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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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konnte, kann ich mir wirklich nicht erklären.«
    »Vielleicht wußten die Täter nicht, wie Dr. Svenson aussieht, sondern nur, daß er die Gruppe anführt«, warf ein anderer Beamter ein.
    »Das würde bedeuten, daß wir es mit gedungenen Mördern zu tun haben«, sagte Peter. »Fällt Ihnen spontan jemand ein, der einen professionellen Killer auf Sie ansetzen würde, Präsident?«
    »Jeder.«
    Svenson übertrieb maßlos. Auch wenn er angsteinflößend wirken mochte, wurde er von vielen bewundert, von einigen verehrt und von einer erstaunlichen Anzahl geradezu geliebt, zu der unter anderem auch Peter Shandy und Daniel Stott zählten. Was sie allerdings beide nie freiwillig zugegeben hätten, weil es ihnen fürchterlich peinlich wäre. In guten und in schlechten Tagen, bei Sonnenschein und Regen, inmitten aller menschlichen Schwächen standen sie in fester brüderlicher Treue zu ihm wie Dämon zu Pythias, Roland zu Oliver, Freimaurer zu Freimaurer, Malteser zu Malteser. Die bloße Vorstellung von Svensons Körper in jenem Maschengewirr erschütterte Peter mehr, als ihm guttat. Er wünschte sich, er hätte nicht so leichtfertig von einem mutmaßlichen Mordauftrag gesprochen.
    Das Schlimme daran war, daß der tödliche Stich sehr wohl Sinn machte, wenn man davon ausging, daß die Fallensteller geglaubt hatten, daß ihnen Svenson ins Netz gegangen war. Thorkjeld Svensons Ruf als Krieger in der Tradition der Berserker war so weit verbreitet, daß sogar eine Truppe angeheuerter Riesennetzspinnen todsicher gewußt hätte, was ihnen mit diesem Gegner bevorstand. Aber warum dann die Feuerwerkskörper? Warum überhaupt das Netz? Warum der tödliche Stoß mit dem Messer? Wäre es nicht viel einfacher gewesen, sich mit einer Elefantenbüchse in sicherer Distanz auf die Lauer zu legen?
    Aufgrund diverser merkwürdiger Zufälle war Peter Shandy inzwischen so etwas wie Balaclava Countys ureigener Gemeindedetektiv geworden. Früher oder später, so flüsterte ihm seine innere Stimme leise zu, würde er bis zum Hals in diesem verteufelten Fall stecken.
    Das Problem war, daß die Staatspolizei zwar nichts dagegen hatte, den Fall weiter zu verfolgen, aber nur wenn Polizeichef Ottermole dies ausdrücklich wünschte. Ottermole war jedoch kein Mann, der freiwillig anderen Lorbeeren überließ, mit denen er genausogut sich selbst schmücken konnte. Sobald er herausfand, was geschehen war, würde er darauf bestehen, die Nachforschungen selbst zu übernehmen, und sich dabei voll und ganz auf die Hilfe seiner genialen Mitbürger verlassen. Und wenn Fred Ottermole an geniale Mitbürger dachte, dann dachte er als erstes an Peter Shandy.
    Doch noch war es nicht soweit. Momentan hatte er es mit Haverford zu tun, der gerade sagte: »Ich weiß zwar, daß Sie alle lieber zurück nach Hause gehen würden, aber ich würde gern Ihre Aussagen zu Protokoll nehmen, solange die Erinnerungen noch frisch sind.«
    »Das ist doch selbstverständlich, Sergeant«, meinte Winifred Binks, an die Haverfords schüchterne Entschuldigung hauptsächlich gerichtet war. »Wir wollten sowieso die ganze Nacht draußen bleiben. Präsident, möchten Sie als erster aussagen?«
    »Machen Sie das lieber, Binks, schließlich war Emmerick Ihr Mann.«
    Das Leben in freier Natur ist zwar gut für die Seele, dem Teint dagegen eher abträglich. Haverford starrte zuerst auf den jugendlichen, elegant gekleideten Männerkörper, den man inzwischen von seinem Netz befreit und auf die Trage verfrachtet hatte, und dann auf die magere, grauhaarige Frau, deren gegerbtes Gesicht beinahe genauso dunkel war wie ihr schlecht gemachter Hirschlederanzug. »Sie und er sind - eh - äh -?«
    Winifred Binks ertrug seine Stotterei mit Fassung. »Präsident Svenson meint damit, daß ich verantwortlich dafür bin, daß Mr. Emmerick zu uns nach Balaclava gekommen ist, Sergeant. Es war meine Idee, hier eine Sendestation aufzubauen.«
    »Und auch Binks' Geld«, bellte Svenson.
    »Binks? Sie sind - Sie sind doch nicht etwa die verschollene Erbin des Binks-Vermögens?«
    Winifred schüttelte den Kopf. »Verschollen war ich noch nie, Sergeant. Man hat sich lediglich lange Zeit nicht für mich interessiert. Das hat sich erst geändert, als die Medien entdeckten, daß mein Großvater tot war und ich sein Geld geerbt habe. Daß ich dadurch interessanter geworden sein soll, wage ich allerdings zu bezweifeln. Ich kann Ihnen leider auch nicht viel mehr sagen, das Wichtigste wissen Sie ja bereits, nur daß Emmerick

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