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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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beweisen, wie sehr er sie liebte. Alles, nur nicht das Kloster. Er hatte nie aufgehört, davon zu träumen, zu beten, dass sie sich eines Tages für ihn entscheiden würde. »Bitte, Bernie, verlange nicht, dass ich dich dorthin bringe.«
    »Nein, nicht dorthin. Nach Hause … ins Star of the Sea.«
    »Bernie, was redest du da?«
    Bernie wandte sich ab und blickte aus dem Fenster. Tom hätte sie am liebsten an der Schulter gepackt und gerüttelt, damit sie ihm zuhörte. Doch er sah, wie sie sich in ihr Schneckenhaus zurückzog, und wusste, dass sie eine Phase durchmachte, die nicht einmal er verstand.
    Er konnte nur eines tun, sie zum Apartment zurückfahren. Er sah zu, wie sie ausstieg und den Brief von Seamus mitnahm. Bevor sie die Tür schloss, beugte sie sich zum Vordersitz hinunter.
    »Du weißt, dass ich nicht mit dir nach Doolin fahren kann«, sagte sie.
    Er brachte keinen Ton heraus.
    »Oder heute Abend zum Essen«, fügte sie leise hinzu.
    Er nickte. Seine Stimme versagte.
    »Es tut mir leid.«
    »Mir auch«, gelang es ihm zu sagen.
    »Richte Sixtus meinen Dank aus.«
    »Mache ich.« Glaubte sie etwa, er würde ohne sie gehen? Er würde eine Stunde herumfahren, zurückkehren und sehen, wie es ihr ging. Ob sie sich besser fühlte.
    Vielleicht musste sie sich nur ein wenig hinlegen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Oder beten. Bernie hatte im Gebet seit jeher Klarheit gewonnen. Unzählige Male hatte er sie in der Kapelle von Star of the Sea, in der Blauen Grotte oder vor dem Altar unter freiem Himmel, an dem der Bischof Ostern die Frühmesse zu lesen pflegte, kniend vorgefunden.
    Er kehrte zum Apartment zurück – er hatte ihr nicht eine, sondern zwei Stunden Zeit gelassen. Er läutete, aber sie reagierte nicht. Vor der Eingangstür stehend, blickte er auf den Fluss hinaus, auf das Wasser, das dem Meer zuströmte, und die Wolken, die sich in der dunklen Oberfläche spiegelten.
    Bernie öffnete nicht, aber zwei Studenten traten aus dem Haus. Tom bekam die Tür zu fassen, ehe sie ins Schloss fiel. Er ging die Treppe hinauf, doch bevor er den ersten Absatz erreichte, begann er zu laufen, zwei Stufen auf einmal nehmend.
    Als er im vierten Stock ankam, schlug sein Herz zum Zerspringen. Er klopfte leise an die Tür, für den Fall, dass sie schlief und den Summer nicht gehört hatte. Als keine Reaktion erfolgte, hämmerte er laut gegen die Tür.
    »Bernie? Hallo, ich bin’s.«
    Keine Antwort. Tom stand auf dem Flur, Schweiß rann ihm über den Rücken. Beim Hinuntergehen nahm er drei Stufen auf einmal, dann drehte er sich um und stand wieder vor ihrer Tür. Vielleicht hatte sie einen Spaziergang gemacht. Zur Kirche, zum St. Stephen’s Green, dem Trinity College, zu O’Malley’s oder zurück zum Greencastle.
    Vielleicht war sie im St. Augustine’s. Aber warum hatte sie ihn nicht angerufen? Und abgesehen davon, was hoffte sie dort zu erreichen? Inzwischen hatten seine Gedanken aufgehört, sich im Kreis zu drehen, sein Kopf fühlte sich bleischwer an, und sein Mund war trocken wie Watte. In seine Tasche greifend, wusste er, was er zu tun hatte.
    Er war noch nie gewaltsam in ihr Leben eingedrungen, hatte ihre Privatsphäre immer respektiert, hatte ihr das Schweigen oder den Freiraum zugestanden, den sie brauchte. Sie arbeiteten Seite an Seite in der Academy – sie in Schule und Konvent, er als Verwalter des Anwesens. In den letzten dreiundzwanzig Jahren war kein einziger Tag vergangen, an dem er sich nicht gewünscht hätte, Zutritt zu ihrem Leben, zu ihrem Herzen, zu ihren geheimsten Gedanken zu erhalten. Doch er hatte stets ihr Bedürfnis respektiert, sich zurückzuziehen, sich hinter den geschlossenen Türen des Klosters abzuschotten.
    Doch nun holte er seine Geldbörse aus der Tasche. Er nahm eine Kreditkarte heraus, schob sie zwischen Tür und Rahmen und ließ sie zum Schloss hinuntergleiten. Er spürte, wie sich der Schnäpper bewegte, nachgab, und er war drinnen.
    »Bernie!«, rief er. Das Blut rauschte in seinen Adern. Sie war weder im Wohnzimmer noch in der Küche. Was hatte er erwartet? Er wusste es nicht, aber er hatte in seinem ganzen Leben noch nie so große Angst verspürt wie jetzt, als er die Schlafzimmertür öffnete.
    Der Raum war leer.
    Die Kleidung, die sie getragen hatte, lag auf dem Stuhl neben dem Bett, ordentlich zusammengelegt, ihre Jeans, das grüne T-Shirt, der weiße Pullover. Tom trat näher, nahm die Sachen und drückte sie an sich, als hielte er Bernie im Arm. Er öffnete die

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