Eine Braut fuer den italienischen Grafen
Liebe ein Leben lang vorenthalten! Vittorio lachte ungläubig auf. „Glaubst du das wirklich?“
Constantia sah ihn verblüfft an.
Doch er schüttelte nur müde den Kopf. Für eine Erklärung reichte seine Kraft an diesem Abend nicht mehr. „Weißt du, wo Ana ist?“
„Du wirst ihr das Herz brechen und sie zerstören …“
Gern hätte Vittorio ihr widersprochen, doch das konnte er nicht. „Was kümmert es dich?“
„Sie ist eine gute Frau.“
„Zu gut für mich, deiner Meinung nach?“
Constantia seufzte ungeduldig. „Ich weiß, dass ich dir gegenüber viele Fehler begangen habe. Das bedauere ich sehr. Deine Ehe kann jedoch zu noch mehr Elend führen. Meinst du nicht, es gibt in unserer Familie schon genug Leid?“
Und wer ist dafür verantwortlich? dachte Vittorio wütend. „In diesem Punkt gebe ich dir recht. Aber findest du es nicht paradox, wenn ausgerechnet die Urheberin all unserer Probleme versucht, diesen ein Ende zu bereiten.“
Sie sah ihn an, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst. „Ich weiß, dass du mir die Schuld gibst …“
„Sprichst du von deinem Versuch, mir mein Erbe streitig zu machen? Deinem Bestreben, die Familie vor Gericht zu zerren, damit mein Bruder den Titel erbt?“
Bei diesen Worten richtete sie sich zu ihrer ganzen Größe auf und sah ihm freimütig in die Augen. „Ja, genau davon spreche ich. Ich weiß, dass du mir nie vergeben wirst.“
„Es fällt schwer, das Messer im Rücken zu vergessen.“ Noch heute konnte er sich an den Schock erinnern, den er damals erlitten hatte. Gerade von der Beerdigung seines Vaters zurückgekehrt, hatte er entdeckt, dass seine Mutter in der Zwischenzeit einen Anwalt damit beauftragt hatte, dessen Testament anzufechten. Bernardo sollte alles erben. Damals hatte er zum ersten Mal verstanden, dass seine Mutter ihn nicht nur nicht mochte, sondern geradezu verachtete.
„Nein, das vergisst man nicht“, erwiderte sie ruhig. „Doch wenn ein Mann seiner eigenen Ehefrau die Liebe verweigert, fühlt sich das nicht an wie ein Messer im Rücken. Es ist ein Stich direkt ins Herz. Ich bitte dich nicht um meinet-, sondern um ihretwillen: Tu deiner Frau nicht weh!“
„Schöne Worte!“, schnaubte Vittorio. Wütend war er nun nicht mehr, doch unendlich müde. „Jetzt nimmst du also meine Frau in Schutz.“
„Ich weiß, wie ihr zumute ist.“
Constantia warf ihm noch einen düsteren Blick zu, machte kehrt und verließ den Salon, während Vittorio noch über ihre letzten Worte nachgrübelte. Wollte sie damit andeuten, sie hätte seinen Vater geliebt? Diesen Eindruck hatte er damals nicht gehabt. In seinen Augen waren seine Eltern eine Vernunftehe eingegangen, genau wie er, doch ihre Heirat hatte in Wut und Hass geendet. Er wollte nicht einmal daran denken, dass ihm und Ana dasselbe passieren könnte.
Wenigstens wusste er jetzt, wieso er sich heute Nacht an seine Kindheit erinnert hatte. Es hing mit Ana zusammen. Sie hatte eine Saite in ihm zum Klingen gebracht, ihn berührt, wie noch niemand zuvor, mit der Folge, dass er sie begehrte, sie brauchte.
Der nächste Schritt hieße dann … Liebe?
Er fluchte.
„Vittorio?“
Erschrocken fuhr er herum. Ana stand an der Tür, das Gesicht beinahe ebenso weiß wie ihr Kleid.
„Wie viel hast du gehört?“, fragte er abrupt.
„Genug. Zu viel!“
„Ich hatte dich gewarnt. Unsere Familiengeschichte ist unerfreulich!“ Vittorio trat an einen Getränketisch und schenkte sich einen Whisky ein.
„Möchtest du auch einen?“
„Nein. Ich will mit dir reden.“
Er goss ein Glas voll, trank und genoss die Wärme, die der Alkohol ihm spendete. Dabei hielt er Ana gespielt gleichgültig den Rücken zugewandt. „Worüber möchtest du mit mir sprechen?“, fragte er. Dass sein Verhalten unhöflich, sogar unfreundlich war, wusste er, doch er konnte nicht anders. Der Wortwechsel mit seiner Mutter, die Emotionen, die Ana in ihm hervorrief … All das verwirrte ihn und jagte ihm Angst ein.
Und damit kam er nicht zurecht.
Ana beobachtete ihren Ehemann, der scheinbar gelangweilt aus dem Fenster blickte. Sie begriff, dass er zutiefst verletzt worden war, auch wenn sie nicht alles verstand, worüber er mit Constantia gesprochen hatte, und die Ursache seiner Qualen nicht kannte. Eines jedoch wusste sie gewiss: Bevor Vittorio mit seiner Vergangenheit im Reinen war, gab es für ihre Ehe keine Chance.
„Was ist damals schiefgegangen?“, fragte sie ruhig.
Damit hatte er nicht gerechnet. Er senkte den
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