Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
wo Habiba stand und zusah, wie
die Wartungsmechaniker die zweimotorige Beechcraft auftankten, die sein Freund
Lanny in Key West für uns gemietet hatte. »Ich will dir nichts vormachen«,
sagte er. »Das Fieber steigt und fällt. Sie haben mir wohl in Santo Domingo das
falsche Medikament gegeben.«
    »Ich finde, wir sollten...«
    »Keine Zeit. Du kennst diesen
Flugzeugtyp. Wenn ich nicht fliegen kann, übernimmst du.«
    Ich sah auf die Beechcraft. Ich hatte
mit einem Freund von Hy ein paar Übungsstunden in einer solchen Maschine
absolviert, aber dennoch... War es nicht für uns alle besser, wenn er zum Arzt
ging und wir uns für ein Weilchen irgendwo verkrochen?
    Er schien meine Gedanken zu lesen. »Wir
dürfen wirklich keine Zeit verschwenden. Lanny hat ein bißchen
herumtelefoniert, Erkundigungen über Maynard eingezogen. Seine Agentur ist gut,
und sie sind Mitglied im Bund.«
    Der Bund der Privatermittler war ein
landesweites Netzwerk, dessen Mitglieder sich gegenseitig Hilfsdienste
leisteten. »Verdammt. Inzwischen hat er das Verwandlungsspielchen durchschaut,
und er wird bald herausgefunden haben, in welche Städte ich geflogen sein
könnte. Dann kann er ziemlich schnell jemanden hier haben.« Ich hielt kurz
inne. »Welchen Flugradius hat diese Maschine?«
    »Etwa zwölfhundert Meilen. Das sind
etwa fünf Stunden, wenn wir annähernd Höchstgeschwindigkeit halten. Ich denke,
wir sollten nach New Orleans fliegen und schauen, ob du von dort mit Habiba
einen Linienflug kriegst.«
    »Das gefällt mir nicht; es ist genau
das, was Maynard sich ausrechnen wird.«
    »Na ja, wir könnten auch Houston anfliegen
oder sogar Dallas-Fort Worth, aber das kostet uns mehr Zeit.«
    Ich dachte nach. Dawud Hamid war
inzwischen in San Francisco. Seine Ankunft dort konnte Dinge ins Rollen
bringen, die die Azadis noch mehr gefährden würden — von Adah ganz zu
schweigen. Ich mußte rasch in die Bay Area gelangen, aber ich mußte auch für
Habibas Sicherheit sorgen. Die Kleine kam zuerst.
    »Laß uns nach Dallas fliegen«, sagte
ich.
     
    Dallas-Fort Worth, 14 Uhr 21
    Hy ging zum Telefon, um sich wegen
Flügen nach San Francisco zu erkundigen, und ich sah noch einmal nach der
schlafenden Habiba auf dem Rücksitz der Beechcraft, ehe ich die Tüte mit den
praktischeren Klamotten nahm und zur Toilette im Abfertigungsgebäude ging. Die
Kleine regte sich und streckte den einen Arm zur Seite; ihre Hand war zu einer
festen Faust geballt. Ich nahm sie kurz in meine Hand, bog sie auf und legte
sie ihr dann behutsam auf die Brust.
    Es herrschte eine Bullenhitze hier in
Texas, aber ohne die drückende tropische Luftfeuchtigkeit, die ich die letzten
fünf Tage hatte ertragen müssen. Ich blieb einen Moment auf dem Asphalt stehen
und sah über die flache Landschaft zu den fernen Wolkenkratzern der Metropole
hinüber. Dann bat ich den Wartungsmechaniker, ein Auge auf die Maschine zu
haben und niemanden an sie heranzulassen. Ich ging zum Abfertigungsgebäude.
    Hy lehnte an einem Schaltertresen, den
Rücken zu mir, einen Telefonhörer am Ohr. Ich holte mir an einem Automaten
einen Plastikkaffee — wie ich das Gebräu nenne — und nahm ihn mit in den
Toilettenvorraum. Die Jeans und das lila T-Shirt von Edie gaben an mir eine Art
Schlabber-Look ab, waren aber tragbar; der Flatterrock und das dünne Blüschen
wanderten in den Mülleimer. Ich wusch mir das Gesicht und machte mich dann auf
die Suche nach Hy.
    Er stand neben der Beechcraft und
plauderte mit dem Wartungsmechaniker, der sie auftankte. Sein Gesicht war immer
noch gerötet, aber er sah besser aus als am Morgen. Er lehnte den Schluck
Kaffee, den ich ihm anbot, mit einem Kopfschütteln ab, sagte: »Danke, Kumpel«
zu dem Wartungsmechaniker, nahm mich am Arm und zog mich näher zur Maschine.
    »Kein Flug?«
    »O doch, jede Menge Flüge. Aber keine
Plätze. Wir haben eine Kleinigkeit übersehen — es ist Memorial-Day-Wochenende.«
    »Verdammt!« Mir war völlig entglitten,
welches Datum wir hatten — ja sogar welchen Wochentag. »Hast du auch Oakland
und San José gecheckt?«
    »Plus L.A., San Diego und Sacramento.
Und außerdem noch jeden fliegenden Untersatz nach Houston, San Antone, Austin,
Wichita Falls und Amarillo. Nada. Ihr könntet Stand-by fliegen, aber das
ist wohl nicht ratsam, wenn man davon ausgeht, daß Maynards Helfer auf den
plausibelsten Routen nach euch Ausschau halten.«
    Ich lehnte mich gegen die Maschine,
müde und entmutigt. »Und was jetzt?«
    »Wir fliegen weiter nach

Weitere Kostenlose Bücher