Eine dunkle Geschichte (German Edition)
Malin, den Sie vorhin sahen, hat auch etwas den Tribunen gespielt –, er solle noch abwarten, es sei noch nicht alles zu Ende. In der Tat schien es Herrn von Talleyrand und Fouché nicht, als sei Bonaparte mit der Revolution so eng verschwistert wie sie selbst, und zu ihrer eignen Sicherheit ketteten sie ihn durch die Erschießung des Herzogs von Enghien daran fest. Die Hinrichtung des Herzogs hängt durch greifbare Verästelungen mit dem zusammen, was während des Marengofeldzuges im Ministerium des Auswärtigen angesponnen worden war. Heute ist es sicherlich klar für jeden, der gut unterrichtete Leute gekannt hat, daß Bonaparte von Herrn von Talleyrand und von Fouché wie ein Kind gegängelt worden ist. Sie wollten ihn unwiderruflich mit dem Hause Bourbon entzweien, dessen Abgesandte damals Versuche beim Ersten Konsul machten.«
»Als Talleyrand seine Whistpartie bei der Herzogin von Luynes spielte,« sagte einer der Zuhörer, »zog er um drei Uhr Morgens seine Uhr, unterbrach das Spiel und fragte seine drei Mitspieler plötzlich und ohne Übergang, ob der Prinz von Condé noch andre Kinder hätte als den Herzog von Enghien. Eine so wunderliche Frage aus dem Munde des Herrn von Talleyrand erregte größte Überraschung.
›Warum fragen Sie uns nach etwas, was Sie so genau wissen?‹ fragte man ihn. ›Um Ihnen mitzuteilen, daß das Haus Condé in diesem Augenblicke erlischt.‹ Nun war Herr von Talleyrand seit Beginn des Abends im Hause Luynes' und wußte zweifellos, daß Bonaparte außerstande war, den Herzog zu begnadigen.«
»Aber,« sagte Rastignac zu de Marsay, »ich sehe bei alledem nichts von Frau von Cinq-Cygne.«
»Ach, Sie waren noch so jung, mein Lieber, daß ich den Schluß vergaß. Sie kennen die Geschichte der Entführung des Grafen von Gondreville, die den Tod der beiden Simeuses und des älteren Bruders Hauteserre zur Folge gehabt hat. Der jüngere wurde durch seine Heirat mit Fräulein von Cinq-Cygne Graf und später Marquis von Cinq-Cygne ...«
Da mehrere Personen, denen die Abenteuer unbekannt war, de Marsay darum baten, erzählte er den Prozeß und sagte, die fünf Unbekannten seien Schnapphähne der politischen Polizei des Kaiserreichs gewesen, die den Auftrag hatten, Drucksachenballen zu vernichten, zu deren Verbrennung der Graf von Gondreville eigens gekommen war, als er das Kaiserreich für befestigt hielt.
»Ich habe Fouché im Verdacht,« sagte er, »daß er dort zugleich nach Beweisen für den Briefwechsel zwischen Gondreville und Ludwig XVIII. hat suchen lassen, mit dem er stets im Einvernehmen stand, selbst zur Schreckenszeit. Aber in dieser furchtbaren Sache hat von Seiten des Hauptagenten, der noch lebt, Leidenschaft mitgespielt. Er gehört zu den großen Handlangern, die sich nie ersetzen lassen, und hat sich durch erstaunliche Kraftproben hervorgetan. Anscheinend hat Fräulein von Cinq-Cygne ihn schlecht behandelt, als er zur Verhaftung der Simeuses erschien. Somit, Gnädigste, besitzen Sie das Geheimnis der Sache. Sie können es der Marquise von Cinq-Cygne erklären und ihr begreiflich machen, warum Ludwig XVIII. Schweigen bewahrt hat.«
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