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Rachel Morgan (9) - Blutdämon

Rachel Morgan (9) - Blutdämon

Titel: Rachel Morgan (9) - Blutdämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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    »Braun oder Grün für die Vorhänge, Rache?«
    Jenks' Stimme drängte sich in meinen Dämmerzustand, und ich öffnete ein Auge einen Spalt weit. Jenks schwebte nur Zentimeter vor meiner Nase. Die Sonne war heiß, und ich wollte mich nicht bewegen, auch wenn seine Flügel einen kühlen Windzug erzeugten. »Du bist zu nah. Ich kann nichts sehen«, sagte ich, als ich mich in meinem Liegestuhl bewegte. Er schwebte nach hinten, und seine libellenartigen Flügel summten schnell genug, um roten Pixiestaub auf meinem nackten Bauch zu verteilen. Juni, Sonnenbaden und Cincinnati passten normalerweise nicht zusammen, aber heute war die letzte Chance, ein wenig Bräune zu tanken, bevor ich mich auf den Weg nach Westen zur Hochzeit meines Bruders machte.
    Über Jenks' Arm hingen zwei Stoffbündel, wahrscheinlich aus Spinnenseide, die von einer seiner Töchter gewebt und gefärbt worden war. Seine schulterlangen blonden Locken — seit dem Tod seiner Frau waren sie nicht geschnitten worden — waren mit einem Stück Kordel zurückgebunden, um sie aus seinem kantigen, erschöpften Gesicht zu halten. Ich fand es seltsam, dass sich ein Pixie, der allein eine ganze Bande von Meuchelmördern in die Flucht schlagen konnte, Gedanken um die Farbe seiner Vorhänge machte.
    »Also«, mauerte ich, weil ich mir keinen Deut sicherer war als er. »Das Grün passt zum Boden, aber ich würde das Braun nehmen. Du brauchst warme Farben da unten.«
    »Braun?«, fragte er mit einem zweifelnden Blick auf den Stoff. »Ich dachte, die grünen Fliesen gefallen dir.«
    »Tun sie«, erklärte ich. Ich fand die Idee, eine Glasflasche in Bodenfliesen zu verwandeln, genial. »Aber wenn du alles in derselben Farbe hältst, sieht es irgendwann aus wie eine Zeitreise in die Siebziger.«
    Das Summen von Jenks' Flügeln wurde tiefer, und seine Schultern sackten nach unten. »Ich kann das einfach nicht«, flüsterte er und wurde melancholisch, als er an Matalina denken musste. »Sag mir einfach, welchen.«
    Innerlich zuckte ich zusammen. Ich wollte ihn umarmen, aber er war nur zehn Zentimeter groß. Klein, ja, aber der Pixie hatte mir öfter das Leben gerettet, als ich zählen konnte. Manchmal allerdings hatte ich das Gefühl, als lebten wir in verschiedenen Welten. »Braun«, sagte ich.
    »Danke.« Jenks flog zu der kniehohen Mauer, die meinen Hinterhof vom Friedhof trennte, und zog dabei eine Spur aus mattem Goldstaub hinter sich her. Der von einer Mauer umschlossene Friedhof gehörte auch mir, oder eigentlich Jenks, nachdem auf der Besitzurkunde sein Name stand. Aber ich war diejenige, die den Rasen mähte.
    Kummer stieg in mir auf, und die Sonne schien ein wenig kühler zu werden, als ich beobachtete, wie Jenks' Staubspur unter den blühenden Hasenglöckchen und dem Moos in seiner neuen Junggesellenwohnung verschwand. Er hatte in den letzten Monaten lernen müssen, ohne Matalina zu leben, und es war ihm schwergefallen. Dass ich hatte klein werden können, um ihm durch den ersten schweren Tag zu helfen, hatte viel dazu beigetragen, mich davon zu überzeugen, dass Dämonenmagie nicht generell schlecht war — außer, man setzte sie für dunkle Zwecke ein.
    Ein Windhauch streifte kühl meine Augen, und ich lächelte, während ich gleichzeitig die Träne wegwischte. Ich konnte das frisch geschnittene Gras riechen, und vor dem Hintergrundgeräusch von Cincinnati jenseits des Flusses erhob sich das Brummen eines Rasenmähers. Neben meinem Sonnenöl und einem Glas mit inzwischen warmem Eistee lag ein Stapel von Einrichtungsmagazinen. Die Ruhe vor dem Sturm. Morgen würde meine persönliche Hölle ausbrechen, und sie würde die gesamte Woche anhalten, denn so lange dauerte die jährliche Hexenkonferenz. Was danach geschah, war reine Spekulation.
    Nervös verschob ich die Träger meines Bikinis, damit sich in meinem Brautjungfernkleid keine weißen Streifen zeigten. Das Kleid war bereits verpackt und hing in seiner Kleidertasche in meinem Schrank. Das jährliche Hexentreffen war gestern am anderen Ende des Kontinents eröffnet worden. Ich stand als Letztes auf der Agenda — so wie man sich im Zirkus die beste Nummer bis zum Schluss aufhebt.
    Der Hexenzirkel für ethische und moralische Standards hatte mich bereits gebannt, versucht, mich ohne Prozess in Alcatraz einzubuchten, und mir Meuchelmörder auf den Hals gehetzt, als ich entkommen war. Ein Patt hatten sie erst anerkannt, als ich gedroht hatte, mit der Tatsache an die Öffentlichkeit zu gehen, dass die Hexen

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