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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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an, als hätte es sich eben erst dort materialisiert. Es vibrierte noch einmal, dann klingelte es.
    »Gehen Sie ran«, sagte Myron.
    Joan Rochester nickte und drückte die grüne Taste. Sie hielt das Handy ans Ohr und sagte: »Hallo?«
    Myron beugte sich zu ihr hinüber. Er hörte eine Stimme am anderen Ende. Sie klang jung und weiblich. Was sie sagte, konnte er jedoch nicht verstehen.
    »Oh, Schatz«, sagte Joan Rochester, deren Miene sich entspannt hatte, seit sie die Stimmer ihrer Tochter hörte. »Ich bin froh, dass es dir gut geht. Ja. Ja, gut. Hör mir einen Augenblick zu, ja? Es ist was sehr Wichtiges.«
    Wieder hörte Myron die Stimme im Telefon.
    »Ich hab hier jemanden bei mir …«
    Aufgeregtes Reden am Telefon.
    »Bitte, Katie, hör mir zu. Er heißt Myron Bolitar. Er ist aus Livingston. Er will dir nichts Böses. Wie er rausgekriegt hat …
das ist ziemlich kompliziert … Nein, natürlich habe ich nichts erzählt. Er hat Aufzeichnungen von der Telefongesellschaft oder so, ich weiß es nicht genau, aber er hat gesagt, dass er es Daddy erzählt …«
    Die Stimme am Handy wurde immer erregter.
    »Nein, nein, das hat er noch nicht getan. Er muss kurz mit dir reden. Ich glaube, du solltest ihm zuhören. Er sagt, es geht um das andere vermisste Mädchen, Aimee Biel. Er sucht sie … Ich weiß, ich weiß, das habe ich ihm auch schon gesagt. Aber … bleib bitte dran, ja? Ich geb ihn dir.«
    Joan Rochester wollte Myron das Telefon geben, aber Myron hatte es ihr schon aus der Hand gerissen aus Angst, Katie könnte auflegen und die Verbindung abbrechen, bevor er auch nur ein einziges Wort gesagt hatte. So ruhig, wie er konnte, sagte er: »Hallo Katie? Ich heiße Myron.«
    Er klang wie ein Moderator im Nachtprogramm eines öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders.
    Katie war sehr wütend. »Was wollen Sie von mir?«
    »Ich habe nur ein paar Fragen.«
    »Ich weiß nichts über Aimee Biel.«
    »Kannst du mir einfach sagen …«
    »Sie lassen den Anruf zurückverfolgen, stimmt’s?« Ihre Stimme überschlug sich hysterisch. »Für meinen Dad. Ich soll in der Leitung bleiben, damit Sie den Anruf zurückverfolgen können!«
    Myron wollte schon zu einer Berruti-artigen Erklärung ansetzen, dass Anrufe in Wahrheit nicht so zurückverfolgt werden, aber Katie gab ihm gar nicht die Möglichkeit.
    »Lassen Sie uns einfach in Ruhe!«
    Dann legte sie auf.
    Myron verhielt sich wie ein Trottel im Fernsehen: »Hallo? Hallo?«, sagte er ins Handy, obwohl er genau wusste, dass Katie Rochester aufgelegt hatte und die Verbindung abgebrochen war.
    Sie schwiegen ein oder zwei Minuten. Dann gab Myron Joan langsam das Handy zurück.

    »Tut mir leid«, sagte Joan Rochester.
    Myron nickte.
    »Ich hab’s versucht.«
    »Ich weiß.«
    Sie erhob sich. »Erzählen Sie Dom davon?«
    »Nein«, sagte Myron.
    »Danke.«
    Er nickte noch einmal. Sie ging. Myron stand auf und ging in die entgegengesetzte Richtung. Er zog sein Handy aus der Tasche und drückte die Kurzwahltaste 1. Win war sofort dran.
    »Ich höre.«
    »War das Katie Rochester?«
    Er hatte schon damit gerechnet, dass Katie nicht mitspielen würde. Win war in Manhattan vor Ort und würde Katie folgen. Eigentlich war es sogar besser so. Wahrscheinlich fuhr sie zurück in ihr Versteck. Win würde ihr folgen und so alles in Erfahrung bringen.
    »Sah aus, als wäre sie’s gewesen«, sagte Win. »Außerdem ist sie von einem dunkelhaarigen Verehrer begleitet worden.«
    »Und jetzt?«
    »Sie ist mit ihrem Verehrer zu Fuß in Richtung Downtown gegangen. Der Verehrer trägt übrigens eine Schusswaffe in einem Schulterholster.«
    Das klang nicht gut. »Hast du die beiden im Blick?«
    »Ich werde so tun, als hättest du diese Frage nicht gestellt.«
    »Ich bin unterwegs.«

40
    Joan Rochester nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche, die sie unter dem Fahrersitz versteckt hatte.
    Sie war jetzt in ihrer Einfahrt angekommen. Sie hätte auch warten können, bis sie im Haus war. Aber sie wartete nicht. Sie
war benommen, und das schon seit so langer Zeit, dass sie sich kaum noch erinnern konnte, wann sie zum letzten Mal wirklich einen klaren Kopf gehabt hatte. Es war auch egal. Man gewöhnte sich daran. Sie hatte sich so sehr daran gewöhnt, dass diese Benommenheit normal geworden war und ein klarer Kopf sie aus dem Gleichgewicht gebracht hätte.
    Sie blieb im Wagen sitzen und starrte das Haus an. Sie starrte es an, als sähe sie es zum ersten Mal. Hier wohnte sie also. Das klang so banal,

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