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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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keiner, nicht wahr? Ich kann so laut schreien, wie ich will. Windstille!«
    »Das stimmt. Hier kann ich mit Kanonen schießen, und keiner kümmert sich darum. Aber ich fasse dich nicht an.«
    »Das soll ein Wort sein.«
    »Ich brauche dich für andere Dinge.«
    »Perverse Sauereien sind bei mir nicht drin!«
    »Hast du nichts anderes mehr im Kopf, als so was?« sagte Makaroff laut.
    »Ich habe in ein paar Wochen gelernt, daß ihr Männer alle zum Kotzen seid! Bibi hat mir das vorgeführt, in Hotelzimmern, in Pensionen, in schönen, großen, teuren Autos, auf Waldwegen, einmal auch in einer Maisonettewohnung. Überall saß ich in einer Ecke, guckte zu, als lebende Sirene, falls die Kerle wild werden sollten. Und ich habe mich immer gefragt: So sehen die Männer also wirklich aus, wenn sie für einen Bums aus der Hose steigen? So benehmen sie sich alle, wenn sie auf einer Frau liegen? So – so tierisch? Ich weiß nicht, wie man das anders ausdrücken soll. Mir war immer flau im Magen, wenn ich mit Bibi wieder auf der Straße stand, und Bibi sagte: ›Man müßte einen Wohnwagen haben mit einer großen Badewanne und sich hinterher sofort hineinlegen und liegenbleiben, bis man aufgeweicht ist. Verdammt, man müßte jedesmal die Haut wechseln können …‹ Bibi ist gar nicht so dämlich, wie sie sich gibt. Sie hat ja so recht. Man müßte jedesmal die Haut wechseln …« Sie zog die Beine an, verteilte den Schmutz an ihren Schuhen auf weitere Seidenkissen, und sah Makaroff mit einer merkwürdigen Traurigkeit an, hinter der Erwartung lauerte. »Was wollen nun Sie von mir? Aus himmlischer Nächstenliebe haben Sie mich doch nicht mitgeschleppt? Wenn Sie mich in so ein Haus einladen, in solch einen orientalischen Palast, wollen Sie doch auch den Pascha spielen?«
    »Beruhigt es dich, wenn du weißt, daß ich in Kürze heiraten werde?«
    »Nein! Die Verheirateten sind die Verrücktesten. Unter Bibis Kerlen war nicht ein einziger Junggeselle. Doch ja, ein Witwer. Bei dem mußte Bibi immer eine große Schleife ins Haar binden und ›O bitte nicht, Onkel! Nein, Onkel!‹ rufen. Und Onkelchen fragte: ›Wie alt bist du?‹ – Und Bibi antwortete: ›Dreizehn!‹ – Dann kam Onkelchen so richtig in Fahrt.«
    »Es hat keinen Sinn, mit dir noch weiterzureden«, sagte Makaroff und setzte sich Monika gegenüber in einen weichen Ledersessel. »Du bleibst hier und kannst tun, was du willst. Dein Schlafzimmer kannst du von innen abschließen. Es hat keine Geheimtüren, auch keine versteckte Bodenklappe. – Denkst du an deinen Vater?«
    Diese Frage war wie ein Schuß. Monika zuckte zusammen.
    »Nein!« antwortete sie schroff. »An ihn nicht. Aber an Mama.«
    »Du hast sie sehr gern?«
    »Sie ist der einzige Mensch, den ich liebe.«
    »Warum?«
    »Warum? Warum?! Ist das eine Frage? Mama lebt in dieser verdammten Welt wie eine Heilige! Darum wird sie auch betrogen und merkt es nicht, weil Betrug für sie kein Begriff ist.«
    »Siehst du sie nicht ein wenig zu idealistisch?« fragte Makaroff.
    »Lieben Sie Ihre Mutter nicht?«
    »Ich kenne sie nicht. Sie wurde 1944 von deutschen Soldaten erschossen. Ich war vier Monate alt und lag in einer Höhle. Zusammen mit dreiunddreißig Frauen, neunzehn Männern und noch zwölf anderen Kindern. Sie bildeten eine Partisaneneinheit, hoch oben in den Bergen. Meine Mutter wurde gefaßt, als sie im Tal Lebensmittel für uns holen wollte, vor allem Milch für die Kinder, auch für mich. Man hat sie sofort erschossen. – Das hat man mir alles später erzählt und auch Bilder meiner Mutter gezeigt. Sie war eine schöne Frau. Mein Vater überlebte, zog mich groß und wurde sinnigerweise von den Russen erschossen, weil er – patriotisch wie er nun mal war – an eine Hauswand malte: Freiheit für alle Völker! – Da war ich fünfzehn und mußte mich allein durchboxen.«
    »Sie reden wie mein Vater!« sagte Monika mit saurer Miene. »Immer das große Alibi Krieg. Für alles! Für das Schuften, für den Wohlstand, für die kapitalistische Revanche, für Fressen, Saufen, Reisen, Huren … Es gibt ja nichts, was ihr mit eurem Krieg nicht motivieren könnt! Ihr armen Säue – was hättet ihr wohl gemacht, wenn es keinen Krieg gegeben hätte? Wie beschissen ständet ihr dann da! An nichts könntet ihr euch anklammern, mit nichts könntet ihr uns belehren, wie wertvoll es ist, zufrieden und vollgefressen zu sein!«
    »Ich müßte dir jetzt eine runterhauen!« sagte Makaroff ernst.
    »Das Double meines Vaters!

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