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Ein Vampir ist nicht genug - Roman

Titel: Ein Vampir ist nicht genug - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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Vayl holt sie immer dann raus, wenn ich aus der Reihe tanze. Ich hätte ihm am liebsten den Stinkefinger gezeigt, aber da er immer noch mit einem Fuß im achtzehnten Jahrhundert stand, überlegte ich es mir anders und streckte ihm stattdessen die Zunge raus. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er meine Grimassen im Rückspiegel gesehen hatte, aber eigentlich sah Vayl alles. Mir wurde bewusst, dass ich mich auf diese Tatsache inzwischen ebenso sehr verließ wie ich versuchte, seine Anerkennung zu bekommen, die ich im Moment allerdings verloren hatte.
    »Lass dich nicht von Nebensächlichkeiten ablenken«, ermahnte er mich mit strengem Bariton. »Wir haben einen Auftrag zu erfüllen.«
    »Aber wenn ich diese alte Schachtel gegen den nächsten
Laternenpfahl rammen dürfte, würde ich mich viel besser fühlen.«
    »Würdest du nicht.«
    Ich seufzte. Es war unheimlich, wie viel Vayl in der kurzen Zeit über mich erfahren hatte. Zu meiner Verteidigung sollte ich allerdings hinzufügen, dass er mit ausreichend Zeit sogar der gesamten Besetzung von Desperate Housewives ihr wahres Alter entlocken könnte. Und doch, die einzige lebende Person, die mehr über mich wusste als er, war meine Schwester Evie, und die war genauso neugierig.
    »Verdammt noch mal, heute ist Silvester«, grummelte ich. »Es sollte verschneit sein. Es sollte kalt sein.« Die Einheimischen von Miami hätten mir da wohl nicht zugestimmt. Und ganz ehrlich, all diese Palmen hätten mich zu Freudentänzen veranlasst, wenn ich meinen Sommerurlaub hier verbracht hätte. Aber wir aus dem Mittleren Westen haben eine ganz bestimmte Vorstellung von Winterferien und Schnee, und in diesem Jahr hatte ich noch keins von beidem gehabt.
    Vayl erstarrte, ein Anblick, bei dem man sich echt in die Hose macht, wenn man es noch nie gesehen hat. Er hat sowieso eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Statue, so als hätte da Vinci seine breite Stirn, die hohen Wangenknochen und die lange, gerade Nase aus glattem, bleichem Stein gehauen. Seine lockigen schwarzen Haare waren so kurz geschnitten, dass sie wie aufgemalt wirkten. Die Temperatur in unserem silbernen Lexus fiel plötzlich um mindestens zehn Grad. Eine leichte Brise fuhr durch meine roten Locken und ließ sie über meine Schultern gleiten wie Harfensaiten.
    »Wenn du es in diesem Auto schneien lässt, schwöre ich, dass ich deinen Hintern im nächsten Altersheim
parken werde, an dem wir vorbeikommen, und mich in die erste verfügbare Maschine nach Ohio setze«, warnte ich ihn.
    Schwer vorstellbar, dass Ohio die Basis für irgendwelche Operationen sein sollte, die gefährlicher waren als das Stechen des Grauen Stars. Aber genau deswegen arbeiten wir immer noch für die Regierung. Natürlich weiß die Bevölkerung, dass wir die Bösen umbringen. Aber sie wollen nichts von den schmutzigen Details wissen. Doch wenn man sie befragen würde, in einem dunklen Zimmer, wo ihre Nachbarn sie nicht hören können, dann würden sie einem erzählen, dass wir ja längst nicht so viel Initiative zeigen, wie sie das gerne hätten. Hexen, Vam pire, Werwölfe … einige würden dafür stimmen, sie alle in ein riesiges Feuer zu schmeißen, und fertig. Aber es gibt eben auch Gute unter diesen anderen , die sich - zurecht - dieselben Rechte und denselben Schutz verdient haben wie die Menschen.
    Vayl ist einer von ihnen. Und nach sechs Monaten Partnerschaft war ich froh, dass ich nicht die Diva gespielt und aus Petes Büro gestürmt war, als er unsere Zusammenarbeit vorgeschlagen hatte. Wir waren von Anfang an super miteinander ausgekommen. Inzwischen konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, ohne ihn zu arbeiten. Aber er hatte auch so seine Eigenheiten. Und ja, einige dieser Macken weckten den Drang in mir, ihn hin und wieder kopfüber am Terminal Tower aufzuhängen. Sein starkes Interesse an meinen sogenannten Gaben. Die Tatsache, dass er aus der Schule für Positive Verstärkung geflogen war. Und ganz besonders seine Fähigkeit, alle Themen zu umgehen, die irgendwie mit der Frage zusammenhingen, warum wir überhaupt zusammenarbeiteten - das machte mich manchmal wahnsinnig.

    Er rührte sich wieder, was mich eiskalt erwischte, ähnlich als würde ich durch einen botanischen Garten laufen und der Cherubim im Springbrunnen würde plötzlich mit den Flügeln schlagen. Er lehnte sich vor und zuckte kurz mit den Lippen, seine Version eines Lächelns.
    »Wie kannst du nur deinen verschlafenen kleinen Bundesstaat vermissen, wenn ich dich an einen der

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