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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Beistelltischchen ab und sah sich ungeduldig um. Das Mädchen tauchte
mit einer Flasche aus dem Nichts auf, goß ihr ein und verschwand wieder. »O ja,
Dave Hamid war schon ein Kerl. Glauben Sie mir, ich muß es ja wissen.«
    »Ach?«
    »Ah, Sie sind neugierig. Tja, ich habe
ihn ein paarmal gehabt, wenn Speed anderweitig beschäftigt war. Von mir aus
hätte es mehr sein können, aber er war ein seltsamer Typ, hatte nur Augen für
Chloe, obwohl die sich nichts aus ihm machte.«
    »Wer ist Chloe?«
    »Chloe Love, sie war Küchenchefin im
Restaurant.« Leila Schechtmann rümpfte die Nase, als schlüge ihr ein schlechter
Geruch entgegen. »Die Angestellten und die Gäste fanden Sie alle umwerfend; ich
habe nie verstanden, warum. O ja, sie war ganz hübsch, wenn man auf diesen
blonden, nordischen Typ steht, aber nichts Besonderes. Und überhaupt, wieso war
sie Küchenchefin? Frauen sind Köchinnen, Männer sind Küchenchefs.«
    Chloe Love. C. L. Zufall? Vielleicht,
vielleicht auch nicht.
    »Wie stand Ihr Mann zu Chloe?«
    »Wie schon? Er ist ein Mann, und alle
Männer sind Trottel.«
    »Und wie stand sie zu ihm?«
    »Oh, ich sehe schon, Sie glauben, ich
rede so von ihr, weil ich eifersüchtig bin. O nein. Sie hatte auch für Speed
nichts übrig. Er verstand das nicht, genausowenig wie Dave.«
    »Was glauben Sie, weshalb sie nicht
interessiert war?«
    »Vielleicht ist sie lesbisch, wer
weiß?«
    »Was wurde aus Chloe, als Ihr Mann das
Restaurant verkauft hatte?«
    »Warum fragen Sie eigentlich nach ihr?«
    Es war das erstemal, daß sie sich in
einer Weise für die Hintergründe meiner Fragen oder meines Besuchs
interessierte, die über die leise Neugier, was Speed angestellt haben mochte,
hinausging. Sie würde sich mit einer vagen Antwort zufriedengeben. »Nur so.«
    »Na ja, ich nehme an, sie hat einen
neuen Job gefunden oder auch nicht; vielleicht ist sie von hier weggegangen.
Ist mir auch schnurz.«
    »Kommen wir noch mal darauf zurück, wie
Ihr Mann aus der Stadt verschwunden ist. Sie sagten, es war alles in bester
Ordnung, und von einem Tag auf den anderen war nichts mehr in Ordnung. Ich
schließe daraus, daß Sie nicht geahnt haben, was er vorhatte.«
    »Nicht im geringsten.« Sie zitterte und
drückte sich tiefer in die Sofapolster. Der Spitzen-BH und der Schlüpfer waren
ein unzulänglicher Schutz vor der Spätnachmittagskälte in diesem sonnenlosen
Raum. Das Mädchen erschien mit einer lose gewebten Decke, drapierte sie über
ihre Arbeitgeberin und füllte dann deren Weinglas wieder auf.
    Tadelloser Service, dachte ich, aber
unter der undurchdringlichen Miene der Frau spürte ich heftige Mißbilligung.
Sie war eine Latina, etwa fünfzig, dicklich, mit einem breiten Ehering —
vermutlich eine gut katholische Ehefrau und Mutter, die diesen Job sofort
aufgeben würde, wenn sie das Geld nicht brauchte.
    Mrs. Schechtmann bedankte sich nicht
einmal. Sie mummelte sich ein, trank von ihrem Wein und begann mit ihrer
Passionsgeschichte. »Ich erinnere mich noch so genau an diesen Tag. Speed und
ich wohnten damals auf dem Tel Hill, in der Nähe dieses Turms. Ich liebe den
Turm, Sie nicht? Er hat so etwas Phallisches. Am Abend vorher war ich aus
gewesen, auf einer Party bei Freunden, er konnte nicht mit, irgendwelche
Probleme im Restaurant. Als ich heimkam, schlief er schon. Am Morgen gab er mir
einen Abschiedskuß und ging um die übliche Zeit aus dem Haus, alles genau wie
immer.
    Ich hatte ein Verabredung zum Lunch, im
Stars, kennen Sie das? Manche Leute sagen, es ist nicht mehr das, was es mal
war, aber ich weiß nicht, ich finde es immer noch genausogut wie eh und je.
Dann Maniküre und Pediküre, ein bißchen Shopping, und um fünf Cocktail bei
einer Freundin in Sausalito. Ich habe versucht, Speed über sein Handy zu
erreichen, um ihm zu sagen, er soll nachkommen, aber er hat sich nicht
gemeldet. Sie können sich ja vorstellen, was ich dachte.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Sie sah mich an, als sei ich
unglaublich begriffsstutzig. »Ich dachte, er treibt es mit irgendeiner Frau.
Sie wissen ja, das Telefon in der Jackettasche, das Jackett auf dem
Wohnzimmerfußboden und Speed im Schlafzimmer.« Sie kicherte wieder. »Ich muß ja
wissen, wie das läuft.«
    »Sie fuhren also nach Sausalito, zum
Cocktail«, half ich ihr auf die Sprünge, um die Schilderung ihrer Aktivitäten
zu beschleunigen. »Und zum Essen. Es gibt dort ein himmlisches Restaurant...
nein, jetzt nicht mehr, es hat zugemacht. Wir haben gegessen und sind

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