Eine dunkle Geschichte (German Edition)
Schwarm von Generälen, Marschällen und Offizieren umringt, die alle sehr glänzend aussahen und den Wagen respektierten, eben weil er dastand.
»Mein Gott«, sagte der Marquis zu Fräulein von Cinq-Cygne, ich fürchte, wir haben eben mit dem Kaiser gesprochen.«
»Dem Kaiser?« sagte ein Generaloberst. »Da steht er.«
Nun erblickte Laurence ein paar Schritte vor sich allein den Mann, der ausgerufen hatte: »Wie kommt die Frau hierher?« Einer der beiden Offiziere, kurz, der Kaiser, trug seinen berühmten Überrock über einer grünen Uniform und saß auf einem Schimmel mit reichem Zaumzeug. Mit einem Fernrohr beobachtete er das preußische Heer jenseits der Saale. Nun begriff Laurence, warum die Kalesche stehen blieb und warum das Gefolge des Kaisers sie respektierte. Eine krampfhafte Erregung ergriff sie; die Stunde war gekommen. Sie hörte das dumpfe Geräusch und das Waffengeklirr marschierender Massen; sie besetzten im Geschwindschritt die Anhöhe. Die Batterien schienen stimmbegabt; die Munitionswagen dröhnten und das Erz funkelte.
»Der Marschall Lannes soll mit seinem ganzen Korps vorwärts Stellung nehmen; der Marschall Lefebvre und die Garde sollen diese Höhe besetzen«, sagte der andre Offizier; es war der Generalmajor Berthier.
Der Kaiser stieg ab. Bei seiner ersten Bewegung eilte Roustan, sein berühmter Mameluck, herbei, um das Pferd zu halten. Laurence war starr vor Staunen: an so viel Schlichtheit hatte sie nicht geglaubt.
»Ich werde die Nacht auf dieser Höhe verbringen«, sagte der Kaiser.
In diesem Augenblick kam der Großmarschall Duroc, den der Gendarm endlich gefunden hatte, auf Herrn von Chargeboeuf zu und fragte ihn nach dem Grund seines Kommens. Der Marquis gab zur Antwort, er werde aus einem Briefe des Ministers des Auswärtigen ersehen, wie dringlich es sei, daß sie, Fräulein von Cinq-Cygne und er, eine Audienz beim Kaiser erhielten.
»Seine Majestät wird zweifellos in ihrem Biwak speisen«, sagte Duroc und nahm den Brief. »Wenn ich gelesen habe, um was es sich handelt, werde ich Sie wissen lassen, ob es möglich ist. – Brigadier,« sagte er zu dem Gendarmen, »begleiten Sie diesen Wagen und führen Sie ihn hinter die Hütte.« Herr von Chargeboeuf folgte dem Gendarmen und hielt seinen Wagen hinter einer elenden Fachwerkhütte an, die ein paar Obstbäume umstanden und die von Infanterie- und Kavallerietrupps bewacht war.
Man kann sagen, daß die Majestät des Krieges dort in ihrem vollen Glanze strahlte. Von dieser Anhöhe erblickte man die Linien der beiden Heere im Mondschein. Nach einer Stunde des Wartens, die von der beständigen Bewegung der kommenden und abreitenden Adjutanten ausgefüllt war, kam Duroc, um Fräulein von Cinq-Cygne und den Marquis von Chargeboeuf zu holen. Er ließ sie in die Hütte treten, deren Fußboden wie der unserer Scheunentennen aus gestampftem Lehm bestand. Vor einem abgedeckten Tisch und an einem qualmenden Feuer aus grünem Holze saß Napoleon auf einem groben Stuhl. Seine kotbespritzten Stiefel bezeugten seine Ritte querfeldein. Er hatte seinen wohlbekannten Überrock abgelegt, und seine berühmte grüne Uniform, über die sein großes rotes Ordensband sich spannte, setzte sich kräftig von dem weißen Untergrund seiner Kaschmirweste und Hose ab und brachte sein bleiches, furchtbares Cäsarengesicht wunderbar zur Geltung. Seine Hand lag auf einer aufgeschlagenen Karte, die auf seinen Knien ruhte. Berthier stand in seiner glänzenden Tracht als Vizekonnetabel des Kaiserreichs neben ihm. Constant, der Kammerdiener, reichte dem Kaiser seinen Kaffee auf einem Brett.
»Was wollen Sie?« fragte er mit gespielter Schroffheit und schoß den Strahl seines Blickes über Laurences Kopf. »Sie fürchten sich also nicht mehr, mich vor der Schlacht zu sprechen? ... Um was handelt es sich?«
»Sire,« sagte sie, ihn nicht minder fest anblickend, »ich bin Fräulein von Cinq-Cygne.« »Nun?« entgegnete er mit zorniger Stimme, denn er glaubte in diesem Blick Trotz zu lesen.
»Verstehen Sie denn nicht? Ich hin die Gräfin von Cinq-Cygne, und ich bitte Sie um Gnade«, sagte sie, auf die Knie fallend, und reichte ihm das von Talleyrand entworfene Bittgesuch mit Begleitschreiben von der Kaiserin, Cambaceres und Malin.
Der Kaiser hob die Bittflehende huldvoll auf, warf ihr einen feinen Blick zu und sagte:
»Werden Sie endlich vernünftig werden? Begreifen Sie, was das französische Kaiserreich sein soll?« ...
»Ach, in diesem Augenblick begreife ich
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