Ein weißes Land
hinaus. Was die Leute jedoch schließlich alarmierte, war sein schwärzlich-brauner Kragen; sie wussten sofort, was hier geschehen und was zu tun war.
Den Schlagstock in der Hand, erwartete uns ein Polizist. Seine neue, khakifarbene Uniform zeigte Schweißflecken, und sein Gesicht verriet den Zorn darüber, dass er hier in der Hitze auf uns warten musste.
»Was tut ihr da?«, schrie er schon von Weitem, wollte sofortige Auskunft und ärgerte sich darüber, dass wir nicht antworteten.
»Was sagen wir ihm?«, flüsterte ich keuchend.
»Wir sagen, was passiert ist, ganz einfach.«
Die letzten Meter kam uns der aufgebrachte Mann entgegen. Lautstark befahl er, den Toten augenblicklich loszulassen. Nachdem wir die Leiche mit dem Gesicht nach unten niedergelegt hatten, beruhigte sich der Polizist, nicht aber die Anwohner, denen das Grauen noch in den Gliedern steckte.
Ezra begann sofort zu erklären, doch bereits nach wenigen Sätzen wurde der Polizist ungeduldig. Er wollte diese Geschichte nicht hören, sondern die Sache nur einfach beenden und fort von diesem Ort. Er wirbelte seinen Schlagstock herum, wischte sich den Schweiß von der Stirn und blickte den schmalen Trampelpfad am Palmenhain entlang zurück. Ganz offensichtlich wusste er nicht recht, was er tun sollte, doch plötzlich fuhr er herum und befahl den Anwohnern, zwei Frauen und einem alten Mann mit trüben Augen, die Leiche zu bewachen. Sie wehrten sofort ab und machten sich auf den Weg zurück, da sprang ihnen der Polizist nach und hob seinen Stock. Furchtsam willigten die Frauen ein, führten den alten Mann in den Schatten am Wegrand und ließen ihn dort niederkauern. Er würde aufpassen, sagten sie und verschwanden im Unterholz.
Ohne ein weiteres Wort nahm uns der Polizist mit sich. Wir folgten ihm in gebührendem Abstand. Bis zur nächsten Straße war es ein gutes Stück Wegs, das wussten wir und versuchten ihn nicht noch mehr zu reizen.
In der Polizeistation herrschte reges Treiben. Man hörte Stimmen und verschiedene Radios aus allen Ecken des großen Raumes. Viele Beamte liefen aufgeregt herum, die hölzernen Tische waren unbesetzt. Die Deckenventilatoren wehten das Papier von den Tischplatten.
Verschwitzt, wie ich war, fror ich in diesem Raum. Zudem fühlte ich mich klein und schwach in Erwartung dessen, was mir bevorstand. Der Polizist, der uns hergebracht hatte, überwachte die Aufnahme des Protokolls. Nachdem das erledigt war, berieten sich die Beamten. In einigen Metern Abstand bildeten sie eine Traube und beäugten uns misstrauisch, während sie sprachen. Sie brauchten einige Zeit, bis sie zu einem Entschluss kamen, dann winkte uns einer zu sich. Er war sehr dick und trug einen beeindruckenden Schnurrbart. Trotz seines watschelnden Gangs strahlte er Autorität aus. Er ignorierte mich und fragte Ezra nach dessen Vater.
Wir wurden in einen kargen Nebenraum geführt. Der dicke Beamte hieß Ezra, sich auf eine der hölzernen Bänke zu setzen, hinderte mich jedoch daran, es ihm nachzutun. Ein langer, gelbbrauner Klebstreifen hing von der Decke, dunkel von all den Fliegen, die ihm auf den süßen Leim gegangen waren. Der Beamte legte mir die Hand auf die Schulter und zog mich mit sich.
Es dauerte etwas, bis ich begriff, was nun geschah, und eigentlich verstand ich es erst im Rückblick. Der Beamte schloss eine Metalltür auf und ließ mich hinabsteigen in den Zellentrakt. Mit jeder der schmalen, ausgetretenen Steinstufen wurden die Wände schmutziger, die Luft stickiger. Der dicke Polizist ging hinter mir und als ich mich umblickte, bemerkte ich die Veränderung, die mit ihm vorgegangen war. Nicht mehr der gemütliche, watschelnde Mann war es, der mir folgte, sondern ein aufmerksam dreinblickender, den Treppenschacht fast ganz ausfüllender Koloss, der den eisernen Ring mit Schlüsseln wie eine Waffe hielt.
»Ich habe nichts getan«, sagte ich. »Der Mann war schon tot, er lag in der Wüste.«
»Schon gut, das werden wir klären«, sagte der Beamte bestimmt. »Du wartest jetzt erst einmal hier.«
Wir betraten einen Gang im Dämmerlicht, zu beiden Seiten ragten schwere Metallgitter auf. Das Licht fiel aus hoch oben angebrachten Fenstern in die geräumigen Zellen. Dutzende Menschen lagen dort am Boden oder kauerten an den Wänden. Als ich diese im Schatten halb verborgenen Gestalten sah, ergriff mich die Furcht. Noch einmal wandte ich mich zu dem Beamten um.
»Bitte, ich habe nichts getan. Warum muss ich hier warten? Lassen Sie mich
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