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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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habe keinen Plan. Aber Sie haben einen, behaupten Sie?«
    »Ja. Ich weiß, was zu tun ist.«
    »Dann sagen Sie ‘s mir.«
    Er klang, als schmunzle er. »Das werde ich gern tun, aber am Telefon geht das nicht.«
    Was sollte das für ein Plan sein? Er bluffte doch, genau wie Lorenzo. Es gab keinen solchen Plan. Es gab nichts, was man tun konnte, so sah es aus.
    »Wir müssen uns treffen«, sagte der Unbekannte. »So bald wie möglich.«
    »Ich denke darüber nach«, erwiderte John und legte auf.
     
    Er fühlte sich rastlos, eingesperrt in einem goldenen Käfig, fühlte das Vermögen wie eine monströse, unsichtbare Last an sich zerren. Eine Billion Dollar. Unvorstellbar viel Geld. Eintausend Milliarden. Eine Million Millionen. Eine solche gewaltige Masse Geld, auf einen wirkungsvollen Punkt konzentriert, für einen wohl durchdachten Plan verwendet – das fühlte sich schon an wie ein Vorhaben, das die Räder der Geschichte in ein anderes Gleis zwingen konnte.
    Aber welcher Punkt war denn der wirkungsvollste? Gab es einen solchen Punkt überhaupt – oder war es schon zu spät, um noch etwas am Lauf der Dinge zu ändern?
    Er lief ruhelos durch das große Haus, versuchte im Whirlpool Entspannung zu finden und sprang doch wieder hinaus, kaum dass das Wasser heiß war, stand auf der Terrasse, schaute aufs Meer hinaus und sah es doch nicht.
    In den dunkelsten Augenblicken sagte er sich, dass es zumindest ihn nicht treffen würde. Mit all seinem Geld konnte er sich und die, die ihm nahe standen, bis zum Äußersten schützen. Er würde noch sauberes Wasser haben, wenn ringsum Krieg darum tobte. Er konnte einen sauberen Flecken Erde kaufen und verteidigen lassen bis zuletzt. Er konnte Bunker bauen lassen, wenn es sein musste. Er würde zu jeder Zeit die beste medizinische Versorgung erhalten, die es gab. Er konnte kaufen, engagieren, bestechen, egal was geschah.
    In einem dieser dunklen Augenblicke wurde ihm plötzlich klar, was die Prophezeiung gemeint hatte. Die Menschen haben ihre Zukunft verloren. Dieses Gefühl war gemeint: diese angstvolle Ahnung, dass von nun an alles nur noch schlechter werden und schließlich ganz aufhören würde. Dieses Wegblicken in eine romantisch verklärte Vergangenheit oder in eine rauschhaft umtriebige Gegenwart, nur um nicht an die Zukunft denken zu müssen, eine Zukunft, die ein unsagbar schwarzes Loch war, auf das die Menschen unentrinnbar zutrieben.
    Die Menschen hatten ihre Zukunft verloren. Irgendwann, irgendwie war sie ihnen abhanden gekommen. Sie hatten den Glauben an ihre Zukunft verloren, und hieß es nicht, der Glaube versetze Berge? Möglich, dass er auch Zivilisationen untergehen ließ.
    Nur noch raffen. Hauptsache ich. Solange es noch geht. Egal was danach kommt, denn danach kommt ja nichts mehr. Nur jetzt noch rausholen, was drin ist, noch so gut leben, wie es sich machen lässt, ehe alles den Bach runtergeht. War das nicht die Stimmung, die allem zugrunde lag, was geschah? Wenn einer davon anfing, was im Jahr 2100 sein würde – den lachte man doch aus, oder? Zu glauben, es könne im Jahr 2100 überhaupt noch irgendwas geben außer einem rußschwarzen Himmel, stinkenden Gewässern und vielleicht ein paar Kakerlaken, die alles überlebten, selbst den Fallout von Atombomben, galt doch als Zeichen hochgradiger Naivität…
    Irgendwo auf seinen ruhelosen Wanderungen fand John eine Flasche, die er mitnahm ins Wohnzimmer, eine Flasche starken, alten Portweins, die sicher sündhaft teuer gewesen war und die er andachtsvoll leerte, Glas um Glas, während über ihm die Sonne unterging. Das endlich brachte das Karussell seiner Gedanken zum Stillstand.
     
    Unter den Büchern, die kistenweise angeliefert wurden, stieß John auf eines zum Thema Übervölkerung, das geschrieben worden war, als er fünf Jahre alt gewesen war. Marvin musste es in einem Antiquariat aufgestöbert haben. Fragen konnte er ihn nicht, denn sein Sekretär für alles und nichts glänzte durch Abwesenheit, ebenso wie die versprochenen Regale in der Bibliothek.
    Er blätterte es durch, betrachtete die zahlreichen Diagramme und Formeln, las hier und da ein wenig. Viel verstand er nicht, nur, dass der Verfasser, offenbar ein bedeutender Fachmann, so ziemlich alles infrage stellte, was man gemeinhin über das Bevölkerungswachstum zu wissen glaubte. Was, fragte er, ist eigentlich Über völkerung? Warum gilt Kalkutta als übervölkert, Paris aber nicht? Bangladesh ist so dicht besiedelt wie Malta – also berechtigt

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