Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
Vom Netzwerk:
lange Nacht in dieser Kabine, mit der Du so vertraut wurdest. Selbst die Luft ist anders, irgendwie schwerer ohne Dich. Meine Augenbinde ist ein nutzloser Streifen Seide, der seinen Sinn für immer verloren hat.
    Hat man Dich in Queenstown gut empfangen? Hat man Dir Abendessen und ein warmes Bett zur Verfügung gestellt? Die Menschheit hat Kabel verlegt und damit Erdteile verbunden, die durch einen riesigen Ozean getrennt sind. Ich wünschte, die Konstrukteure fänden auch einen Weg, zwei Menschen so zu verbinden. Ich würde all meinen Besitz hergeben – und mir dazu noch Unsummen leihen –, um nie wieder ohne Nachricht von Dir zu sein.
    Dein Dir ergebener
    C.
    Mein Liebling,
    ich bin auf meinem Landsitz angekommen, dem Zuhause, das ich in nicht allzu ferner Zukunft hoffentlich mit Dir teilen werde.
    Lass Dir gesagt sein, dass das Herrenhaus vor allem als Prunkbau konzipiert wurde, das in den Besuchern Ehrfurcht und Staunen hervorrufen soll. Es ist kein gemütlicher, heimeliger Wohnsitz und wird das auch nie sein. Die Decken sind so hoch, dass es in den meisten Gesellschaftsräumen im Winter immer kalt ist, ganz egal, wie häufig man den Kohleeimer bemüht. Zum Glück ist der Flügel, den unsere Familie bewohnt, wärmer und behaglicher, und wir hatten – bis jetzt – noch keine Frostbeulen zu verzeichnen.
    Das Grundstück ist riesengroß und in seiner Aufteilung in Wälder und Gärten sehr englisch. Warst Du je im Englischen Garten in München? Wenn er Deinen Geschmack trifft, wirst Du an dem Anwesen hier Deine Freude haben.
    Dir wird aber natürlich der Steinbruch am besten gefallen. Ich war heute Nachmittag dort, habe die Ausgrabungswerkzeuge überprüft, die sich in einem nahegelegenen Schuppen befinden, und angeordnet, dass die Meißel geschärft werden. Sie werden für Dich bereit liegen.
    Dein Dir ergebener
    C.
    P. S.: Ich dachte, es sei am zweiten Tag leichter zu ertragen, dass wir nicht länger beieinander sind. Ich hätte mich nicht mehr täuschen können.
    Mein Liebling,
    ich schreibe Dir aus dem Haus meiner Stiefmutter in Cheshire. Die Dowager Duchess und Mr Kingston erfreuen sich bester Gesundheit und Laune. Meine Niedergeschlagenheit hat sich in ihrer ausgezeichneten Gesellschaft etwas gelegt und meine Laune gebessert. Ich wünschte, Du wärst mit mir hier: Sie sind die geistreichsten, umgänglichsten und liebenswürdigsten Freunde, die man sich nur wünschen kann, und Du hättest sie mit deiner Ausstrahlung, deiner Wärme und deinem Esprit beeindruckt. Ich wäre der stolzeste Mann auf Erden gewesen.
    Dein Dir ergebener
    C.
    P. S.: Ich gewöhne mich langsam an den Schmerz in meiner Brust.
    Mein Liebling,
    die Dowager Duchess fragte mich vorhin, wem ich schreibe. Zum Glück sagte Mr Kingston im selben Augenblick etwas zu ihr. Ich habe ein anderes Blatt Papier hervorgezogen, und als sie schließlich dazu kam, mich erneut zu fragen, konnte ich ihr wahrheitsgemäß antworten, dass ich einem deutschen Geologen mit dem Namen Otto von Schetterling antworte.
    Ich frage mich, ob ich mich ihr offenbart hätte, wenn Mr Kingston nichts gesagt hätte. Wahrscheinlich schon: Ich habe ein schrecklich großes, kaum zu unterdrückendes Bedürfnis, von dir zu sprechen. Voller Stolz davon zu berichten, dass ich das außerordentliche Glück hatte, auf dem gleichen Ozeandampfer zu reisen wie du.
    Bisher habe ich mich zurückgehalten. Wie lange mir das weiter gelingt, weiß ich nicht.
    Ich war noch nie so glücklich und habe mich auch noch nie so elend gefühlt. Angeblich sind erst vier Tage vergangen. Doch das kann nicht stimmen: Es ist Jahrzehnte her, dass ich dich das letzte Mal sah.
    Wenn wir uns wiedersehen, wirst du einen buckligen alten Mann vorfinden. Vielleicht brauche ich sogar eine Brille, um deinen Schleier wiederzuerkennen.
    Aber eines bleibe ich für immer:
    Dein Dir ergebener
    C.
    Mein Liebling,
    heute hat mir die Dowager Duchess eine Liste junger Frauen gegeben, die sie als geeignet erachtet, meine Herzogin zu werden. Ich war kurz davor, sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass ich meine Hand bereits versprochen habe, konnte mich aber unter großen Anstrengungen davon abhalten: Sie könnte sich Sorgen darüber machen, dass ich einer Fata Morgana nachjage.
    Du bist aber keine Fata Morgana. Du bist eine echte Oase, für die es wert ist, durch die Wüste zu irren und unter der Angst zu leiden, Dich nie wiederzufinden.
    Ich werde morgen nach London aufbrechen, um die Vorbereitungen für unser Abendessen im

Weitere Kostenlose Bücher