Eine franzoesische Affaere
Lancaster vor einem
Jahrhundert oder länger stehen geblieben.
„Und Ihr
Angebot ehrt mich. Sogar sehr.“ Das feine Lächeln kehrte in ihr Gesicht zurück
und verdrängte die zuvor empfundene Trübseligkeit. Sie konnte sich gut
vorstellen, mit ihm zusammen etwas zu unternehmen. Deswegen hatte sie ihn ja
auch spontan zum Essen eingeladen. Wäre ihr Kings Gesellschaft unangenehm, dann
hätte sie auch allein gehen können. Sie wollte eben doch nicht so frei und
ungebunden sein, wie ihre Gedanken ihr manchmal vorgaukelten. Sie war nicht
dumm. Sie brauchte den Schutz, den man ihr gab und bot.
Nur ein Breed war von seiner Seite außerdem eine totale Untertreibung.
Theodor hatte ihn in Rebekas Begleitung beim Training in der Fortress kämpfen
sehen können und ihr vollkommen fasziniert davon erzählt. Ausgebildete Shaolin
sahen sie sonst nur im Fernsehen, wenn diese für westliche Zuschauer im Rahmen
einer Show auftraten. Die Fernsehmönche waren nichts im Vergleich zu dem, was
Theodor erlebt haben musste. King bewegte sich vollkommen eins mit seiner
Umgebung. Hätte er sich mit dem Krieger, gegen den er angetreten war, auf dem
Dach geprügelt, wären seine Bewegungen wahrscheinlich mit den Elementen
verschmolzen. Im Einklang mit dem Wind.
Der leise Wind des Schicksals.
Mit der Kampfkunst, die er offenbar beherrschte, würde er mit Sicherheit selbst
nach Sonnenuntergang noch so manchem Gegner überlegen sein. Wobei hier
natürlich niemand zu einem Risiko herausgefordert werden sollte.
„Vielleicht
sollten Sie vorher aber noch die Gelegenheit bekommen, Malcolm kennen zu
lernen. Er ist ganz anders als Theo und bei weitem nicht so offen. Zumindest
auf den ersten Blick. Wie mein Vater lebt er für seine Aufgaben in den Reihen
der Immaculates und befolgt alle Gesetze, ohne auch nur jemals gegen eines
verstoßen zu haben. Wenn man weiß, wie man ihn nehmen muss, ist er eigentlich
handzahm und umgänglich, doch das ist nicht so leicht. – Er wird versuchen,
Ihnen Ihren Vorschlag, sich mit mir anzufreunden und zu verabreden, ausreden wollen.
–Nicht nur Ihretwegen, fürchte ich.“
Fiona wollte King unter allen Umständen die Gelegenheiten geben, sein Angebot
zurückzunehmen. Nur weil sie hier einen kleinen Durchhänger hatte, hieß das
nicht, dass sie wirklich erwartete, dass er sich unter einem vermeintlich
eigennützigen Vorwand um sie kümmerte.
Malcolm war immer noch nicht hereingekommen. Was ließ ihn zögern? Fiona wagte
nicht, sich zum Fenster umzudrehen, wo sie sich möglicherweise Auge in Auge mit
ihm wiederfinden würde. Außerdem hätte sie das wohl verraten und ihren Bruder
dazu animiert, sie zu holen. Das wollte sie nicht riskieren, zumal sie sich in
Malcolms Zorn auch täuschen könnte. Vielleicht zeigte er ausnahmsweise mal
Verständnis für ihre Situation und begnügte sich wie Theodor mit der Rolle des
Aufpassers in der Ferne, der nur eingriff, wenn es gefährlich wurde.
° ° °
Sid blinzelte überrascht, als der Fremde ihr das Gesicht zuwandte, um sie einer
gründlichen Musterung zu unterziehen, die auch die dunklen Gläser seiner
Sonnenbrille nicht verbergen konnte. Nicht, dass etwas Anzügliches in seinem
Blick gelegen hätte. Sie fühlte sich viel mehr wie ein Käfer, den man mit einer
Nadel auf ein Bord fest gepinnt hatte, um anschließend sein Innenleben zu
studieren. Trotzdem behielt sie ihr Lächeln bei, das sie selten ablegte. Es
wurde nur kurz ein bisschen wehmütig, weil der grummelige Bär sie mit seiner
Art und seiner trockenen Bemerkung an ihren Vater erinnerte.
Sie nahm einfach den nächsten Zug und lachte leise vor sich hin, während sie
den Fuß locker an der Wand abstützte, an der sie auch schon mit dem Rücken
lehnte. Die ganze Woche hatte sie lange Schichten gehabt und ihre Füße meldeten
sich auch nun in den bequemen Turnschuhen, die sie eigentlich verabscheute.
Eitelkeit zahlte eben die Miete nicht. Und in dem Punkt war New York nicht
besser als Paris.
„ Oui, oui …
Sie klingen ganz wie mein Vater. Nur hat der dabei immer empört den Kochlöffel
geschwungen.“ Sid grinste amüsiert in sich hinein, weil der Typ natürlich ihre
Andeutung kaum verstehen würde.
„ Alors … Wenn Sie schon nicht wegen des Essens gekommen sind… Ist es dann
vielleicht ein Blind Date? Mir ist da drin keine Dame mit einer roten Rose
aufgefallen. Oder wurden Sie am Ende versetzt? Ah, non! Das kann ich mir
nun gar nicht vorstellen… Und meine Fantasie kennt keine Grenzen. Und mein
Mundwerk noch
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