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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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so geschäftstüchtig sind«, sagte Wilfried van Delft säuerlich.
     
    Die Bibliothek machte noch langsamere Fortschritte, als John befürchtet hatte. Nach fast einer Woche hatte Marvin in dem Raum, den die übrigen Hausangestellten noch am selben Tag, nachdem John den Umbau beschlossen hatte, leergeräumt hatten, gerade mal ein kümmerliches Regal aufgestellt und etwa dreißig Bücher darauf verteilt, allesamt esoterische Titel, die die Wiederkehr der UFOs versprachen, die Prophezeiungen des Nostradamus zum bevorstehenden Weltuntergang erläuterten oder die Rückkehr zum Nomadentum forderten.
    »Ich wollte wissenschaftliche Bücher! Physik. Biologie. Soziologie. Wirtschaft. Keinen solchen Quatsch.«
    Marvin lag auf dem Sofa und las in einem Buch mit dem Titel Die großen Verschwörungen. »Sind bestellt, reg dich ab«, meinte er, ohne aufzusehen. »Das hatten sie halt da, und ich dachte, zur Abrundung schadet es nichts. Auf die Weise kannst du dich mal mit ein paar Gedanken vertraut machen, die aus dem konventionellen Denkraster rausfallen, oder?«
    John musterte die Umschläge der beiden Bücher in seinen Händen. »Weder der Glaube an Nostradamus noch der an UFOs kommt mir besonders unkonventionell vor.«
    »Das hier ist zum Beispiel schon mal sehr aufschlussreich«, meinte Marvin und hob seine Lektüre in die Höhe. »Wenn das stimmt, was hier steht…«
    »… was zum Glück nicht der Fall ist…«, knurrte John.
    »… dann bist du in Wirklichkeit das Opfer einer Verschwörung!«
    John verdrehte die Augen. »Irgendwie wusste ich, dass du das sagen würdest.«
    »Der Stichtag verrät es. Der dreiundzwanzigste April. Die 23 ist die Symbolzahl der Illuminati. Das ist die geheimste Verschwörung der Welt – die haben alles und jedes unterwandert, um die Weltherrschaft an sich zu reißen.«
    »Wenn sie so geheim sind, wieso steht dann alles in diesem Buch?«
    »Na ja, es ist eben immer wieder was durchgesickert. Kennedy zum Beispiel ist ihnen gefährlich geworden, deswegen haben sie ihn umbringen lassen. An einem Dreiundzwanzigsten, um allen, die Bescheid wissen, ihre Macht zu demonstrieren.«
    John musterte ihn skeptisch. »Wenn ich mich recht entsinne, war das Attentat am zwei undzwanzigsten November.«
    »Echt?« Marvin stutzte. »Komisch. Vielleicht haben sie sich vertan. Die lassen alles durch Helfershelfer machen, weißt du, und vielleicht haben die sich nicht genau an die Instruktionen gehalten.«
    »Ah ja«, nickte John. »Kann ich mir lebhaft vorstellen, was sie für Sorgen mit denen haben. Hast du übrigens schon ein Konto eingerichtet?«
    »Nope. Hab’s vergessen.«
    »Wenn du je eins haben solltest, gib die Nummer bitte doch mir, nicht Jeremy. Okay?«
    Beim Anblick des traurigen Bücherregals war ihm klar geworden, dass er den offenen Aufruhr provozierte, wenn die Hausangestellten erfuhren, was für ein fürstliches Gehalt er Marvin fürs Faulenzen zahlte. Er würde das an Jeremy vorbei regeln müssen, von einem anderen Konto aus, an denen zum Glück ja kein Mangel herrschte.
    Aber er fühlte sich nicht gut dabei. Im Prinzip bestrafte er diejenigen, die ehrlich für ihn arbeiteten. Genau wie sein Vater gesagt hatte.
    Marvin nickte gähnend. »Alles klar.«
     
    Später, als Marvin zu einer Verabredung mit Constantina verschwunden war, bezog John wieder den Platz auf der Terrasse, den er sich seit ein paar Tagen unter einem gelben, straff gespannten Sonnensegel eingerichtet hatte: Tisch und Stuhl, Schreibmaterial, ein italienisch-englisches Wörterbuch und eine Kopie von Lorenzos Artikel. Er hatte beschlossen, den Text selber ins Englische zu übersetzen, erstens um ihn leichter lesen zu können und zweitens, weil er hoffte, dass er ihn auf diese Weise besonders gründlich verstehen würde.
    Es ist vor einigen Jahren so viel – und so viel Deprimierendes – zum Thema »Grenzen des Wachstums«, die Zukunft der Menschheit und so weiter geschrieben und gesagt worden, dass die Leute die Nase voll davon bekommen haben. Niemand wollte mehr derartige Bücher und Artikel lesen, deshalb erschienen keine mehr. Und weil nichts mehr erschien, hat man heute das Gefühl, es sei alles gar nicht so schlimm, wie man früher gemeint hat.
    Aber dieses Gefühl täuscht. Die Generation unserer Eltern – diejenigen, die kurz nach dem Krieg geboren sind, sich zur Musik von David Bowie, Pink Floyd und Abba verliebt haben und von Papst Paul VI. am Geschlechtsverkehr gehindert wurden – hat das goldene Zeitalter der

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