Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
wohl gerade dachte.
„Millicent, wir müssen einmal privat miteinander reden.“
Kapitel 15
„Privat.“ Das Wort klang aus ihrem Mund, als drücke ihr jemand die Kehle zu. Ihre Wangen wurden rot, und plötzlich wünschte sie sich verzweifelt, dass ihr ganzes Gesicht von einer dicken Staubschicht bedeckt wäre.
Daniel nickte. „Privatsphäre ist etwas, das wir bisher noch nicht hatten.“
Oh, gütiger Himmel. Sie schluckte schwer.
Er nahm sie bei der Hand, und sie folgte ihm mit zitternden Knien. „Bitte setz dich.“ Er führte sie zu einem Stuhl, den er erst vor ein paar Minuten abgestaubt hatte.
„Vielen Dank.“ Sie sank auf den Stuhl und faltete verkrampft ihre Hände im Schoß. Ich bin kein Feigling. Ich weigere mich, einer zu sein. Entschlossen hob sie das Kinn und sah ihn an.
„Es gibt ein paar Themen, über die wir reden müssen. Das Erste ist etwas sensibel.“
Was würde jetzt wohl kommen. Sie wollte etwas sagen, aber kein Ton kam über ihre Lippen.
Daniel nahm das als Zustimmung und fuhr fort. „Ich will deine Gefühle nicht verletzen, aber es gibt einige Regeln, die wir zum Wohle aller Beteiligten einhalten sollten. Andere Sitten sind nicht notwendigerweise die besseren.“ Seine dunkelbraunen Augen blickten sie unentwegt an. „Würdest du mir zustimmen?“
„Ich denke schon.“ Mit einem tiefen Atemzug versuchte sie ihre Nerven zu beruhigen. Bis sie nicht sicher wusste, auf was er hinauswollte, konnte sie ihm keine Antwort geben. „Könntest du dich etwas genauer ausdrücken?“
Mit hinter dem Rücken verschränkten Händen schritt er durch den Raum. Dann kam er langsam zu ihr zurück. „Isabelle und Frank haben sich sehr geliebt.“
Die Worte trafen sie wie ein Pfeil.
„Ihre Zuneigung füreinander war offensichtlich.“
Millicent traute ihrer Zunge nicht, deshalb blieb sie stumm und nickte nur.
Jetzt stand er direkt vor ihr. Zärtlich nahm er ihre Hände in seine. „Manchmal müssen wir für unsere Liebe große Opfer bringen. Ich weiß, dass das, um was ich dich jetzt bitten möchte, ein etwas sensibles Thema ist. Trotzdem wäre es das Beste. Ich habe gesehen, dass du schwarzen Seidenkrepp für Trauerschleier ausgesucht hast. Schleier aus diesem Material sind ungesund für die Augen und die Lungen. Isabelle sollte sie nicht tragen.“
Erleichterung überflutete sie. Er machte sich Sorgen um Isabelles Gesundheit! „Ich werde mit ihr reden. Ich bin sicher, dass sie trotzdem gerne einen Schleier tragen würde. Wenigstens für den Gottesdienst. Auf der Liste mit den Stoffen und Nähutensilien, die die Frauen heute zusammengestellt haben, steht auch schwarzer Netzstoff. Daraus könnten wir einen Schleier nähen.“
„Gut. Sehr gut.“ Er ging wieder ein paar Schritte.
Oh nein. Da ist noch mehr? Nun, die erste Bitte war ja auch nicht groß.
„Oft haben Schwestern die gleiche Größe. Wenn mich nicht alles täuscht, haben Isabelle und du dieselbe Statur.“
„Wir sind uns sehr ähnlich.“
„Obwohl Frank dein Schwager war, wirst du mir doch zustimmen, dass Isabelles Verlust größer ist als deiner. Da das so ist, sollte sie die Trauerkleider tragen.“
„Wir werden es beide tun.“
Daniel schüttelte den Kopf und kam wieder auf sie zu. Diesmal zog er eine Kiste heran und setzte sich darauf. Ihre Knie berührten sich. Millicent rückte ein Stück zur Seite, um der Berührung zu entkommen – war es doch bei Weitem der engste Kontakt mit einem Mann, den sie je gehabt hatte.
„Ich schlage vor, du tauschst die Kleider mit ihr: Sie bekommt deine schwarzen Röcke und Oberteile. Im Gegenzug überlässt sie dir ihre weißen und farbigen Kleider.“
Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. „Du kannst unmöglich erwarten, dass ich in fröhlichen bunten Kleidern herumlaufe!“
Daniel beugte sich vor und nahm wieder sanft ihre Hände. „Wir müssen und werden Isabelles Verlust achten. Aber ich möchte nicht, dass wir alle Isabelle durch unser Äußeres ständig an ihren großen Verlust erinnern. Du und Arthur, ihr seid die Menschen, die Gott hier zu Hause gebrauchen wird, damit sie sich wieder erholen kann.“
Millicent schwieg und dachte über seine Worte nach. Langsam senkte sie den Blick und sah, wie seine Hände sich ganz um ihre legten. Er gab ihr Sicherheit und Wärme. „Ich möchte dich nicht verletzen. Aber Isabelles Gefühle sollten dabei das Wichtigste für uns sein. Wenn sie wegen meiner Kleidung denken sollte, dass ich nicht um Frank trauere, würde ihr
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