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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sehnsuchtsvoller, alles andere als kindlicher Schauer ihren Körper. »Wir sind ihnen völlig egal«, fuhr er fort. »Sie haben uns weggegeben. Wir waren unerwünscht. Sie wollten uns nicht.«
    »Ich will dich.« Sie drückte seine Hand, ohne genau zu wissen, was sie damit gemeint hatte oder warum ihre Kehle bei diesen Worten wie zugeschnürt war.
    »Und ich will dich.« Er erwiderte den Druck. »Du gehörst zu mir und ich zu dir. So ist es nun mal, und so wird es immer sein. Deshalb wurden wir nie adoptiert – weil es uns bestimmt ist, zusammenzubleiben.«
    »Und was ist, wenn wir erwachsen sind und das Heim verlassen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Mach dir darüber keine Gedanken. Ich werde für dich da sein, Kathleen. War ich das nicht immer?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Du gehörst zu mir und ich zu dir«, wiederholte James, und die Art, wie sich seine Hand über ihr Handgelenk und den nackten Arm hinauf bewegte, löste ein Prickeln im ganzen Körper aus. Sein Blick erinnerte sie an die Liebesszenen aus den Videofilmen und den Kuss in besagter Dezembernacht, von dem sie geträumt hatte; bei dem Gedanken daran verging sie beinahe vor Sehnsucht.
    Doch dann war es Zeit, zurückzukehren. Schwester Lucia hatte alle zum Einsteigen aufgefordert, und der Augenblick war vorüber. Kathleen hatte oft an jenen Kuss im Winter gedacht und sich seither mehr gewünscht, mehr und mehr. James hatte zahlreiche Gelegenheiten gehabt, sie im Heim zu küssen, aber er hatte sie nie ergriffen. Nicht, weil er damit gegen die Regeln verstoßen hätte – die waren ihm egal –, sondern weil es in seinen Augen unromantisch gewesen wäre. Er wünschte sich, dass der erste Kuss des Sommers von einem romantischen Zauber umgeben sein sollte.
    Sie wusste, dass er auf den Strandausflug wartete. Dann würde er sie küssen. Ihre Träume würden sich an dem weißen Gestade und dem blauen Meer, das ringsum glitzerte, erfüllen. Während sie hellwach im Mädchenflügel lag, wichen die Phantasien von den leiblichen Eltern, die sie abholen kamen, ihrer Vorstellung von dem Augenblick, in dem James sie in die Arme nahm.
    Dieser Traum verlieh ihr die Kraft, durchzuhalten. Sie befand sich gerade in einer schwierigen Phase. Es war nicht leicht, dreizehn zu sein. Vor allem, wenn man mit »normalen« Jugendlichen zur Schule ging, die eine richtige Familie hatten, Eltern, die ihnen schöne Kleider kauften und sie herumkutschierten, zu Footballspielen, ins Kino und zu Partys. Nicht, dass Kathleen, James und die anderen Bewohner des Heims ausgegrenzt wurden oder die Nonnen sich nicht zu vergewissern suchten, dass sie alles hatten, was sie brauchten – aber es war trotzdem schwierig. Kathleen trug die abgelegte Garderobe von Schwester Clare Joseph, einer Novizin, die letzten Herbst in den Orden eingetreten war und keine Verwendung mehr für Jeans, Pullover und die grässlichsten T-Shirts hatte, die Kathleen jemals zu sehen bekam.
    Am Tag des Picknicks waren alle in Hochstimmung. Schwester Anastasia eilte in die Küche, lobte Kathleens Kochkünste und half ihr, alles in Kühlboxen und Körben zu verstauen, wobei sie James’ Sonnenbrand und seine Abwesenheit in der letzten Stunde geflissentlich ignorierte.
    »Kathleen, du bist ein Geschenk des Himmels«, erklärte sie und nahm eine Kostprobe von dem Schinken, den Kathleen nach einem Rezept der berühmten Köchin und Kochbuchautorin Julia Child zubereitet und gewürzt hatte. »Was für ein Segen, dass wir eine derart talentierte Küchenchefin haben, stimmt’s, James?«
    »Finde ich auch«, erwiderte er und schrubbte die Pfannen.
    »Vielleicht wirst du eines Tages eine Meisterschule für Köche besuchen. Und ein eigenes Restaurant eröffnen. Du kannst sicher sein, dass wir dann alle Stammgäste werden.«
    »Danke, Schwester.« Kathleen glühte vor Stolz.
    »Ein Restaurant«, meinte James, als Schwester Anastasia mit einer Ladung Proviant für das Picknick zu einem der beiden Vans hinauseilte, die vor der Tür parkten.
    »Vielleicht koche ich aber auch nur für meine Familie.« Sie blickten sich über das Seifenwasser hinweg an, und ihr lief ein Schauer über den Rücken. Ob James den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hatte?
    »Ja.« Seine glänzenden Augen verrieten, dass er begriffen hatte.
    »Alle herkommen, auf zum Strand!«, rief Schwester Anastasia und läutete die Glocke. Die Kinder stürmten aus den Zimmern, wobei die älteren die jüngsten trugen. Einige hatten bereits ihre Badesachen angezogen. Sie

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