Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)
einen kleinen, mit Vorhängen abgetrennten Bereich, wo sein Vater mit geschlossenen Augen flach auf dem Rücken lag.
„Wir haben ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben, also ist er vielleicht noch ein bisschen benommen“, erklärte die Schwester. Sie überprüfte die Maschinen und verließ dann den Raum.
Dakota stand am Fußende des Bettes und blickte auf den Mann herab, zu dem er sein ganzes Leben lang aufgesehen hatte. Jefferson Holden war ihm immer überlebensgroß vorgekommen; Dakota hatte geglaubt, sein Vater könne alles schaffen. Jetzt, da er ihn so sah, mit Schläuchen im Arm, Gittern am Bett, mit geschlossenen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht, das sich durch die Medikamente gerade erst zu entspannen begann, sah er plötzlich schmal und verletzlich aus.
„Kota?“
„Ich bin hier, Dad.“ Er ging um das Bett herum und nahm die zitternde Hand seines Vaters in seine.
„Versprichst du mir, dass du zurück zur Uni gehst?“ Die Augen seines Vaters öffneten sich für ein paar Sekunden und fielen ihm dann wieder zu. Dakota sagte nichts, erleichtert, dass er diese Frage nicht beantworten musste. Sein Vater hatte recht – hätte er es gewusst, wäre er direkt nach Hause gekommen. Daran hatte sich nichts geändert, nur, dass er jetzt noch dringender hier gebraucht wurde. Wenn es seinem Vater möglich wäre, auf die Ranch zurückzukehren, würde sich jemand um ihn kümmern müssen. Dakota brauchte gar nicht lange zu überlegen. Schon immer hatte er anderen Menschen helfen wollen. Für wen sollte er lieber sorgen wollen, als für seinen eigenen Vater?
„In ein paar Minuten werden wir ihn in ein Zimmer verlegen. Wahrscheinlich wird er für den Rest des Tages schlafen.“ Die Krankenschwester war zurück, ging um das Bett herum und löste die Bremsen an den Rädern. „Sie können gerne mit ihm gehen.“
„Vielen Dank. Wissen Sie schon, in welches Zimmer er kommt?“
Sie sah in der Krankenakte nach. „Zimmer 229.“
„Wir treffen uns dort.“
Dakota drückte kurz die Hand seines Vaters, bevor er sie losließ, sie unter die Bettdecke legte und wieder zurück ins Wartezimmer ging. Als er hereinkam, stand Bucky sofort auf. „Sie bringen ihn in ein Zimmer. Fahr du doch zurück zur Ranch und ich bleibe bei ihm.“
Bucky nickte. „Ich sorge dafür, dass einer von den Jungs dir einen Truck hierher bringt, Bursche.“
„Danke, Bucky.“ Er wusste nicht, was er noch sagen oder tun sollte. Schon wollte er sich abwenden, da zog Bucky ihn in eine Umarmung, ließ ihn aber auch gleich wieder los. Dakota glaubte Tränen in seinen Augen zu sehen. Der Vorarbeiter drehte sich um und eilte hinaus; Dakota sah ihm nach und machte sich dann auf den Weg zum Zimmer seines Vaters.
Als er dort ankam, war sein Vater schon da. Die Lichter waren gedämpft; es sah so aus, als hätte er seither die Augen nicht mehr offen gehabt. Unter dem Fenster war ein kleines, fest eingebautes Sofa. Dakota setzte sich und dachte nach. Er brauchte nicht alles sofort zu entscheiden; er hatte Zeit. Aber eigentlich wusste er ja schon längst, was er tun würde.
Kapitel 2
D AKOTA fuhr in seinem Truck auf der Zufahrtsstraße zur Ranch am Briefkasten vorbei und bog in die Einfahrt ein, bevor er den Wagen anhielt. Er öffnete die Tür, stieg aus und lehnte sich dagegen. Von hier aus konnte er das Haupthaus, die Scheunen, die Ställe und Koppeln sehen, hinter denen sich Wiesen und offenes Weideland bis zu den Flanken der eindrucksvollen Tetons in der Ferne erstreckten. Tief atmete er ein und ließ den Geruch und das Gefühl von Heimat auf sich wirken. Er hatte das Bedürfnis danach, brauchte das, um sich daran zu erinnern, dass dies sein Zuhause war, das er liebte.
„Hey, Chef, suchst du was?“
Er drehte sich nach der Stimme um und sah Mario die Einfahrt entlang kommen. „Nein, ich schau nur.“ Das tat er jedes Mal, wenn er länger als für ein paar Stunden weg gewesen war. Er stieg zurück in seinen Wagen, startete den Motor und fuhr zum Haus. Er schnappte sich seine Taschen von der Rückbank, ging die Treppe hinauf und durch die Eingangstür.
„Hey, wen haben wir denn da.“ Bucky stand von einem Stuhl auf, kam ihm entgegen und begrüßte Dakota mit einem Klaps auf den Rücken. „Ich hab mich schon gefragt, ob du es heute noch nach Hause schaffen würdest.“
„Ich musste.“
Bucky nickte verständnisvoll. Dakota stellte seine Taschen beim Sofa ab, lief den Gang hinunter und öffnete die Tür des letzten Zimmers.
Die
Weitere Kostenlose Bücher