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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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angewidert. »Schon wieder. Immer dasselbe alte Gemecker. Und die Fantasiefrauen – das sind diejenigen, an denen du am meisten hängst.«
Heather wandte sich zu ihm um und sagte ernst: »Du weißt, wie du aussiehst, noch in deinem Alter. Du bist ein Abbild männlicher Schönheit. Jede Woche glotzen dich dreißig Millionen Menschen eine Stunde lang an. Dein Singen interessiert sie dabei überhaupt nicht, nur deine unheilbare körperliche Schönheit.«
»Das gleiche läßt sich von dir sagen«, erwiderte er beißend. Er fühlte sich erschöp und sehnte sich nach der Zurückgezogenheit und Abgeschiedenheit, die dort in der Nähe von Zürich lag und stumm darauf wartete, daß sie beide zurückkehrten. Und es war, als wolle das Haus, daß sie blieben, nicht nur für eine Nacht oder eine Woche, sondern für immer.
»Man sieht mir mein Alter nicht an«, sagte Heather.
Er wandte den Kopf und betrachtete sie. Massen roten Haares, blasse Haut mit einigen wenigen Sommersprossen, eine kräige römische Nase. Tiefliegende, große, violeblaue Augen.
Sie hae recht: man sah ihr nicht an, wie alt sie war.
»Du bist eine verdammt gutaussehende Person«, sagte er widerwillig.
»Und du?« sagte Heather.
Und er? Er wußte, daß er immer noch Charisma hae, die Kra, die man vor zweiundvierzig Jahren in seinen genetischen Code programmiert hae.
Gewiß, sein Haar war ergraut, und es stimmte, daß er es färbte. Und da und dort haen sich ein paar Fältchen eingegraben. Aber insgesamt ...
»Solange ich meine Stimme habe«, sagte er, »kann mir nichts passieren. Solange werde ich haben, was ich will. Du täuschst dich über mich – das liegt an deinem Sechserhochmut, deiner sogenannten Individualität. Also, wenn du nicht nach Zürich willst, wohin dann? Zu dir? Zu mir?«
»Ich möchte mit dir verheiratet sein«, sagte Heather. »Dann würde es nicht heißen, zu mir oder zu dir, sondern einfach zu uns. Und ich würde das Singen aufgeben und drei Kinder kriegen, die alle aussehen würden wie du.«
»Auch die Mädchen?«
»Es werden lauter Jungen sein«, versicherte Heather.
Er beugte sich hinüber und küßte sie auf die Nase. Sie lächelte, nahm seine Hand und tätschelte sie. »Wir können heute abend überall hin«, sagte er mit ruhiger, beherrschter Stimme, beinahe wie sein Vater; meistens wirkte das noch dann auf Heather, wenn sonst nichts Erfolg hae. Oder ich lasse sie sitzen, dachte er, und gehe allein nach Haus.
Das fürchtete sie. Wenn sie gestrien haen, besonders im Haus bei Zürich, wo niemand sie hören konnte, hae er diese Furcht manchmal in ihrem Gesicht gesehen. Die Vorstellung des Alleinseins entsetzte sie; er wußte es, und sie wußte, daß er es wußte. Die Furcht gehörte zur Wirklichkeit ihres gemeinsamen Lebens. Nicht ihres öffentlichen Lebens; auf diesem Gebiet gaben sie sich keine Blöße. Als professionelle Unterhalter haen sie sich jederzeit völlig unter Kontrolle, und so zornig und einander entfremdet sie auch sein mochten, in der Welt der lärmenden Fans, der Verehrerbriefe und Fernsehkameras funktionierten sie zusammen. Nicht einmal offener Haß würde daran etwas ändern.
Aber Haß konnte es zwischen ihnen ohnedies nicht geben. Sie haen zuviel gemeinsam. Sie gaben einander viel. Selbst das bloße Beisammensitzen machte sie glücklich.
Er griff in die Innentasche seines maßgeschneiderten Anzugs aus Naturseide – einem von vielleicht zehn auf der ganzen Erde – und brachte ein Bündel Banknoten zum Vorschein. Es waren viele, zu einem dickleibigen kleinen Bündel zusammengepreßt.
»Du solltest nicht so viel Bargeld mit dir herumtragen«, sagte Heather in dem nörgelnden Tonfall, der ihm so sehr mißfiel: dem Tonfall der von sich eingenommenen Muer.
»Mit diesem Geld«, sagte er, »können wir uns jeden ...«
»Wenn irgendein nicht registrierter Student, der letzte Nacht aus einem unterirdischen Tunnel geschlichen ist, dir die Hand mit dem Geld abhackt und mit beidem davonläu, bist du selber schuld. Du mit deiner Angeberei. Du warst immer für das Auffallende, Grelle und Laute. Sieh dir bloß deine Krawae an. Ja, sieh sie dir an!« Ihre Stimme hob sich; sie schien wirklich zornig zu sein.
»Das Leben ist kurz«, seufzte Jason, »und der Wohlstand noch kürzer.«
Aber er steckte das Banknotenbündel wieder in die Innentasche und strich gläend über die Ausbeulung, die es in seinem sonst so vollkommen sitzenden Anzug erzeugte. »Ich wollte dir damit was kaufen«, sagte er. Tatsächlich war ihm der Gedanke erst

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