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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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der
Schweiz oder auf irgendwelchen Karibikinseln eintrudeln...
    Und dann, dachte ich, platzt alles.
Noch ehe Schechtmann seinen Plan ganz realisieren kann, muß er feststellen, daß
sein Unternehmen unterwandert worden ist und die Staatsanwaltschaft demnächst
Zuschlägen wird. Er verkauft das Restaurant und verläßt fluchtartig die Stadt,
wobei er sowohl seine feurige argentinische Ehefrau Leila als auch seinen
Protégé zurückläßt. Einen Monat später erhebt die Jury Anklage in neun Punkten,
darunter Bildung einer kriminellen Vereinigung und Betreiben illegaler
Glücksspieleinrichtungen. Schechtmann wird steckbrieflich gesucht, und Leila
erzählt Freunden, daß sie sich eine Beretta gekauft hat, um ihn zu erschießen,
sobald er auftaucht. Die Tatsache, daß Schechtmann — wenn auch vielleicht unter
falschem Namen — immer wieder nach San Francisco zurückgekehrt war, um mit
Malika Hamid das Brot zu brechen, waren ein ziemlich stichhaltiger Beweis
dafür, daß er tatsächlich von der teutonischen Illusion der Unbesiegbarkeit
befallen war.
    Ich fragte Charlotte Keim: »Und was ist
mit Leila Schechtmann? Ist sie noch hier in San Francisco?«
    Sie grinste selbstgefällig. »Ich wußte,
daß Sie das fragen würden, also habe ich es gecheckt. Sie wohnt am Russian
Hill, mit einem reichen Brasilianer: Alejandro Ronquillo, genannt Sandy.«
    »Diplomat?«
    »Nein, das, was man früher einen
Privatier genannt hätte. Er ist angeblich hier in den Staaten, um in der
Treuhand-Abteilung des Banco do Brasil zu arbeiten — meinen Quellen zufolge ist
sein Vater einer der Hauptaktionäre —, aber er läßt sich dort kaum blicken.
Tagsüber findet man ihn auf den Rennbahnen — Tanforan oder Golden Gate Fields —
oder in irgendwelchen privaten Spielschuppen irgendwo in der City. Nachts ist
er, wo immer man gerade hingeht.«
    »Und Leila? Was macht sie?«
    »Amüsiert sich mit den Gattinnen und
Geliebten anderer Männer aus Ronquillos Kreisen. Sie treffen sich zum Lunch,
zum Shopping, im Schönheitssalon — na ja, was diese Damen eben so tun.« Sie
streckte mir einen Zettel hin. »Da ist sie zu finden.«
    Es war eine Adresse an der Francisco
Street, Höhe Leavenworth, hoch über dem Touristengewimmel am Fishermans Wharf.
    »Sie sind mir einige Nasenlängen
voraus, was?« sagte ich zu Charlotte Keim.
    »Dafür werde ich bezahlt.«
    »Meinen Sie, ich könnte Sie RKI
irgendwie abspenstig machen?«
    Sie schürzte nachdenklich die Lippen.
»Na ja, ich bezweifle, daß Sie sich das leisten können, aber nach allem, was
ich höre, wird sich das wohl noch ändern. Und dann — wer weiß?« Sie grinste,
daß ihre Nase sich krauste. »Eins steht fest — ich hätte bestimmt nichts
dagegen, Tür an Tür mit diesem schnuckeligen Mick zu arbeiten.«
     
     
     
     

11
    Das Haus, in dem Leila Schechtmann
zusammen mit ihrem brasilianischen Lover wohnte, war ein Exempel jenes modernen
Baustils, der in den dreißiger Jahren en vogue war: Betonbauweise, vierstöckig,
schnörkellos weiß mit schlicht gerahmten Fenstern, zurückgesetzter Eingang, flankiert
von hellen Marmorplatten, darüber ein freitragendes Vordach. Die Fliesen in der
Eingangshalle bildeten ein großes schwarzweißes Schachbrettmuster.
    Ich war mit dem Taxi zu All Souls
gefahren und hatte den MG geholt. Dann hatte ich Leila Schechtmann angerufen
und gefragt, ob ich bei ihr vorbeikommen könne, um mit ihr über ihren Mann zu
reden. Ihre Stimme hatte neugierig und leise amüsiert geklungen: »Ich rede
immer gern über Speed. Ich kann Ihnen viele schreckliche Dinge über ihn
erzählen.« Im Hintergrund war weibliches Gelächter zu hören gewesen, ehe Leila
Schechtmann hinzugesetzt hatte: »Sie brauchen nicht zu klingeln, unten ist
offen. Es gibt nur zwei Parteien im Haus, wir wohnen oben, also nehmen Sie den
Lift ins zweite Obergeschoß.«
    Aus dem Lift kam man direkt in eine
weitere schwarzweiß geflieste Diele. Ein Dienstmädchen in Arbeitsuniform
empfing mich dort und führte mich eine Treppe hinauf in ein großes blau-weißes
Wohnzimmer, von dem eine Tür auf eine Terrasse mit Blick auf die Bay
hinausging. Ich hörte weibliche Stimmen, aber sie kamen von oben. Auf meinen
fragenden Blick hin zeigte das Mädchen auf eine Wendeltreppe. Oben landete ich
in einem Wintergarten auf dem Flachdach.
    Alle vier Wände waren aus Glas, mit
Stahlstreben verstärkt; das zurückschiebbare Dach war offen, und blühende
Pflanzen in Hängetöpfen schaukelten in der leisen Brise. In Kästen

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