Eine Frau - Ein Bus
Kunst, Architektur oder Ingenieurswesen studiert, sondern lediglich die Arbeit 1947 an der Gedenkstätte aufgenommen, nachdem er im Zweiten Weltkrieg als Freiwilliger gedient hatte. Ähnlich wie der Mann, mit dem er für den Rest seines Lebens in Ehren verbunden war, machte auch er es sich zur Gewohnheit, Regierungsgelder auszuschlagen. So lehnte er auch den Auftrag des Außenministeriums ab, in Europa Gedenkstätten zu errichten. Stattdessen ließ er sich in einem Zelt in den Black Hills nieder und begann, den zweihundert Meter hohen Berg zu sprengen.
Er musste nicht nur einen Brunnen und eine Holzhütte zum Leben bauen, sondern auch Straßen und eine Treppe mit 741 Stufen zum Gipfel errichten. In einem uralten körnigen Film im Besucherzentrum blickt ein älterer, aber immer noch drahtiger, bärtiger Korczak eindringlich in die Kamera und erzählt, wie er in den Anfangsjahren den unzuverlässigen Luftkompressor am Fuß des Berges hatte anwerfen (um die Bohrer am Gipfel betreiben zu können),
dann all die Stufen erklimmen und die Arbeit so weit wie möglich vorantreiben müssen, nur um wieder hinunterzusteigen, um den Generator erneut in Gang zu bringen. Im Lauf der Jahrzehnte hatte er zahlreiche Knochenbrüche davongetragen, drei Operationen am Rücken hinter sich gebracht, Arthritis bekommen, einen schweren Herzinfarkt erlitten und sich einer Bypass-Operation unterzogen. Nichtsdestotrotz hatte er an der Gedenkstätte bis zu seinem Tod 1982 mit vierundsiebzig Jahren gearbeitet. Korczak hatte immer verstanden, dass sein Unterfangen zu viel für einen einzelnen Mann und ein einzelnes Menschenleben war: Er hatte drei Bücher mit detaillierten Plänen und Modellen für jene hinterlassen, die sein Lebenswerk fortführen würden. Bei der Vollendung des Monuments soll Crazy Horses Kopf so groß sein, dass die vier Präsidentenköpfe von Mount Rushmore in ihn hineinpassen würden.
Seine Frau und seine zehn Kinder haben geschworen, sein Werk weiterzuführen - alles auf der Basis von privaten Spenden, da Korczak entschlossen gewesen war, niemals Regierungsgelder für seine Arbeit anzunehmen. Er hatte sich geweigert, ein Gehalt zu akzeptieren, und zweimal die Summe von zehn Millionen Dollar aus dem Staatssäckel abgelehnt. Seine Familie betreibt das Projekt weiter, das definitiv und ohne jeden Zweifel irgendwann in diesem Jahrhundert vollendet sein wird. Obwohl bislang nur Crazy Horses Gesicht fertig gestellt ist, kann man bereits die groben Umrisse des Kriegers ausmachen, wie er auf seinem Pferd sitzt und auf einen Punkt in der Ferne deutet, als Antwort auf die abschätzige Frage, die ihm einst ein weißer Mann stellte. »Wo ist jetzt dein Land?«
»Mein Land ist dort, wo meine Vorfahren begraben liegen«, soll er darauf geantwortet haben.
Es überraschte mich, dass mir diese scheinbar kleine Geste so zu Herzen ging. Wenn man sich die gewaltige Aufgabe ansieht, die noch vor ihnen liegt, kann man leicht skeptisch sein, ob dieses Vorhaben tatsächlich so schlau ist. Aber nachdem ich mir die ganze Geschichte angehört hatte, wurde mir bewusst, wie unfair es war, Korczak lediglich aufgrund dessen zu beurteilen, was an einem Berg sichtbar ist. Viel mehr als eine Skulptur ist sein Testament die Hinterlassenschaft eines Mannes, der auch im Angesicht größter Widrigkeiten noch an seine Überzeugung geglaubt und sein Leben der Aufgabe gewidmet hat, einem Volk zu helfen, seine Würde wiederzuerlangen, so wie er seine eigene wiedererlangt hat. Ich versuchte, mir mich selbst in dieser Selbstlosigkeit vorzustellen, und gelangte zu dem traurigen Schluss, dass mich bereits beim ersten Besuch des Berges der Mut verlassen hätte, wenn ich festgestellt hätte, dass es hier nicht nur keinen Roomservice gibt, sondern noch nicht einmal ein dazugehöriges Zimmer .
Korczaks Einfluss auf mich reichte noch weit über diesen Berg hinaus: Als wir wieder auf dem Campingplatz waren und Tim die Windschutzscheibe säuberte, kam die ältere Frau von nebenan vorbei und fragte, ob er gegen Bezahlung bereit sei, auch ihre zu waschen - und zwar jetzt gleich -, während ihr noch älterer Ehemann, der darauf bestand, es selbst zu übernehmen, kurz einkaufen war. Natürlich war Allround-Freak sofort zur Stelle. Und natürlich nehmen Superhelden grundsätzlich kein Geld für ihre Dienste an. Als ich zusah, wie Tim zu ihrem Wohnmobil hinüberging, dachte ich an die Gedenkstätte. In diesem Augenblick wurde mir eines bewusst: Auch wenn die meisten Menschen
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