Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Märchengeschöpf entkleiden kann, in dem Genuß schwelgend, etwas so Kostbares allein zu besitzen. Der kleine Partisanenjunge aus den Bergen, der nichts besaß als ein Hemd und zerrissene Hosen.
    Sie suchte sich eines der Nachthemden aus, zog Jeans und Schlüpfer herunter, warf den BH weg und streifte sich das Hemd über. Es bedeckte zwar ihren Körper, aber ihre Nacktheit schimmerte durch. Sie drehte sich vor dem breiten Spiegel und begeisterte sich selbst an dem lockenden Anblick, an dem perlmuttenen Schimmer ihrer Haut, an den Rundungen der Hüften und Schenkel und der Straffheit ihrer Brüste. Sie schleuderte die Schuhe von sich und schlüpfte in goldbestickte orientalische Schnabelpantöffelchen, zog einen leichten Seidenmantel über und trippelte vor dem Spiegel hin und her, mit den dummen, unnatürlichen, gezierten Bewegungen eines Mannequins. Sie fand es köstlich, lachte ihr Spiegelbild an und nahm sich vor, Makaroff zu bitten, ihr diese Kombination zu schenken.
    Dann kehrte sie in die große Wohnhalle zurück, ging zur Bar und suchte nach einer Flasche Mineralwasser. Das erste, was sie fand, in einer Schublade über dem Kühlschrank, die sie aus Neugier aufgezogen hatte, war eine ziemlich große Pistole. Mit spitzen Fingern berührte sie die Waffe, nahm sie dann vorsichtig in die Hand, betrachtete sie von allen Seiten, legte den Zeigefinger über den Abzug, hob die Pistole in Augenhöhe und zielte mit ausgestrecktem Arm gegen das Fenster zum Garten. Es war das erstemal, daß sie eine Pistole in der Hand hielt. Sie wußte zwar, daß ihr Vater eine Waffe besaß, ein Überbleibsel aus der Militärzeit, geliebte Kriegserinnerung, wie so vieles, aber sie hatte sie nie sehen, geschweige denn berühren dürfen.
    Fast mit Ehrfurcht legte sie die Pistole zurück in die Schublade, untersuchte den weiteren Inhalt, fand ein Mixbuch ›Die 100 besten Bar-Rezepte‹, drei lange Rührlöffel, ein kleines Haarsieb und ganz hinten in der Schublade ein billiges Pappkästchen. Sie schüttelte es am Ohr, es klapperte darin, als seien es Ansichtskarten, aber als sie den Deckel abhob, waren es Fotos. Im dämmrigen Barlicht sah sie zunächst nur, daß es Pornoaufnahmen waren. Ein Mann und eine Frau auf und vor einem prunkvollen Bett, in Situationen, die sie von ihrer Bewacherfunktion bei Bibi kannte. Tarif: Von hundert Mark an aufwärts.
    Monika fand auch die Flasche Mineralwasser, klemmte das Pappkästchen unter den Arm, ging zu einem Sessel am Fenster und setzte sich. Sehen wir uns das mal an, dachte sie, was der Pascha Makaroff da gesammelt hat und was ihn so begeistert. Eigentlich fand sie es enttäuschend, daß Makaroff solche Bilder nötig hatte, um in Stimmung zu kommen oder sich damit die Einsamkeit zu vertreiben. Es paßte nicht zu ihm, der so traumhafte Negligés im Schrank hängen hatte und immer darauf vorbereitet war, eine Frau zu verwöhnen. Solche Fotos machten ihn zum kleinen miesen Spießer, der heimlich mit roten Ohren in den Sexmagazinen blättert und sich unerfüllbaren Wunschträumen hingibt. Hatte Makaroff das nötig?
    Sie hob den Deckel wieder ab, nahm das erste Foto heraus und hielt es ins Licht. Dann begann sie heftig zu zittern, rutschte aus dem Sessel auf die Knie, schüttete alle Fotos auf den Teppich, zerteilte sie mit fliegenden Händen, sortierte sie, legte sie nebeneinander … Dann faltete sie die Hände, führte sie zum Mund und biß in die weiß gewordenen Knöchel.
    Eine Heilige starb. Ein Engel stürzte.
    Als sie ein Bild vom Boden riß, es in der Faust zerknüllte und es sich in sinnlosem Vernichtungsdrang in den Mund stopfte, erstickte sie damit auch ihren Aufschrei. Mutter …
    Makaroff blickte auf, als die Tür seines Arbeitszimmers klappte. Es war der wertvollste Raum seines Hauses … eine Bibliothek mit einer langen Bücherwand. Hinter dem Schreibtisch hing, indirekt beleuchtet, ein prachtvolles Gemälde: Ein echter Monet.
    Makaroff hatte gerade mit seinem Büro telefoniert. Die kurdischen Abgesandten waren wieder erschienen, aber da keiner wußte, wo Makaroff sich aufhielt, waren sie wieder gegangen. Hinterlassen hatten sie nichts, aber Makaroff ahnte, daß es um neue Verträge gehen mußte. Die Kurden brauchten noch mehr Waffen; ihr Rundum-Partisanenkrieg war sonst nicht durchzuhalten. Vor allem brauchten sie leichte Kanonen, Panzerabwehrwaffen, Minenwerfer. Waffen, die man zerlegen und auf dem Rücken in die Berge schleppen konnte. Und wiederum würden sie mit Heroin bezahlen. Mit

Weitere Kostenlose Bücher