Ein verwegener Gentleman
auszahlen, im Morgengrauen bei St. Mary’s. Bringen Sie Jane und ihren Sohn mit, dann bekommen Sie die Halskette.“
Leach kratzte sich im Nacken und überlegte, doch die Habgier gewann die Oberhand. Sie bewegte die Hand, sodass der Stein noch einmal verlockend aufblitzte. „Und ich brauche einen Beweis, dass Janes Schulden bezahlt sind.“
„Das is nur gerecht“, knurrte er.
„Fünf Uhr, morgen früh. Ich werde Reverend Clemence bei mir haben, also versuchen Sie nicht, mich zu betrügen oder einzuschüchtern, denn dann wird es Ihnen nur noch schlimmer ergehen“, rief sie ihm noch leise zu, dann entfernte sie sich hastig.
Da sie nun verlobt waren, fand Edwina es zulässig … oder sogar … notwendig, dass ihre Enkelin den Viscount privat kennenlernte. Sobald er also an diesem Abend über die Schwelle des Hauses in der Connaught Street Nummer sieben trat, ließ Edwina sich nicht mehr blicken.
Elizabeth erfuhr mehr über die Trelawneys. Ross erzählte ihr von seinem Bruder Tristan und seiner Schwester Katherine, die sie beide noch nicht kannte, und von seinen Neffen und Nichten. Jedes seiner Geschwister hatte zwei Kinder, und offensichtlich mochte er sie alle und war stolz darauf, dass er bald der Patenonkel von Katherines neugeborenem Sohn werden sollte.
Er erzählte ihr von Melrose, dem Stammsitz der Familie in Cornwall, der sich über den Klippen von Pendrake erhob. Er gestand ihr, er sei froh, dass ihr neues Zuhause, Stratton Hall, an der Küste von Kent lag. Elizabeth war seltsamerweise erfreut, dass er es bereits als ihr Heim betrachtete.
Als sie an der Reihe war, etwas über ihr Leben zu erzählen, berichtete sie ihm vom vorzeitigen Tod ihrer Mutter und wie sehr ihr ihr Vater fehlte, der vor ein paar Jahren gestorben war. Sie erklärte ihm, dass sie die Verwandtschaft ihres Vaters seit seinem Begräbnis kaum gesehen hatte, da sie an jenem Tag nach London gereist war, um bei Edwina zu wohnen, und fügte hinzu, sie vermisse ihren kleinen Halbbruder Tom und befürchte, er könnte sie vergessen, da er erst sieben Jahre alt war. Dieser Austausch hatte das Eis gebrochen, und danach pflegten sie einen leichteren Umgang miteinander. Selbst wenn sie nicht viel sprachen, herrschte kein unangenehmes Schweigen zwischen ihnen.
„Ich hörte, du wärst heute beim Einkaufen verloren gegangen“, drang seine Stimme in die einvernehmliche Stille.
„Oh … ja … das stimmt“, gab Elizabeth zögernd zu. „Sophie und ich hatten auf der Straße eine Bekannte entdeckt. Als wir zurückkamen, waren Rebecca und die anderen Damen schon fort. Wahrscheinlich dachten sie, wir wären nach Hause gefahren“, erklärte sie. „Ich werde mich bei ihnen entschuldigen. Es war unhöflich, einfach wegzugehen und so lange zu plaudern, ohne ihnen Bescheid zu sagen.“
„Es ist ja nichts passiert.“
Elizabeth lächelte ihrem Verlobten zu. Er war amüsant und interessant, genau wie Rebecca ihn beschrieben hatte, und sie wünschte sich, er würde länger bleiben. Sie wusste, sie würde ihn vermissen, sobald er fort war. Dennoch fragte sie sich, wie sie ihn dazu bringen könnte, sich früh zu verabschieden, damit sie mit Hugh sprechen konnte.
„War Madame Vallois heute Nachmittag zur Anprobe hier?“, fragte Ross.
„Ja“, antwortete Elizabeth lächelnd, als sie an die wunderschöne Seide dachte, die sie für ihre Hochzeitsrobe ausgesucht hatte. Sie hatte sich von der Begeisterung der Modistin für die luxuriösen Stoffe anstecken lassen, sodass sie die Unterredung mit dem Reverend darüber ganz vergessen hatte.
„Was für einen Stoff hast du dir ausgesucht?“, fragte Ross beiläufig, während er die Zeitung überflog, die aufgeschlagen auf einem Beistelltisch lag.
„Ist unsere Verlobungsanzeige heute erschienen?“
„Nein, aber mach dich morgen auf eine Flut von Aufmerksamkeiten gefasst“, warnte er sie und versank für einen Augenblick in Schweigen. Zweifellos machten bereits verschiedene Versionen des Vorfalls in der Fechtakademie die Runde in den Herrenclubs. Er hatte im Laufe der Jahre schon vielen würdigeren Gegnern als Linus Savage gegenübergestanden, dennoch war der Earl ein recht guter Schütze, und er würde wahrscheinlich nicht erst den Aufruf abwarten.
Währenddessen grübelte Elizabeth über ihre eigene Verabredung im Morgengrauen nach. Sie fragte sich, ob Hugh sich weigern würde, sie zu begleiten, denn es wäre sicher unvorsichtig, Leach alleine zu treffen.
„Welchen Stoff hast du dir
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