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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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glauben an ihn.«
    »Ja. Ich weiß.« John wandte sich ihm zu, fasste ihn am Arm und sah ihm in die Augen. »Ich danke Ihnen, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben, Alberto. Sie werden es vielleicht seltsam finden, aber jetzt geht es mir besser.« Er machte eine einladende Bewegung mit dem Kopf. »Kommen Sie, gehen wir ins Haus zurück und trinken wir einen Cappuccino.«
     
    Serbische Streitkräfte hatten ein Fernsehzentrum in Sarajewo beschossen. In Südkorea hatten zum ersten Mal seit 35 Jahren Kommunalwahlen stattgefunden, die zu einem Triumph für die Opposition geworden waren. Die amerikanische Raumfähre Atlantis hatte zum ersten Mal an die russische Raumstation MIR angedockt. Und der Berliner Reichstag war immer noch verhüllt.
    John las die Zeitung mehr aus Langeweile als aus wirklichem Interesse. Seit Jeremy sich um sein leibliches Wohl kümmerte, fühlte sich die Zeitung anders an, als John das gewohnt gewesen war, und als er einmal nachfragte, hatte er erfahren, dass der Butler die Zeitung jeden Morgen sorgfältig bügelte – dadurch lasse sich die Zeitung viel angenehmer blättern, und die Druckerschwärze färbe nicht mehr ab! John war so verblüfft gewesen, dass er Jeremy gewähren ließ, und mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt.
    »Entschuldigen Sie, Sir.« Jeremy stand steif wie ein Stock in der Wohnzimmertür. »Ein gewisser Marvin Copeland ist da und wünscht Sie zu sprechen.« Als habe er Zweifel, ob John etwas mit dem Namen anfangen könnte, fügte er hinzu: »Ich erinnere mich, dass er auf Ihrer Einzugsparty anwesend war, Sir.«
    »Marvin?« John legte die gebügelte Zeitung beiseite. »Er ist hier?«
    »In der Eingangshalle, Sir.«
    Tatsächlich, da stand er, schief und bleich, den Matchsack über der Schulter. »Hi, John«, sagte er. »Ich hoffe, ich störe nicht bei irgendwelchen Geschäften.«
    Sie umarmten sich, wie in alten Zeiten. »Hi, Marv«, sagte John. »Wo hast du denn gesteckt?«
    »Na ja…« Marvin ließ den Matchsack ab. »Ich hab doch auf deiner Party diese Frau kennen gelernt, Constantina. Bei der war ich.«
    John nickte. Eduardo hatte ihm so etwas erzählt. »Danke, dass du die Uhr mitgebracht hast.«
    »War doch klar. War doch mein Auftrag, oder?«
    »Komm, gehen wir in den Salon. Willst du was trinken? Oder was essen?«
    Marvin folgte ihm schlurfend, sah sich um dabei. »Was zu essen wäre toll. Das hab ich ein bisschen vernachlässigt.«
    »Kein Problem. Ich sag der Küche Bescheid.« John nahm den Hörer des nächstgelegenen Hausapparats ab und wählte die Nummer der Küche. »Soll es was Bestimmtes sein?«
    »Egal«, erwiderte Marvin. »Hauptsache viel und gut.« Er betastete ein Sideboard aus Kirschholz. »Hübsch hast du’s hier. Ist mir gar nicht aufgefallen auf der Party. Ziemlich geräumig. Meinst du, du kannst mich in irgendeinem Eckchen ein paar Tage unterbringen?«
    »He, ich hab so viele Gästezimmer, ich könnte eine ganze Fußballmannschaft unterbringen. Bleib, solang du willst. Gustave?«, rief John, als der Koch abnahm. »Ich habe einen Gast, der dicht vor dem Verhungern steht. Würden Sie rasch was Gutes zaubern? Was Sie da haben und was schnell geht. Und satt macht. Danke.«
    Als er sich umdrehte, stand Marvin da und musterte ihn mit einem seltsamen Blick. »Du hast das schon ganz gut drauf«, sagte er. »Diesen Kommandoton, meine ich. Wie du deine Domestiken umherscheuchst.«
    »Findest du?« John runzelte die Stirn und rekapitulierte, was er zu Gustave gesagt hatte und in welchem Ton. Eigentlich war ihm das ganz normal vorgekommen. Wie hätte er es anders sagen sollen?
    »Vergiss es«, winkte Marvin ab.
    Als sie in den Salon kamen, fuhren die Jalousien gerade automatisch hoch und gaben einen atemberaubenden Blick frei auf das Meer und die Sonne, die glutrot den Horizont berührte. Marvin blieb im Durchgang stehen wie angewurzelt, als könne er nicht fassen, was er sah.
    »Willst du was trinken?«, fragte John behutsam.
    Marvin löste sich aus seiner Starre, mühsam. »Was heißt wollen?«, fragte er und wirkte benommen dabei. »Ich muss. Anders ist es nicht zu ertragen.«
    »Was?«
    »Whisky, wenn du hast. Ach, hast du bestimmt. Du hast ja jetzt alles.«
    Das hatte John mit seiner Frage eigentlich nicht gemeint, aber er sagte nichts.
    Während er die Drinks eingoss, musterte er den Freund im Spiegel des Barfachs. Marvin wirkte verändert. Vermutlich hatte Constantina ihn schließlich hinausgeworfen, warum sonst wäre er mit Sack und Pack

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