Ein wilder und einsamer Ort

im Fernsehen aussieht.« Ich ließ von der Tür ab und ging um die Baracke
herum auf die Rückseite, wo ein kleines Fenster war. Als ich von unten
dagegendrückte, glitt es ohne jeden Widerstand empor.
    Ich sah über die Schulter und grinste.
»Die menschliche Vergeßlichkeit ist schon erstaunlich. Willst du einsteigen,
oder soll ich?«
    »Mir ist nicht danach. Steig du ein,
und mach mir die Tür auf.«
    »Fühlst du dich wieder schlechter?«
    »Beschissen.«
    »Meinst du, du kannst das Triebwerk
reparieren?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich übernehme
die Oberaufsicht. Und du, McCone, wirst jetzt deine erste Lektion in
Flugzeugmechanik absolvieren.«
     
    3 Uhr 48
    Ich setzte die Motorabdeckung wieder
ein und wischte meine öligen Hände an einem Lappen ab. Hy machte ein
anerkennendes Zeichen mit Daumen und Zeigefinger und grinste mich mühsam an. Im
Schein der starken Taschenlampe, die er hielt, wirkte sein Gesicht gerötet und
erschöpft.
    »Du hättest wohl nie gedacht, daß du
auf dieser Reise noch eine Zylinderkopfdichtung auswechseln würdest.«
    »Das zeigt wohl nur, daß man im Notfall
alles kann.« Ich fing an, das Werkzeug einzusammeln. »Ich bringe die Sachen
wieder rein und lege ein bißchen Geld auf den Tisch. Dann können wir los.«
    »Hm. Das Fieber tobt wieder; ich kann
sie nicht fliegen. Und du willst ja wohl keine Gebirgsüberquerung im Dunkeln
riskieren; dafür hast du noch nicht genügend Stunden hinter dir. Um fünf, halb
sechs wird es hell, das ist immer noch früh genug.«
    »Willst du dann nicht versuchen, ein
bißchen zu schlafen? Leg dich doch auf die Couch in der Baracke.«
    »Das werde ich auch tun, falls ich mich
bis dorthin schleppen kann.«
    »Ist es so schlimm?«
    »Ja.«
    »Stütz dich auf mich.« Ich bugsierte
ihn zu der Baracke, bettete ihn auf die Couch und ging Werkzeug, Taschenlampe
und Verlängerungsschnur holen. Als ich mit dem Zeug wieder hereinkam, war er
schon weggesackt.
    Ich ging zu dem alten Holzschreibtisch
an der gegenüberliegenden Wand und legte ein paar Zwanziger auf das Chaos aus
Papieren und Ersatzteilkatalogen. Dann setzte ich mich in den knarzenden
Drehsessel und griff nach dem Telefon. Es war ein uralter schwarzer
Wählscheibenapparat, und es dauerte eine ganze Weile, bis ich eine Vermittlung
an der Strippe hatte. Als ich mich auf Kreditkarte mit Micks Handy hatte
verbinden lassen, läutete und läutete es ins Leere.
    Beunruhigung stieg in mir auf. Aber daß
sich niemand meldete, mußte nichts zu bedeuten haben. Mick war vermutlich auf
seinem Beobachtungsposten eingeschlafen.
    Aber warum weckte das Telefon ihn
nicht?
    Vielleicht war er weggegangen und hatte
das Handy zurückgelassen?
    Nein, er hätte es sicher mitgenommen.
    Ach, verdammt, ich konnte jetzt in
dieser Sache nichts tun, und mir Sorgen zu machen, half auch nichts. Ich stand
auf, ging zu Hy und fühlte seine Stirn. Sie war ziemlich heiß, und er regte
sich nicht, als ich ihn berührte. Es war eher Bewußtlosigkeit als Schlaf — und
das war ein konkreter Grund zur Sorge.
    Schließlich verließ ich die Baracke, um
nach Habiba zu sehen. Sie schlief auf dem Rücksitz der Beechcraft, wieder in
Embryonalstellung. Ich blieb ein Weilchen vorn sitzen und horchte auf ihr
leises Atmen. Dann kletterte ich hinaus auf den Asphalt und setzte mich
dorthin.
    Der Wind von den Granites her war immer
noch stark, aber kühler jetzt; im Osten war der Himmel schon ein klein wenig
heller. Ich würde noch eine Stunde warten und dann den Flugwetterdienst
anrufen. Noch eine halbe Stunde später würde ich Hy wecken, und wir würden
starten.
    Aber vorerst war ich damit zufrieden,
hier zu sitzen und dem Klagelied der Geisterflugzeuge zu lauschen.

 
     
     
     
    3500 Fuß über dem Tehachapi-Gebirge

28.
Mai, 6 Uhr 27
     
     
    Die öde Weite der Mojave-Wüste lag
jetzt hinter uns, aber die Friedhofseinsamkeit des winzigen Flugplatzes und der
weiße Rauchschleier von den Chemiewerken in Trona wirkten wie ein Alptraum in
mir nach. Drunten erstreckten sich die Tehachapis, die faltigen, zerklüfteten
Gipfel aggressiv emporgereckt. Sie schienen eine Warnung auszusenden: Wir
können euch jederzeit kriegen.
    Ich riß den Blick von ihnen los, ehe
meine Phantasie mein Urteilsvermögen trüben konnte, und sah statt dessen auf
die letzte Bergkette, die uns vom Central Valley und dem problemlosen, letzten
Streckenabschnitt nach Hause trennte. Kinderspiel, wie Hy sagen würde. Nur daß
Hy jetzt gar nichts sagte — schon eine ganze Weile