Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
ist es.“ Sie entwand sich seinem Arm und ging gleich wieder an die Arbeit. Sie hatte keine Zeit, hier nur herumzustehen. Mehr als alles andere wollte sie ihm eine Hilfe sein, damit er seine Entscheidung auf Ellis Island niemals bereute.
* * *
Am späten Nachmittag schien die Sonne durch die frisch geputzten Fenster und tauchte den Laden in ihr goldenes Licht. Zufrieden sah sich Millicent um und lächelte.
Daniel stand ein paar Schritte entfernt. „Es sieht jetzt so ganz anders aus als noch heute Morgen.“
„Gott sei Dank!“ Erschrocken schlug sich Millicent die Hand vor den Mund. „Das sollte nicht blasphemisch klingen. Der Herr hat uns wirklich tatkräftige Hilfe geschickt. Wir haben sie ja auch dringend gebraucht.“
„Außerdem haben wir nebenbei noch ziemlich viel verkauft.“
„Wegen des großzügigen Rabattes, den du allen eingeräumt hast, hat das jeder ausgenutzt, zu Recht. Die Regale sind fast so leer wie bei einem Räumungsverkauf.“ Die Worte sollten fröhlich klingen, und sie zwang sich zu einem Lächeln, aber die Wahrheit ließ sich nicht verleugnen. Am Nachmittag war ihr aus Versehen das Bestandsbuch des Ladens aus der Hand gefallen. Sie wollte nicht neugierig sein, aber das Buch war genau auf der Seite aufgeschlagen, auf der die letzten Einträge verzeichnet waren – und die waren sechs Wochen alt. Die schreckliche Wahrheit war, dass Orville nicht nur die beiden Läden alleine verwaltet hatte, sondern dass er Daniels Geld für einen gut organisierten und ausreichend ausgestatteten Laden veruntreut hatte. Orville hatte die Bestände nicht wieder aufgestockt und einfach das Geld für die verkauften Waren behalten.
Daniel reißt sich fast ein Bein aus, um es meiner Schwester so leicht wie möglich zu machen. Deshalb sollte ich die Wahrheit über seinen Cousin wahrscheinlich einfach ignorieren. Daniel hat kein Wort darüber verloren, und das werde ich auch nicht. Ich tue einfach so, als hätte ich die Seite nie gesehen und wüsste gar nicht, dass sein Cousin ihn betrogen hat. Außerdem wäre ich nicht überrascht, wenn Orville den Laden bei dem Sandsturm absichtlich offen gelassen hat, damit das Durcheinander seine Geldgier verbergen würde.
Langsam ließ Millicent ihren Blick über die Kistenstapel und Berge von Waren wandern, die an der Außenwand aufgestapelt waren. Dann schob sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihr Rücken schmerzte. Obwohl sie heute den schlimmsten Dreck beseitigt hatte, würde es noch viele Stunden harter Arbeit kosten, bis sie den Laden aufmachen konnten. Dann fangen wir gleich mal an ... „Daniel, ich nehme an, dass du die Regale mit den Stoffen in der Nähe von Isabelles Ecke haben willst. Ich werde –“
„Hier ist die Seife.“
„Ja, natürlich werde ich die Regale erst einmal ordentlich schrubben, bevor wir etwas hineintun können.“ Sie bückte sich nach einem Eimer mit Putzwasser.
„Nein, Millicent. Du sollst dich waschen.“ Er nahm ihr den Putzeimer aus der Hand. „Es ist Teezeit. Geh zu Arthur und Isabelle!“
Sicher brauchte Isabelle sie. Aber der Platz einer Frau ist an der Seite ihres Mannes! Ich habe versprochen, ihm zu helfen und in allem beizustehen. Es ist egal, dass es nur eine Zweckehe ist. Gerade deshalb sollte er auch wichtiger sein als alles andere. Er hat so viel für uns getan und keine Gegenleistung gefordert. Das Mindeste, das ich tun kann, ist, mein Versprechen zu halten.
Schnell ließ sie die Seife in ihre Schürzentasche gleiten und brachte ein Lächeln zustande. „In Amerika gibt es keine Teezeit und ein spätes Abendessen. Hier gibt es nur ein frühes Abendessen. Ich hole Isabelle. Während du mit Arthur spielst, können wir die Fenster für die Vorhänge ausmessen. Du hast doch Vorhänge auf deine Liste geschrieben.“
„Das kann warten.“ Daniel wirkte verärgert.
„Ich habe ein paar der Stoffrollen aussortiert, die der Staub und Dreck am meisten beschädigt haben. Wir können den Stoff unmöglich noch verkaufen, aber für Vorhänge, Tagesdecken und solche Sachen ist er noch gut. Ich hole die Rollen, damit du entscheiden kannst, welcher dir am besten gefällt.“
„Du kannst aussuchen, was du willst – später.“ Daniel sah sie durchdringend an.
Verzweifelt versuchte Millicent Ruhe zu bewahren, als er sie so ernst ansah. Normalerweise machte es ihr nichts aus, wenn ein Herr sie im Vorbeigehen musterte ... aber das hier war anders. Er war ihr Ehemann. Und sie konnte nicht einfach ignorieren, was er
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