Eine Frau sein ist kein Sport
sie es erzählt hatte, ließ diesen Schluss zwar nicht zu, dass sie es aber erzählt hatte, war der Straßenbahngesellschaft Beweis genug.
Nur eine Verrückte, scheint man allgemein zu meinen, nimmt mit Fremden Kontakt auf.
»Wahrscheinlich hat sie sonst niemanden zum Reden«, sagte ich zum dicken Herrn, der hinter mir aus der Straßenbahn stieg. Und fügte hinzu: »Aber sie hat hübsch erzählt!« Da enteilte der Dicke hurtig.
Der einen Verrückten entronnen gleich auf die nächste zu stoßen, sagte sein entsetzter Blick, ist zuviel für eine einzige Straßenbahnfahrt.
Ehekitt besonderer Art
Was Ehen Dauer verleiht, muss nicht unbedingt die unverbrüchliche Liebe der Partner zueinander sein. Es gibt auch Zwänge, die mancher Ehe Bestand verleihen. Geld zum Beispiel. Oder Trägheit. Oder gar Schuldgefühle. Schuldgefühle können ein perfekter Ehekitt sein, nach dem Motto: »Wenn du mich schon nicht mehr wirklich liebst, dann fühle dich wenigstens schuldig!«
Viele Frauen und Männer haben wahre Perfektion darin erreicht, in ihrem Partner große Schuldgefühle zu erwecken und sie hartnäckig am Leben zu erhalten. So schwer ist das ja auch nicht, wenn man nicht gerade mit einem Ausbund an Egozentrik und Hartherzigkeit zusammenlebt. Man muss nur von allem Anfang an dem Partner klarmachen: Du allein bist dafür verantwortlich, ob ich glücklich oder unglücklich bin, ausschließlich von deinem Verhalten hängt das ab!
In der ersten Zeit der taufrischen Liebe hören das Männer wie Frauen ohnehin meistens gern und sehen es als Beweis für außerordentliche Zuneigung. So wie ja auch große Eifersucht zu Beginn einer Beziehung oft irrtümlich für große Liebe gehalten wird.
Aber wenn die Liebe des einen Ehepartners dann schwindet, entlässt ihn der andere ja nicht zwangsläufig aus der Verantwortung und Zuständigkeit für sein Glück und Unglück.
Und der, dessen Liebe nicht mehr so heftig brennt, kann sich meistens selbst auch nicht aus dieser Verantwortung und Zuständigkeit lösen und bekommt Schuldgefühle.
Die kann dann sein Partner weitgehend für sich nutzen. Sie helfen ihm, seine Wünsche durchzusetzen, sie geben ihm eine enorme Machtposition. Schuldbewusste Menschen, egal welchen Geschlechts, verhalten sich dem Partner gegenüber einsichtiger, nachsichtiger, nachgiebiger und positiver. Soll schon Männer gegeben haben, die bis zu ihrem Lebensende jeden Wunsch ihrer Frau erfüllten, weil sie im dritten Ehejahr eine dreiwöchige außereheliche Liebschaft hatten, durch welche das Erkalten ihrer ehelichen Liebe – für die Ehefrau – eindeutig erwiesen war. Auch Frauen soll es geben, die aus dem gleichen – oder einem anderen – Grund jahrzehntelang ihre Schuld geduldig abdienen, ohne je damit fertig zu werden.
Von außen betrachtet erscheinen die »Schuldabträger« üblicherweise als Leute, die den Partner ganz besonders lieben und aufopfernd umhegen. So sehr, dass man direkt Schuldgefühle, seine eigene Ehe betreffend, kriegen könnte.
Einigung unmöglich!
So ein Familienleben ist was Schönes, und angeblich wird es umso schöner, je größer die Familie wird; zumindest gestaltet es sich umso spannender, je mehr Mitglieder sie hat. Spannend insofern, weil dann viele, sehr unterschiedliche Bestrebungen unter einen Familienhut zu bringen sind, falls kein »absoluter Familienkaiser« das Regiment führt und nur dessen Wille zum Tragen kommt. Wobei so ein Familienkaiser in neuerer Zeit nicht unbedingt der haushaltsvorständische Papa sein muss. Gibt auch achtjährige Knabenkaiser und 80-jährige Schwiegermamakaiserinnen.
Aber solche autoritäre Regime sind bloß die Ausnahme, in den meisten Familien versucht man sich in Demokratie, und geht es in denen dann nur um so Kleinigkeiten wie die, wessen Lieblingsspeise gekocht wird, ist eine halbwegs demokratische Lösung möglich. Kommt dann halt, reihum, eine Lieblingsspeise nach der anderen dran.
Geht es aber um den Familienurlaub, ist das kaum möglich. So oft Urlauben kann keine Familie, dass reihum die Urlaubsorte aufgesucht werden, welche die einzelnen Familienmitglieder vorschlagen.
Was tut man also, wenn der Papa ins tirolerische Bergland will, die Mama die Nordsee kennen zu lernen wünscht, sich der große Sohn nach einer griechischen Insel sehnt, die Tochter von Mexiko schwärmt und der kleine Sohn partout für das niederösterreichische »Nest« plädiert, in dem sein bester Freund beim Vieh züchtenden Onkel urlaubt.
Nun, Mexiko streichen
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