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Eine Evatochter (German Edition)

Eine Evatochter (German Edition)

Titel: Eine Evatochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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hast. Ich möchte glauben, wenn wir uns öfter gesehen hätten, stände es mit uns anders als jetzt. Hättest du meine Leiden gekannt, du hättest dein Glück richtig eingeschätzt, hättest mich vielleicht zum Widerstand ermutigt, und ich wäre jetzt glücklicher. Dein Unglück ist ein unglücklicher Zufall, dem ein anderer Zufall abhelfen wird. Ich dagegen lebe in stetem Unglück. Für meinen Mann bin ich der Kleiderständer seines Luxus, das Aushängeschild seines Ehrgeizes, eine seiner befriedigten Eitelkeiten. Er besitzt für mich weder wahre Zuneigung noch Vertrauen. Ferdinand ist hart und glatt wie dieser Marmor,« sagte sie, an den Kaminmantel schlagend. »Er mißtraut mir. Alles, was ich für mich erbitten könnte, ist im voraus abgeschlagen, aber was ihm schmeichelt und seinen Reichtum verkündet, brauche ich mir nicht erst zu wünschen. Er stattet meine Zimmer aus, vergeudet Riesensummen für meine Tafel. Meine Leute, meine Theaterlogen, alles Äußere ist vom feinsten Geschmack. Seine Eitelkeit spart nichts. Er würde die Windeln seiner Kinder mit Spitzen besetzen, aber er hört ihre Schreie nicht, errät ihre Bedürfnisse nicht. Verstehst du mich? Ich bin mit Diamanten behängt, wenn ich zu Hofe gehe; in der Stadt trage ich die kostbarsten Sachen, aber für mich habe ich keinen Heller. Frau du Tillet, auf die man vielleicht neidisch ist, die im Golde zu schwimmen scheint, verfügt über keine hundert Franken. Wenn der Vater sich nicht um seine Kinder kümmert, dann noch viel weniger um ihre Mutter! Ach, er hat es mich recht roh fühlen lassen, daß er mich gekauft hat, daß meine Mitgift, über die ich nicht verfüge, ihm entrissen ist. Käme es nur darauf an, Macht über ihn zu gewinnen, vielleicht könnte ich ihn gefügig machen. Aber ich unterliege einem fremden Einfluß, dem Einfluß einer Frau von über fünfzig Jahren, die Ansprüche macht und herrscht, der Witwe eines Notars. Ich fühle es, ich werde erst bei ihrem Tode frei sein.
    »Hier ist mein Leben geregelt wie das einer Königin. Man schellt zu meinen Mahlzeiten wie in deinem Schloß. Unfehlbar fahre ich zu einer bestimmten Stunde ins Bois. Ich werde stets von zwei Lakaien in voller Livree begleitet und muß stets zur gleichen Stunde zurück sein. Statt Befehle zu geben, erhalte ich sie. Beim Ball, im Theater kommt ein Lakai zu mir und sagt: »Gnädige Frau, der Wagen ist vorgefahren.« Und oft muß ich mitten in meinem Vergnügen fort. Ferdinand würde böse werden, wenn ich mich der für seine Frau festgesetzten Etikette nicht fügte, und ich habe Angst vor ihm. Mitten in diesem verfluchten Luxus sehne ich mich zurück und finde, daß unsere Mutter eine gute Mutter war. Sie ließ uns wenigstens die Nächte, und ich konnte mit dir plaudern. Kurz, ich lebte mit einem Wesen, das mich liebte und mit mir litt. Hier dagegen, in diesem prunkvollen Hause, bin ich in einer Wüste.«

Bei diesem schrecklichen Geständnis ergriff die Gräfin ihrerseits die Hand ihrer Schwester und küßte sie unter Tränen.
    »Wie kann ich dir helfen?« fragte Eugenie leise. »Wenn er uns überraschte, schöpfte er Mißtrauen und verlangte zu wissen, was du mir seit einer Stunde erzählt hast. Dann müßte man lügen, und das ist bei einem schlauen und verschlagenen Mann schwer, er würde mir Fallen stellen. Aber lassen wir mein Unglück und denken wir an dich. Deine 40 000 Franken, Liebste, wären nichts für Ferdinand, der mit einem andern Großbankier, dem Baron von Nucingen, Millionen verdient. Manchmal bin ich bei Diners zugegen, wo sie sich Dinge sagen, bei denen man schaudert. Du Tillet kennt meine Verschwiegenheit, und so wird in meiner Gegenwart frei gesprochen; meines Schweigens ist man ja sicher. Nun, mir scheinen Morde auf der Landstraße noch Akte der Nächstenliebe im Vergleich mit gewissen Finanzplänen. Nucingen und er leben davon, daß sie andere zugrunde richten, wie ich von ihrer Verschwendung lebe. Bisweilen besuchen mich arme Opfer, von denen ich tags zuvor gehört habe, was ihnen bestimmt ist, und die sich zu Geschäften hergeben, in denen sie ihr Vermögen lassen sollen. Dann habe ich Lust, wie ein Leonardo in der Räuberhöhle zu ihnen zu sagen: ›Sehen Sie sich vor!‹ Aber was sollte dann aus mir werden? Ich schweige. Dies Prunkhaus ist eine Mördergrube. Und du Tillet und Nucingen werfen die Tausendfrankscheine zur Befriedigung ihrer Launen mit vollen Händen hinaus. Ferdinand kauft in Le Tillet die Stätte des alten Schlosses, um ein

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