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Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Titel: Eine dunkle Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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erst abgewandt, als er Siéyès und den Fürsten von Talleyrand beiseite geschoben sah. Binnen drei Tagen organisierte Fouché die allgemeine Angst, die auf ganz Frankreich lastete und die republikanische Tatkraft von 1793 wieder belebte. Dabei verbarg er die Hand, die die Asche dieses Feuers schürte.
    Da dieser dunkle Winkel unserer Geschichte aufgehellt werden muß, will ich Ihnen sagen, daß diese von ihm ausgegangene Agitation – denn er hielt alle Fäden der früheren Bergpartei in Händen – die republikanischen Verschwörungen hervorrief, die das Leben des Ersten Konsuls nach seinem Siege bei Marengo bedrohten. Das Bewußtsein des Unheils, das er angerichtet hatte, gab ihm die Kraft, Bonaparte trotz dessen gegenteiliger Meinung klarzumachen, daß die Republikaner mehr an diesen Unternehmungen beteiligt seien als die Royalisten. Fouché war ein wunderbarer Menschenkenner; er zählte auf Siéyès, weil dessen Ehrgeiz getäuscht war, auf Talleyrand, weil er ein vornehmer Herr war, auf Carnot wegen seiner tiefen Ehrlichkeit; aber er fürchtete den Mann von heute Abend, und folgendermaßen wickelte er ihn ein. Damals war es bloß Malin, Malin, der mit Ludwig XVIII. im Briefverkehr stand. Der Polizeiminister zwang ihn, die Proklamationen der revolutionären Regierung zu verfassen, ihre Akte, ihre Erlasse, die Ächtung der Parteigänger des achtzehnten Brumaire. Mehr noch, dieser Mitschuldige wider Willen ließ sie in der nötigen Anzahl drucken und hielt sie in Ballen in seinem Hause bereit. Der Drucker wurde als Verschwörer verhaftet, denn man suchte sich einen revolutionären Buchdrucker aus, und die Polizei ließ ihn erst nach zwei Monaten wieder frei. Dieser Mann ist 1816 gestorben; er glaubte noch an eine Verschwörung der Bergpartei. Eine der merkwürdigsten Szenen, die Fouches Polizei gespielt hat, ist unweigerlich die, welche der erste, bei dem berühmtesten Bankier jener Zeit eingetroffene Kurier hervorrief, der den Verlust der Schlacht bei Marengo meldete. Das Glück erklärte sich, wie Sie wissen, erst um sieben Uhr abends für Napoleon. Gegen Mittag hielt der Agent, den der damalige Finanzkönig auf den Kriegsschauplatz geschickt hatte, die französische Armee für vernichtet und schickte schleunigst einen Kurier ab. Der Polizeiminister ließ die Anhefter der öffentlichen Anschläge und die Ausrufer holen, und einer seiner Vertrauten kam mit einem Rollwagen an, der mit den Drucksachen beladen war, als der Kurier vom Abend, der sich außerordentlich beeilt hatte, die Siegesnachricht brachte, die Frankreich in einen wahren Taumel versetzte. An der Börse gab es große Verluste. Die Ansammlung der Anschläger und Ausrufer, die die Ächtung, den politischen Tod Bonapartes verkünden sollten, wurde in Schach gehalten und man wartete, bis die Proklamation und das Plakat gedruckt waren, worin der Sieg des Ersten Konsuls in den Himmel gehoben wurde. Malin, auf den die ganze Verantwortung für das Komplott fallen konnte, erschrak derart, daß er die Ballen auf Karren lud und sie bei Nacht nach Gondreville schaffte, wo er diese unheilvollen Papiere zweifellos in den Kellern seines Schlosses begrub, das er unter dem Namen eines Mannes .... er hat ihn zum Präsidenten eines Kaiserlichen Gerichtshofes gemacht ... er hieß Marion ... gekauft hatte! Dann kehrte er rechtzeitig nach Paris zurück, um den Ersten Konsul zu beglückwünschen. Wie Sie wissen, eilte Napoleon nach der Schlacht bei Marengo mit furchtbarer Schnelligkeit von Italien nach Frankreich, aber für die, welche die geheime Geschichte jener Zeit gründlich kennen, steht es fest, daß die Ursache seiner Schnelligkeit eine Botschaft Lucians war. Der Minister des Innern hatte die Haltung der Bergpartei halb erkannt und fürchtete das Gewitter, ohne zu wissen, woher der Wind blies. Napoleon, der die drei Minister nicht beargwöhnen konnte, schrieb diese Bewegung dem Haß zu, den sein Bruder am achtzehnten Brumaire erregt hatte, sowie dem festen Glauben der von 1793 Übriggebliebenen an eine unabänderliche Niederlage in Italien. Die Rufe in Saint-Cloud: ›Tod dem Tyrannen!‹ hallten noch immer in Lucians Ohr. Die Schlacht bei Marengo hielt Napoleon bis zum 25. Juni auf den Schlachtfeldern der Lombardei zurück; am 2. Juli kam er in Frankreich an. Nun stelle man sich die Gesichter der fünf Verschwörer vor, als sie den Ersten Konsul in den Tuilerien zu seinem Siege beglückwünschten. Fouché sagte im Salon selbst zu dem Tribunen – denn dieser

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