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Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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irgendwann das zeigen lassen, was er nur für sie ausgewählt hatte, sodass der Ort der Mahlzeit in ihrer Vorstellung nicht nur ziemlich präzise, sondern historisch genau werden würde.
    Das Mittagessen mit der Familie verlief ohne Zwischenfälle. Millie und Helena erzählten von ihrer Zeit in Amerika. Fitz teilte ihnen in Kurzfassung die Neuigkeiten über ihre Freunde und Bekannten mit. Venetia war gänzlich damit beschäftigt, sich das Muster der Tapete und den eingravierten Kranz auf dem Griff ihrer Gabel einzuprägen.
    Niemand stellte peinliche oder gefährliche Fragen. Helena erkundigte sich vorsichtig nach Venetias Gesundheit, da sie ihr ungewöhnlich teilnahmslos vorkam, wie sie sagte. Herzen brachen nun mal nicht voller Elan, man musste mit Erstarrung und Abgeschlagenheit rechnen. Venetia murmelte etwas darüber, dass sie in der letzten Nacht lange gelesen hatte.
    Sie saßen wieder in Fitz‘ geschlossenem Einspänner, der sich gerade in Bewegung setzte, als sie Christian aus seiner eigenen Kutsche steigen sah. Er trug denselben schiefergrauen Mantel, den er bei ihrem ersten Morgenspaziergang an Deck getragen hatte, und denselben Gehstock mit Elfenbeinknauf. Doch er hatte abgenommen – seine Wangen waren eingefallen. Unter seinen Augen waren außerdem Ringe, als ob auch er nachts nicht hatte schlafen können.
    Die Last auf ihrem Herzen verwandelte sich in einen stechenden Schmerz. Er war in London. Wenn sie nur eine Minute später vom Mittagstisch aufgestanden wäre, wären sie einander in die Arme gelaufen.
    Beinahe angsterfüllt wartete sie darauf, dass Millie oder Helena etwas sagten. Millie hatte den Kopf jedoch in Richtung ihres Ehemanns gedreht und lauschte versunken seiner Analyse einer Haushaltsangelegenheit. Helena sah aus dem Fenster auf der anderen Seite der Kutsche und nagte an ihrer Unterlippe.
    Niemand sonst hatte ihn gesehen.
    Ihre Apathie war verschwunden, sie vibrierte förmlich vor unkontrollierbarer Energie. Als die Kutsche um eine Ecke bog und er aus ihrem Sichtfeld verschwand, konnte sie sich gerade noch davon abhalten, aus dem fahrenden Gefährt zu springen.
    Es war ein Schock gewesen, ihn zu sehen, ein elektrisierender Impuls, und nun, da er wieder verschwunden war, blieb nur noch eine große Leere.
    Helena schaute Venetia verwundert hinterher.
    Am Bahnhof hatte sie erschöpft ausgesehen. Im Savoy hatte sie wie unter Hypnose Kristallgläser und Stuckprofile angestarrt und das Geschehen um sich herum kaum mitbekommen. Nun aber rannte sie einen Augenblick, nachdem sie durch die Eingangstür gekommen waren, bereits wieder hinaus und hatte irgendeinen Unsinn von sich gegeben, dass sie angeblich ihren Fächer im Hotel habe liegen lassen.
    Sie hatte keinen Fächer dabei gehabt, und selbst wenn, hätte sie jemanden hinschicken können, um ihn zu holen. Helena hatte nur eine Erklärung für Venetias seltsames Verhalten – dass sie es noch immer nicht ertrug, daran erinnert zu werden, was in Harvard geschehen war, und das war Helenas Fehler – zumindest teilweise.
    „Da kommt Mrs Wilson mit deiner neuen Kammerzofe“, verkündete Fitz.
    Ihr Kopf ruckte hoch. „Seit wann habe ich eine neue Zofe?“
    „Seit gestern, glaube ich. Venetia sagte, du brauchst eine.“
    Das Dienstmädchen, das Mrs Wilson in den Salon folgte, war so alt wie Helena, wirkte beherrscht und scharfsichtig. Sie sah aus, als könne man sie nicht so einfach mit freien Nachmittagen bestechen. Sie wirkte auch nicht, als würde sie bei der kleinsten Ermutigung mit einem Verehrer durchbrennen. Nein, ihr stand die verantwortungsvolle zukünftige Haushälterin ins Gesicht geschrieben.
    „Susie Burns, Mylady, Miss“, sagte Mrs Wilson.
    Die Zofe knickste vor Millie, dann in Richtung Helenas.
    „Miss Fitzhughs Gepäck sollte bereits auf ihrem Zimmer sein“, sagte Millie zu Susie. „Meine Zofe kann dir zeigen, wohin alles gehört.“
    Ehe Susie ihr „Ja, Madam“ sagen konnte, kam Cobble, der Butler, ins Zimmer und verkündete: „Lord Hastings“, und schon trat der Mann ein, der an allem Schuld war.
    In ihrer Vorstellung blieb Hastings immer der kleine, hagere Störenfried, den Fitz das erste Mal mit nach Hause gebracht hatte, als sie vierzehn Jahre alt waren.
    Manchmal war sie geneigt, ihm zuzugestehen, nicht mehr klein und hager zu sein, aber er war und blieb ein Störenfried.
    „Wohin verschwindet Mrs Easterbrook denn in solcher Eile? Sie hat mich fast umgerannt“, bemerkte Hastings, während er in Millies Richtung

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