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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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entlang der
Glaswände wuchsen weitere Pflanzen, und in der Mitte befand sich eine Gruppe
buntgepolsterter Korbsessel, in denen fünf Frauen saßen. Keine war über
dreißig; alle waren dürr wie Models und trugen teuren Chic. Sie hatten sich
ihrer exklusiven Schuhe und Jacken entledigt, die Röcke hochgezogen und die
Beine auf kleine Hocker gelegt, um sie der Sonne darzubieten. Mindestens ein
halbes Dutzend offener Weinflaschen stand auf dem Glastisch, und zwei weitere
warteten in Eiskübeln. Eine sechste Frau mit langem dunklem Haar lag rücklings
auf dem Berberteppich, nur in Höschen und rotem Spitzen-BH, ein Weinglas auf
dem flachen Bauch. Sie waren allesamt sternhagelvoll.
    Vor ein paar Jahren noch hätte mich
eine solche Versammlung eingeschüchtert. Ich hätte mich neben diesen Beautiful
People unbedarft und mausgrau gefühlt. Doch inzwischen hatte ich zu viele
wahrhaft noble Menschen kennengelernt, die ihren Reichtum und ihre Muße dazu
nutzten, Alphabetisierungskampagnen zu finanzieren, Aids-Benefizveranstaltungen
zu organisieren und die Künste zu fördern. Irgendwelche halbseidenen Leute mit
Geld vermochten mich nicht mehr zu beeindrucken. Ein ziemlich aufdringlicher
Hauch von Verderbtheit lag in der Luft. Ich atmete ihn ein, während ich darauf
wartete, zur Kenntnis genommen zu werden.
    Schließlich sagte eine Rothaarige auf
der gegenüberliegenden Seite des Raums: »Besuch, Leila.«
    Die Frau auf dem Berberteppich stützte
sich auf einem Ellbogen hoch und sah zu mir herüber, wobei sie die Augen mit
der Hand abschirmte, die das Glas hielt. »Sie müssen die Detektivin sein«,
sagte sie mit munter-melodiöser Stimme und spanischem Akzent. »Ich wollte immer
schon mal eine Detektivin kennenlernen. Kommen Sie, trinken Sie ein Glas Wein
mit uns, und erzählen Sie mir, was für schlimme Dinge Speed jetzt wieder
angestellt hat.«
    Ich erkannte Leila Schechtmanns Stimme
von unserem Telefongespräch wieder. Etwas in ihrer Art zu sprechen sagte mir,
daß sie mehr als nur ein bißchen Wein intus hatte. Ein paar Straßen Koks
vielleicht, gegen die Wirkung des Alkohols und der Sonne. Während die anderen
Frauen sich mir neugierig zuwandten, sagte ich: »Nein, danke, keinen Wein.
Können wir uns bitte unten unterhalten?«
    »Das da sind meine Freundinnen.« Leila
machte eine ausladende Bewegung mit Hand und Glas. »Was immer Sie mir zu sagen
haben, können sie ruhig hören.«
    »Ich weiß nicht, ob Sie das wirklich
wollen.« Ich legte etwas Warnendes in meine Worte, gerade ausreichend, um sie
zu verunsichern.
    Leila Schechtmann zögerte und zog einen
Schmollmund. Dieser Besuch gestaltete sich nicht so lustig, wie sie gedacht
hatte. Nach einem kurzen Moment stand sie achselzuckend auf und reckte sich, um
ihren schlanken Körper vorzuführen. Zu ihren Freundinnen gewandt, sagte sie:
»Amüsiert euch, Kinder. Es wird nicht lange dauern.« Mit einem »Auf geht’s« an
meine Adresse ging sie zur Wendeltreppe.
    Unten führte sie mich zu einem blauen
Sofa mit Blick auf die Terrasse und machte es sich mit untergeschlagenen Beinen
in der einen Ecke bequem. Ich setzte mich ans andere Ende und ließ dem
Schweigen seinen Lauf. Leila Schechtmann widmete sich ihrem Wein und sagte
schließlich schnippisch: »Also, was ist los? Was hat Speed diesmal angerichtet?«
    »Er steckt möglicherweise in größeren
Schwierigkeiten als bisher, aber um das sicher sagen zu können, brauche ich ein
paar Hintergrundinformationen von Ihnen. Erzählen Sie mir von ihm.«
    »Womit soll ich anfangen? Er ist ein
Schwein, ein mieses Schwein. Wissen Sie, daß er mich einfach hat sitzenlassen?
Ohne einen Cent? Es war alles in bester Ordnung, und plötzlich, von einem Tag
auf den anderen...« Sie zuckte die Achseln.
    »Sie wußten von diesem
Glücksspielgeschäft?«
    »Natürlich. Es war nicht besonders
amüsant — all diese Telefone und diese ganzen Leute, die die Anrufe
entgegennahmen —, aber es hat uns ein hübsches Auskommen verschafft. Nur daß
Speed viel zuviel Arbeit in die Sache gesteckt hat. Wir sind nirgends mehr
hingegangen, nie mehr verreist. Ich langweilte mich, und ich hatte es satt.
Aber dann, im letzten Jahr, bevor er mich verlassen hat, da hatte er einen
jungen Mann gefunden, den er sich heranziehen wollte, um ihm den Laden zu
übergeben. Und der war amüsant.« Sie kicherte.
    »Dieser junge Mann war Dawud Hamid?«
    »O ja, das war ein Fund. Sehr
gutaussehend, ein richtiger Mann, Sie verstehen.« Sie stellte ihr leeres Glas
auf dem

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