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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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großen bunten Sonnenschirm und konnten uns kaum vorstellen, wie schnell das Wetter umschlagen und sich von einer nicht minder unwirtlichen Seite als im Rest des Landes präsentieren konnte.
    Als Nächstes fuhren weiter zum Itasca State Park und dem Oberlauf des Mississippi, wo Tim von mir verlangte, ein Foto von ihm zu machen, das er sich schon lange wünschte: Er wusste, dass wir irgendwann nach New Orleans und damit zum Mississippi-Delta kommen würden, und fand, es wäre doch »irre«, wenn er so tun würde, als … nun ja … entleere er sich im Oberlauf, ehe er sozusagen im wahrsten Wortsinn die Dinge ihren Lauf bis zum bitteren Ende nehmen ließ. Natürlich würde ich beide Ereignisse mittels Foto festhalten müssen. Abwasser in Öl, wenn man
so will. Ich fand diese Idee prima, weil ich seit Jahren Fotos von Tieren sammelte, die ihre Notdurft verrichteten, aus dem ich irgendwann einmal ein Buch mit dem Titel »Porzellaninspirationen« machen wollte.
    Ich war restlos begeistert, dass ich auf diese Weise die Chance bekam, den Spieß umzudrehen, denn auch wenn mein Mann völlig ahnungslos war, hatte er soeben den Platz als einziger menschlicher Beitrag in meinem Werk bekommen. Dies war nicht das erste Foto auf unserer Reise, das ich für besagtes Buch schoss. Am zweiten Tag unserer Probereise waren wir durch Battle Mountain gefahren, das nur wenige Fahrtstunden von der Grenze zwischen Nevada und Utah entfernt liegt. Diese Stadt faszinierte mich völlig, vor allem weil sie die Verkörperung dieser dämlichen Angewohnheit im Westen war, ihre Hügel mit einem Schild zu versehen. Ich hatte dieses Phänomen noch nirgendwo im Osten beobachtet, doch hier im Westen schien sich jede Gemeinde bemüßigt zu fühlen, irgendwelche Buchstaben auf die Kämme ihrer Gipfel zu pflanzen, egal wie spitz sie waren. Wieso? Hatten sie Angst, ihr Berg würde sich davonmachen und in der Nachbargemeinde wildern gehen? Jedenfalls bat ich Tim, am Straßenrand anzuhalten, weil ich fest entschlossen war, dass Battle Mountain, Nevada, das Coverfoto für meine »Porzellaninspirationen« liefern würde, da auf seinem braunen Erdhaufen nicht einer, sondern gleich zwei Buchstaben prangten - BM (Bowel Movement, sprich Peristaltik).
    Trotzdem hätte Tim es besser wissen müssen, als mich in meinem Fotofetisch noch zu unterstützen, wenn man unseren letzten Vorstoß in die Welt der Schnappschüsse bedachte. Vor ein paar Jahren bei einem Besuch im Yellowstone-Nationalpark hatten wir am Straßenrand in der
Nähe einer Herde Bisons und noch ein wenig näher an einer Herde europäischer Touristen angehalten. Als wir Erstere beobachteten (ich mit der Kamera in der Hand), rief Tim, der stets Hilfreiche: »Sieh mal, da drüben!« Augenblicklich folgte ich seinem Blick und zoomte ein stattliches Exemplar heran, das damit beschäftigt war, sich zu entleeren, was eine erstklassige Aufnahme zu werden versprach. Die Touristen, ebenfalls alarmiert von Tims Rufen, murmelten und reckten die Hälse, in der gespannten Erwartung, welch einzigartiger Anblick sich ihnen gleich bieten würde. Und dann sahen sie es … kollektives Japsen. Gefolgt von gespenstischer Stille. Hmm. Ich dachte immer, Europäer seien weniger prüde als Amerikaner. Ich lachte nur. Tim versank vor Scham im Boden.
    Also stand er am Oberlauf, mit dem Rücken zu mir auf einem Baumstamm, der das eine Ufer mit dem anderen verband. Er stellte sich breitbeinig hin, legte die Hände an die strategisch relevanten Stellen und drehte sich mit dem Kopf zur Kamera, als wäre er überrascht, weil er ertappt worden war. Gerade als ich den Auslöser drückte, passierte genau das: Eine Familie kam um die Ecke und blieb entsetzt stehen, da sie nicht merkten, dass Tim nur so tat als ob - nicht dass das viel besser gewesen wäre. Ich lachte nur. Tim versank vor Scham im Boden.
    Eilig verzogen wir uns, nur um kurz darauf auf eine Sehenswürdigkeit zu stoßen, die meinen Zynismus auf eine harte Probe stellte: Mary Gibbs, die erste Parkaufseherin Amerikas, die 1903 einem Sägewerk den Kampf angesagt hatte, das einen illegalen Damm errichtet hatte, um ein Teil des Waldes zu überfluten, damit sie die Stämme ungehindert abtransportieren konnten. Ein Wachtrupp drohte sogar, jeden zu erschießen, der versuchte, die Schleusen
zu öffnen. Doch die zarte, aber zähe Vierundzwanzigjährige nahm ihren Job (den sie nach dem Tod ihres Vaters übernommen hatte) sehr ernst. Nachdem ihre Aufforderung, die stämmigen Männer sollten

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