Eine Frau zum Heiraten
und ich haben uns sehr gut verstanden. Wir hatten etwas gemeinsam, denn sie hatte im Krieg ihren Verlobten verloren. Allerdings bringt es einen ins Grübeln. Wenn ich mich hier umschaue und euch alle zusammen sehe … Wenn ich Peggy geheiratet hätte, wären jetzt vielleicht auch
meine
Enkelkinder hier. Es geht nichts über eine eigene Familie, Alex.”
“Ich
habe
eine Familie”, entgegnete Alex schroff. Außerdem will sie mich nicht, dachte er, sprach es jedoch nicht aus, weil er seine Probleme normalerweise für sich behielt. Er hatte es sich nach dem Tod seiner Eltern angewöhnt und konnte es nun nicht mehr ablegen.
“Ein Mann gehört dorthin, wo sein Herz ist”, erklärte sein Onkel leise.
Onkel Joe hat recht, dachte Alex später, als es dämmerte und alle sich um das Lagerfeuer setzten. Die kleinen Kinder kuschelten sich an ihre Eltern, und die älteren, die schon fast im Teenageralter waren, saßen in kleinen Grüppchen zusammen.
Abe nahm seine Gitarre in die Hand. Er war ein guter Musiker und hatte eine klangvolle Stimme. Als Mary-Beth ihn kennengelernt hatte, war er Leadsänger einer Band aus dem Ort gewesen. Alex lächelte in sich hinein, als er sich daran erinnerte, wie er Mary-Beth damals davor gewarnt hatte, sich mit einem Musiker einzulassen.
Nun begann Abe ein altes Volkslied zu spielen, das alle kannten. Nachdem die Erwachsenen eingestimmt hatten, fielen auch die Kinder mit ein. Obwohl die Tonlagen so verschieden waren, klang das Lied erstaunlich harmonisch. Trotzdem fehlte Alex etwas … jemand.
Schweigend wandte er sich vom Feuer ab.
Auf der anderen Seite des Sees lag sein Boot, das immer noch nicht fertig war. Sein Traum, um die Welt zu segeln, hatte allerdings an Reiz verloren. Sein Leben wirkte so leer … er selber fühlte sich leer, wie Alex in diesem Moment erkannte.
Sein Onkel hatte recht. Sein Herz gehörte nicht mehr hierher. Es war Tausende von Meilen entfernt bei einer Frau, deren Lustschreie ihm jede Nacht in den Ohren klangen und ihn quälten.
Claire … Claire …
10. KAPITEL
Claire stellte fest, dass sie die Erste war, die zu dem vereinbarten Termin erschien. Der Oberkellner führte sie durch das fast leere Restaurant zu einem Tisch im Wintergarten, von dem man einen herrlichen Ausblick auf die Hotelgärten hatte. Da dort alles grünte und blühte, fand sie es beinah schade, dass es sonst niemand sah.
Sie lächelte ihm freundlich zu, lehnte aber sein Angebot ab, ihr einen Aperitif zu bringen.
Wenn sie nicht am Anfang der Woche mit Poppy und Star telefoniert hätte, um den Termin noch einmal zu bestätigen, hätte sie nun wohl angenommen, die beiden würden nicht kommen.
Poppy hatte ihr sehr leidgetan, weil sie am Telefon so traurig geklungen hatte.
“Es ist etwas ganz Merkwürdiges passiert”, hatte Sally Claire einen Tag zuvor ein bisschen wichtigtuerisch erzählt. “Chris hat mir streng verboten, darüber zu sprechen, aber …”
“Aber?”, drängte Claire, doch Sally schüttelte bedauernd den Kopf.
“Ich kann es dir nicht sagen, aber wenn es wirklich stimmt, glaube ich es einfach nicht. Allerdings meint Chris, er hätte es schon immer vermutet.”
“Hat Poppy sich in einen anderen Mann verliebt?”
“Na ja … Nein.” Wieder schüttelte Sally den Kopf. “Ich habe Chris versprochen, nichts zu sagen. Es ist ein bisschen heikel, weißt du. Ein bisschen … schwierig. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich es glauben soll.” Sie schaute Claire zerknirscht an. “Ich würde es dir gern erzählen, aber …”
“Ist schon gut”, beruhigte Claire sie. “Poppy ist momentan in einer schwierigen Situation.” Unwillkürlich musste sie daran denken, wie sehr sie es verabscheuen würde, wenn die Leute tratschten und Mutmaßungen über ihre Beziehung zu Alex anstellten – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass inzwischen viele von ihrem nicht ganz ernst gemeinten Schwur, niemals zu heiraten, erfahren hatten. “Anscheinend möchte Chris verhindern, dass sie noch mehr verletzt wird. Das ist ganz natürlich.”
“Ja, das ist es”, bestätigte Sally und drückte sie kurz. “Aber du wirst es mir doch sagen, falls die Mauer eurer weiblichen Solidarität Risse bekommt, oder?”, fügte sie schon wesentlich fröhlicher hinzu.
“Bestimmt nicht. ‘Einer für alle und alle für einen’ ist unser Motto, und du bist die Letzte, der ich es erzählen würde”, neckte Claire sie.
“Hm. Übrigens habe ich schon seit einer Ewigkeit nichts mehr von Star
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