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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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ist schwer«, erwiderte er.
    »Ich weiß.« Ihr Herz klopfte.
    »Ich habe gehört, was dein Bruder gesagt hat. Bei den Stechpalmen.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Über Tom. Dass es so war, wie er es sich immer gewünscht hatte … am letzten Tag, als wir alle für eine kleine Weile zusammen waren.«
    »Glaubst du?« Bernie sah ihn an. Während sie auf seine Antwort wartete, lauschte sie dem Eisregen, der auf den Schirm prasselte.
    »Du warst nicht dabei, als er mich in Dublin aufgesucht hat«, erklärte er brüsk.
    »Nein. Er hat mir nicht verraten, was er vorhatte.«
    »Er hat mir einiges erzählt.«
    »Ich weiß, es gab vieles, was er dir sagen wollte.«
    »Dazu hatte er kaum Gelegenheit. Ich bin mit Fäusten auf ihn losgegangen.«
    »Ich weiß, dass er dich geliebt hat.« Sie blickte in Seamus’ Augen. »Von Geburt an. Und vorher. Er wollte …« Sie holte tief Luft. »Er wollte dich behalten.«
    »Wirklich?«
    Bernie nickte und senkte den Kopf, so dass der Schleier über ihr Gesicht fiel und ihre Augen verdeckte. »Unbedingt, mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    »Und du wolltest nicht?«
    »So war das nicht«, flüsterte sie. »Ich war berufen, Seamus.«
    »Berufen, mich wegzugeben?«
    »Nein. Gott zu lieben und zu dienen, ins Kloster einzutreten.«
    Seamus schloss die Augen. Woran mochte er denken? Bernies Herz klopfte. Die Worte kamen aus tiefstem Herzen, aber wie mochten sie in den Ohren ihres Sohnes klingen?
    »Tom und ich mussten all die Jahre mit meiner Entscheidung leben. Es stellte sich heraus … nun, dass es für uns beide nicht einfach war. Wir haben nie aufgehört, an dich zu denken, zu beten, dass du glücklich und geliebt sein würdest.«
    Ein heftiger Wind kam auf, die Böen drohten den Schirm umzuschlagen. Seamus schwieg, damit beschäftigt, ihn wieder unter Kontrolle zu bringen.
    »Seamus, ich weiß, es war schrecklich für Tom. Das ist etwas, womit ich leben muss. Doch darüber hinaus tut es mir unsäglich leid, dass auch du unter meiner Entscheidung leiden musstest. Ich habe nie gewollt, dass du in einem Heim aufwächst. Ich dachte, du hättest Aufnahme in einer liebevollen Familie gefunden …« Sie verstummte, als sie daran dachte, wie Schwester Eleanor Marie diese Möglichkeit vereitelt hatte. Sie hatte einen Brief von Schwester Theodore erhalten, in dem es hieß, Eleanor Marie sei von ihrem Amt als Äbtissin entbunden und vor die Untersuchungskommission des Ordens zitiert worden.
    »Eine liebevolle Familie?«, sagte Seamus. Bernie verkrampfte sich. Würde er ihr nun eröffnen, dass er Star of the Sea verlassen wolle? Sie hatte die Qual in seinen Augen gesehen – und verhaltenen Zorn, noch immer, selbst jetzt, während er mit dem Regenschirm kämpfte. Sie dachte an alles, was er im Lauf der Jahre durchgemacht hatte – keine Mutter, keinen Vater, keine unbeschwerten Weihnachtsfeste im Kreis der Familie … Sie dachte an die Kindheit, die Kathleen und er gehabt hatten … Die Enttäuschung, die er bei ihr spürte, wirkte wahrscheinlich auch in ihm bis zum heutigen Tage nach.
    »Seamus«, flüsterte sie.
    Er blickte sie an, und ihr Herz klopfte. Sie hätte gerne seine Hand ergriffen und ihn zum Bleiben überredet. Wenn er Star of the Sea vor der Beisetzung seines Vaters verließ, würde dieses Kapitel für ihn nie abgeschlossen sein. Ihre Liebe zu ihm war unendlich groß, aber sie wusste, dass sie ihn gehen lassen musste, wenn es sein Wunsch war.
    »Es gibt verschiedene Arten von liebevollen Familien«, erwiderte Seamus leise.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich hatte die Schwestern.«
    »Und du hast dich von ihnen geliebt gefühlt?«
    Er nickte und machte ihr damit das größte Geschenk.
    »Von ihnen und von Kathleen.«
    Bernie schluckte. Sie hätte ihn gerne gefragt, welche Pläne er in Bezug auf Kathleen hatte, aber sie war sich nicht sicher, ob sie das Recht dazu besaß. Sie hatte die beiden in Räumen untergebracht, die sich in verschiedenen Flügeln befanden, durch den Innenhof der Academy voneinander getrennt – genau wie Schwester Anastasia damals im Kinderheim St. Augustine’s. Vielleicht hatten sie sich über den »Graben« hinweg zugewunken, der sie voneinander trennte, doch möglicherweise hatte Kathleens Schwangerschaft die Beziehung zerstört, noch bevor eine Chance bestand, sie wieder aufzubauen.
    »Wie geht es Kathleen?«, fragte Bernie.
    »Sehr gut«, antwortete Seamus zu Bernies Verwunderung.
    »Ich habe euch selten zusammen gesehen«, fuhr Bernie zögernd

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