als 100 Milliarden Galaxien, die es nach heutigem Wissen in unserem beobachtbaren Universum gibt. Hubbles Resultate waren eindeutig genug, weshalb die astronomische Gemeinschaft – einschließlich Shapley, der zu dieser Zeit übrigens Leiter des Observatoriums am Harvard College geworden war, wo Leavitt ihre bahnbrechende Arbeit geleistet hatte – rasch akzeptierte, dass die Milchstraße nicht alles ist, was uns umgibt. Mit einem Mal hatte sich die Größe des bekannten Universums um einen weit größeren Betrag als in den Jahrhunderten zuvor erweitert! Auch seine Natur hatte sich wie fast alles andere verändert.
Nach dieser dramatischen Entdeckung hätte Hubble sich auf seinen Lorbeeren ausruhen können, doch ihm stand der Sinn nach Größerem, nämlich nach größeren Galaxien. Er maß immer schwächere Cepheiden in immer entfernteren Galaxien, was ihn in die Lage versetzte, das Universum in zunehmend größeren Maßstäben zu kartografieren. Dabei entdeckte er jedoch etwas, was noch bemerkenswerter war: Das Universum dehnt sich aus!
Zu diesem Ergebnis kam Hubble, als er die von ihm gemessenen Entfernungen von Galaxien mit einem Satz von Messungen verglich, die ein anderer amerikanischer Astronom namens Vesto Slipher vorgenommen hatte – er hatte die Spektren des Lichts untersucht, das von diesen Galaxien stammte. Will man verstehen, worum es sich bei diesen Spektren handelt, ist es notwendig, bis an den Anfang der modernen Astronomie zurückzugehen.
Eine der bedeutendsten Entdeckungen der Astronomie war, dass Sterne und Erde weitgehend aus denselben Stoffen zusammengesetzt sind. Wie so vieles in der modernen Astronomie begann es mit Isaac Newton. 1665 verdunkelte Newton als junger Wissenschaftler seinen Arbeitsraum, indem er den Fensterladen schloss. Ein kleines Loch ließ einen schmalen Streifen Sonnenlicht durch, den er durch ein Prisma leitete. Nun sah er, dass das Sonnenlicht sich in die vertrauten Farben des Regenbogens zerlegt hatte. Er kam zu dem Schluss, dass das weiße Licht der Sonne all diese Farben enthielt, und damit lag er richtig.
150 Jahre später untersuchte ein anderer Wissenschaftler das zerlegte Licht genauer und entdeckte inmitten der
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