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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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trinkt er lieber daheim und schaut dabei fern. Aber bitte nur, wenn Frau Meier neben ihm sitzt! Ohne seine geliebte Ehefrau macht Herrn Meier nämlich überhaupt nichts Freude. So ist eben die wahre Liebe! Ehe ist Gemeinsamkeit, innige Zweisamkeit, harmonisches Miteinander! Da hätte man ja gar nicht heiraten brauchen, wenn nun jeder seiner eigenen Wege geht, sagt Herr Meier. Und Frau Meier ist sehr gerührt, wenn sie dieses vernimmt. Für so viel innige Liebe, sagt sie sich, lohnt es schon, ein paar eigene, kleine Wünsche hintanzustellen. Und im Laufe von mehr als zwanzig Ehejahren ist sie im »Hintanstellen« ihrer Wünsche schon so perfekt geworden, dass ihr gar nicht mehr in den Sinn kommt, auch Herr Meier könnte – im Interesse von Zweisamkeit und Miteinander – ein paar kleine, eigene Wünsche hintanstellen. Eine gute Ehefrau ist schließlich nicht dazu da, solche Gedanken zu hegen ...
Schuldgefühle sind Frauensache
    Unsere Umgangssprache entbehrt nicht der Fachausdrücke psychologischer Art. Selbst Menschen, deren Wortschatz tausend Vokabel kaum übersteigt, sprudeln die »Neurosen« und den »Psychopathen« und die »Hemmungen« und die »Komplexe« nur so heraus.
    Auch die »Schuldgefühle« gehören zu dieser Sorte von sprachlichem Allgemeingut. Wenn der »Stress« der Bestseller der Saison ist, ist das »Schuldgefühl« der Evergreen des Jahrzehnts. Und diese Schuldgefühle, ich beobachte es seit Jahren, sind hauptsächlich im Besitz des weiblichen Teils der Menschheit. Frauen haben Schuldgefühle, wenn sie keine Kinder gebären oder dem Mann statt einem Sohn eine Tochter gebären. Sie haben Schuldgefühle, wenn sie Kinder haben und arbeiten gehen, und sie haben Schuldgefühle, wenn sie nicht arbeiten gehen und den Mann das Geld verdienen lassen. Sie haben Schuldgefühle, wenn die Kinder in der Schule sitzenbleiben und wenn die Kalbsschnitzel, die sie beim Fleischhauer gekauft haben, im Großmarkt am anderen Ende der Stadt um fünfzehn Prozent billiger zu haben gewesen wären. Es gibt auch Frauen, die sich schuldig fühlen, weil sie mit vierzig nicht mehr so straff und jugendlich aussehen wie mit zwanzig. Auf alle Fälle aber gibt es Frauen in Menge, die schon Schuldgefühle entwickeln, wenn sie bloß ein Viertelstündchen faul sind.
    Wie ertappte Schüler schlagen sie den Krimi zu und greifen zum Strickzeug, wenn ein Familienmitglied den Raum betritt. Um zu einem friedlichen Mittagsschlaf zu kommen, meinen sie Kopfweh haben zu müssen und den Kaffehausbesuch mit Illustrierter und Cremeschnitte halten sie so geheim, als wären sie an frivolem Orte der Unzucht nachgegangen. Daraus ist zu folgern: Wenn ein Mensch wegen derart harmloser Tätigkeiten Schuldgefühle entwickelt, können Schuldgefühle nicht viel mit wirklicher Schuld zu tun haben. Da aber, das beobachte ich seit Jahren, diese so mannigfachen weiblichen Schuldgefühle keine erfreulichen Emotionen sind, die man sich freiwillig und luxushalber zulegt, muss an diesen Schuldgefühlen wer die Schuld haben. Die wirkliche Schuld! Und wen – bitte – gibt es hierzuerden noch, außer Frauen? Na eben!
    Bedenken Sie, verehrte Leserin, diese Sachlage in Ihrer nächsten faulen Viertelstunde. Vielleicht artet sie dann zu einer ganzen und völlig schuldlosen aus.
Unsere Sprache ist frauenfeindlich
    Unsere Sprache ist sexistisch und frauenfeindlich. Unentwegt tut sie Frauen verbal Gewalt an und bevorzugt die Männer!
    Das lese ich schon seit geraumer Zeit in Artikeln und Aufsätzen von Frauen, die bemüht sind, dieser Gemeinheit ein Ende zu bereiten, aber ignorant wie ich bin, habe ich diesem Problem bisher nicht viel Ohrenmerk geschenkt.
    Jedoch heute, im Liegestuhl sitzend und geschlossenen Auges alle Ungerechtigkeiten der Welt überdenkend, fiel mir das empörende Sprachproblem wieder ein und ich musste feststellen: Es ist wirklich gemein!
    Die Männer kommen – zum Beispiel – immer zuerst dran. Auf amtlichen Formularen ist das festzustellen. Herr/Frau/ Fräulein, heißt es da. Und in der Literatur von der Bibel bis zu den Brüdern Grimm tönt es gleicherart: Adam und Eva, Romeo und Julia, Hänsel und Gretel. Nur beim Schneewittchen stimmt mein Beispiel nicht. Aber da geht es ja um sieben Zwerge und nicht um sieben Männer.
    Apropos Männer! Es gibt Männer und Frauen, aber höflicher klingt doch: Herren und Damen. Deswegen werden Männer stets mit »Herr« angeredet, niemand sagt: »Mein Mann, bitte folgen Sie mir!«
    Aber unsereiner wird nie als

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