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Eine bezaubernde Braut

Eine bezaubernde Braut

Titel: Eine bezaubernde Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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Ihr habt Blut an Eurer Hand.«
    Schnell wischte sie das Blut an ihrem Rock ab, dann griff sie nach seiner Hand. Zusammen blickten sie nach unten. Gillian war gezwungen hinunterzusehen, um abschätzen zu können, wie breit der Felsvorsprung war. Sie sprach ein stilles Gebet, hielt den Atem an und rutschte über den Rand.
    Die Entfernung war nicht sehr weit, dennoch fuhr ihr der Aufprall durch sämtliche Knochen. Der kleine Junge verlor die Balance, als er neben ihr landete, und gerade noch rechtzeitig riss sie ihn zurück. Er warf sich in ihre Arme und stieß sie dabei hart gegen den Felsen. Zitternd barg er sein Gesicht gegen ihre Schulter.
    »Beinahe wäre ich hinuntergefallen.«
    »Ja, das wärst du«, stimmte sie ihm zu. »Aber jetzt sind wir in Sicherheit.«
    »Werden wir denn nicht noch weiter hinunterklettern?«
    »Nein. Wir werden hier bleiben.«
    Einige Minuten lang klammerten sie sich auf dem schmalen Vorsprung aneinander, ehe der Junge sie losließ. Er hatte sich rasch von seinem Schrecken erholt, und nach ein paar Minuten kroch er von ihrer Seite weg, um auf das breitere Ende des Felsvorsprungs zu gelangen, das sich unter einem breiten Felsüberhang verbarg.
    Er sah sehr erfreut aus, verschränkte die Beine unter sich und winkte ihr, zu ihm zu kommen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich werde hier bleiben.«
    »Aber es wird regnen, und Ihr werdet ganz nass werden. Es ist nicht schwer. Ihr dürft nur nicht nach unten sehen.«
    Als wolle es seine Worte noch unterstreichen, begann es in der Ferne zu donnern.
    Ganz langsam tastete sie sich auf ihn zu. Ihr Herz klopfte so laut wie eine Trommel, und sie hatte eine solche Angst, dass sie fürchtete, sie müsse sich übergeben. Das Kind schien entschieden mehr Mut zu haben als sie.
    »Wie kommt es, dass Ihr nicht nach unten schauen wollt?«, fragte er und kroch ein Stück näher an den Abgrund, um nach unten zu lugen.
    Er turnte gefährlich nahe an der Kante, und sie griff entnervt nach seinen Füßen und zog ihn daran zurück. »Tu das nicht!«
    »Aber ich möchte hinunterspucken und sehen, wo meine Spucke landet.«
    »Setz dich neben mich und gib einen Moment lang Ruhe. Ich muss nachdenken, was wir jetzt tun.«
    »Aber wieso mögt Ihr nicht nach unten schauen?«
    »Ich mag es ganz einfach nicht.«
    »Vielleicht wird Euch davon übel? Euer Gesicht ist ganz grün. Wollt Ihr Euch übergeben?«
    »Nein«, antwortete sie erschöpft.
    »Macht es Euch Angst, nach unten zu sehen?«
    Er war gnadenlos. »Warum stellst du mir so viele Fragen?«
    Er zog übertrieben die Schultern hoch. »Das weiß ich nicht. Ich tue es einfach.«
    »Ich ahne nicht, warum es mir Angst macht, nach unten zu sehen; es ist ganz einfach so. Ich sehe nicht einmal gern aus meinem Schlafzimmerfenster, weil es so hoch oben ist. Mir wird dann immer schwindlig.«
    »Sind alle englischen Ladys so wie Ihr?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Die meisten sind schwächlich«, erklärte er bestimmt. »Mein Onkel Ennis hat mir das gesagt.«
    »Dein Onkel irrt sich. Die meisten Ladys sind nicht schwächlich. Sie können all das tun, was ein Mann auch tun kann.«
    Das Kind fand ihre Bemerkung urkomisch. Es lachte so sehr, dass seine Schultern zuckten. Sie fragte sich, wie um alles in der Welt ein so kleiner Junge so arrogant sein konnte.
    Er weckte ihre Aufmerksamkeit mit einer neuen Frage. »Wie ist Euer Name, Lady?«
    »Gillian.«
    Er wartete darauf, dass sie ihn nach seinem Namen fragte, und als sie es nicht tat, stieß er sie an. »Möchtet Ihr nicht meinen Namen wissen?«
    »Ich weiß deinen Namen schon. Ich habe gehört, wie die Soldaten über dich gesprochen haben. Dein Name ist Michael, und du gehörst zu einem Clan, der von einem Mann mit dem Namen Laird Ramsey geführt wird. Du bist sein Bruder.«
    Der Junge schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Michael ist nicht mein wirklicher Name«, erklärte er. Er kuschelte sich an sie und griff nach ihrer Hand. »Wir haben einen Streich ausgeheckt, als die Männer kamen und mich gepackt haben. Sie haben mich in einen Mehlsack gesteckt.«
    »Das muss aber scheußlich für dich gewesen sein«, meinte sie. »Was für einen Streich wolltet ihr denn spielen?« Noch ehe er ihr antworten konnte, fragte sie jedoch schon weiter. »Warum hast du nicht im Stall auf mich gewartet? Es wäre alles so einfach gewesen, wegzulaufen, wenn du genau das getan hättest, was ich dir gesagt habe. Und warum hast du mich mit dem Dolch angegriffen? Du wusstest doch, dass ich deine

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