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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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ließ Chris Martins sanfte Stimme auf sich einwirken.
    Die Panik ließ nicht nach.
    Ihm war klar, dass dies eine der Situationen war, in denen er leicht die falsche Entscheidung traf. Oft baute er dann richtigen Mist. Er wusste das. Er wusste, dass er sich eigentlich kurz zurückziehen und in Ruhe über die ganze Sache nachdenken sollte.
Aber das war einfach nicht seine Art. Er sah sein Leben ein bisschen wie einen Autounfall in Zeitlupe: Man sieht, was passiert, man weiß, dass es zu einem heftigen Aufprall kommen wird, aber man kann trotzdem nicht ausweichen und nichts ändern.
    Man ist machtlos.
    Dann griff Drew Van Dyne zu seinem Handy.
    »Hallo?«
    »Ich glaube, wir haben ein Problem«, sagte Van Dyne.
    Er hörte, wie Big Jake Wolf am anderen Ende der Leitung seufzte.
    »Erzählen Sie«, sagte Big Jake.
     
    Myron setzte Claire ab und fuhr weiter in die Livingston Mall. Er hatte gehofft, Drew Van Dyne bei Planet Music anzutreffen, hatte aber kein Glück. Der Poncho-Junge sagte dieses Mal nichts, aber Sally Ann hatte gesehen, dass Drew Van Dyne da gewesen war, sich kurz mit dem Poncho-Kid unterhalten hatte und dann wieder herausgestürmt war. Myron wählte Van Dynes Telefonnummer, es nahm aber niemand ab.
    Er rief Win an. »Wir müssen den Kerl finden.«
    »Im Augenblick sind wir personell etwas knapp besetzt.«
    »Wer könnte Van Dynes Haus im Auge behalten?«
    Win fragte: »Wie wäre es mit Zorra?«
    Zorra war ein ehemaliger Mossad-Spion, ein Attentäter des israelischen Geheimdiensts und Transvestit, der Stiletto-Absätze trug – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab viele nette Transvestiten, aber Zorra gehörte nicht dazu.
    »Ist das nicht zu auffällig, wenn sie in so einem Vorort wartet?«
    »Zorra weiß, wie man sich einfügt.«
    »Gut, wenn du meinst.«
    »Wohin fährst du gerade?«
    »Zu Changs chemischer Reinigung. Ich will mit Roger reden.«
    »Ich ruf Zorra an.«

    In der Reinigung herrschte Hochbetrieb. Als Maxine Myron hereinkommen sah, forderte sie ihn mit einem Nicken auf, zu ihr zu kommen. Myron folgte ihr nach hinten. Es roch unangenehm nach Chemikalien und Fusseln. Es kam ihm vor, als blieben Staubpartikel in seiner Lunge kleben. Er war erleichtert, als sie die Hintertür öffnete.
    Roger saß in der Gasse auf einer Kiste. Er hielt den Kopf gesenkt. Maxine verschränkte die Arme und sagte: »Roger, hast du Mr Bolitar etwas zu sagen?«
    Roger war ein hagerer Bursche. Seine Arme sahen aus wie Schilf, ohne jede Muskulatur. Er blickte nicht auf.
    »Tut mir leid, dass ich bei Ihnen angerufen habe«, sagte er.
    Er verhielt sich wie ein Kind, dessen verirrter Baseball beim Nachbarn durch die Fensterscheibe geflogen war, worauf seine Mutter ihn über die Straße gezerrt hatte, damit er sich entschuldigte. Das half Myron nicht. Er wandte sich an Maxine: »Ich will mit ihm allein sprechen.«
    »Das kann ich nicht zulassen.«
    »Dann geh ich zur Polizei.«
    Erst Joan Rochester, jetzt Maxine Chang – Myron bekam langsam Übung im Erschrecken verängstigter Mütter. Vielleicht konnte er sie noch ein bisschen herumschubsen, damit er sich so richtig wie ein starker Mann vorkam?
    Aber er blinzelte nicht. Maxine Chang schon. »Ich warte direkt hinter der Tür.«
    »Danke.«
    Die Gasse roch, wie alle Gassen, nach altem Müll und Pisse. Myron wartete darauf, dass Roger ihn ansah. Er wartete vergeblich.
    »Du hast nicht nur mich angerufen«, sagte Myron. »Du hast auch Aimee Biel angerufen, stimmt’s?«
    Er nickte, blickte aber immer noch nicht auf.
    »Wieso?«
    »Ich sollte mich bei ihr melden.«

    Myron sah ihn zweifelnd an. Vergebliche Liebesmüh, da der Junge immer noch zu Boden sah. »Guck mich an, Roger.«
    Langsam hob der Junge den Blick.
    »Willst du sagen, dass Aimee Biel dich zuerst angerufen hat?«
    »Wir haben uns in der Schule gesehen. Sie hat gesagt, dass wir reden müssen.«
    »Worüber?«
    Er zuckte die Achseln. »Sie hat nur gesagt, dass wir reden müssen.«
    »Und warum habt ihr das nicht getan?«
    »Warum haben wir was nicht getan?«
    »Geredet. Gleich da.«
    »Wir standen im Flur. Es war alles voll. Sie wollte unter vier Augen mit mir reden.«
    »Verstehe. Also hast du sie angerufen?«
    »Ja.«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Es war komisch. Sie wollte meine Noten wissen und was für Hobbys ich habe und was ich außerhalb der Schule so mache. Es klang fast so, als wollte sie das Ganze nur noch mal bestätigt haben. Schließlich kennen wir uns ein bisschen. Und da erzählt man ja

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