Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Freundschaft im Winter

Eine Freundschaft im Winter

Titel: Eine Freundschaft im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaya McLaren
Vom Netzwerk:
Bescheid wusste. Obwohl sie es ihm nie erzählt hatte, wusste er es.
    »Meine Mutter sagt, du kannst Abend essen mit uns«, erklärte Mauricio.
    »Enchiladas«, sagte Esmeralda, und es klang verlockend. Es war unmöglich, sie nicht sympathisch zu finden.
    »Ich muss meinen Vater fragen«, entgegnete Cassie.
    Mauricio übersetzte und sagte dann zu Cassie: »Ich gehe mit dir.« Er umarmte und küsste seine Mutter zum Abschied.
    »Hasta luego.« Esmeralda ergriff Cassies Hand. Cassie lächelte sie an, und dann trennten sich ihre Wege.
    »Esmeralda ist nett«, sagte Cassie. »Meine Mutter ist im Himmel.« Sie vermutete, dass sie ihm damit nichts Neues erzählte.
    »Wo?«, fragte er.
    »Meine Mutter ist bei Gott«, formulierte Cassie es um.
    »Ich dachte vielleicht«, erwiderte Mauricio leise. »Es tut mir leid.«
    Cassie glaubte, Mitleid in seiner Stimme zu hören, und war traurig, dass ihre Freundschaft damit zerstört war. Sie hatte immer gewusst, dass Mauricio eines Tages so gut ihre Sprache sprechen würde, dass das Thema aufkommen und ihre Freundschaft daran zerbrechen würde.
    »Mein Dad ist mit Gott auch«, fuhr er unvermittelt fort.
    Damit hatte Cassie nicht gerechnet. »Es tut mir leid.«
    »Er hat gearbeitet im Laden. Männer kamen …« Er tat so, als hätte er ein Gewehr in den Händen, und schoss damit. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Es tut mir so leid«, wiederholte Cassie. Und obwohl man als Zehnjährige nicht den Arm um einen Freund legte – vor allem nicht bei einem Jungen –, tat sie es trotzdem. Aber nur für einen kurzen Moment.
    Mauricio sah sie an, und Cassie spürte, dass sie noch immer Freunde waren.
    Mike rief Jill an. Als sie sich meldete, sagte er aufgeregt: »Schnell! Wir müssen uns beeilen! Cassie ist heute Abend bei Mauricio zum Essen eingeladen. Das ist meine Chance, mit einem erwachsenen Menschen zu Abend zu essen, der kein Feuerwehrmann ist! Hättest du Zeit? Und würdest du meine Einladung überhaupt annehmen?«
    »Klar, gerne.« Sie lachte.
    In übertriebener Aufreißermanier sagte er: »Ich komme vorbei und hole dich ab, Baby.« Dann sprach er wieder normal. »Wie viel Zeit brauchst du?«
    »Wenn du hier ankommst, bin ich fertig«, sagte sie.
    »Genial«, erwiderte er und legte auf. Er schrieb Cassie eine Nachricht, kämmte sich die Haare, steckte sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund, zog sich den Mantel an und verließ das Haus. Jede Sekunde seiner raren Freizeit zählte.
    Als er an ihre Tür klopfte, wurde ihm klar, dass er seit vierzehn Jahren keine Verabredung mit einer Frau mehr gehabt hatte. Hätte er ihr Blumen mitbringen sollen? Nein, das wäre übertrieben gewesen. Ganz egal, wohin seine Gedanken manch mal gingen, sie waren nur Freunde, nicht wahr? Nur Freunde.
    Sie machte die Tür auf. Sollte er ihr sagen, dass sie hübsch aussah? Wäre das ein nettes Kompliment oder einfach nur unangenehm, weil sie doch noch immer ein Arbeitsverhältnis hatten? Er räusperte sich und fragte schließlich nur: »Worauf hast du Appetit?«
    »Auf Essen«, antwortete sie, während sie die Tür hinter sich zuzog. »Egal welcher Art.«
    »Ich habe Lust auf Chinesisch«, sagte er. »Was hältst du davon?«
    »Perfekt.«
    Während sie zum Golden Dragon gingen, fielen Mike die Knospen an den Bäumen auf. Er bemerkte Krokusse, die in Julie und Jasons Garten ihre Köpfchen durch die Erdkruste steckten. Er hörte, wie die Meisen sangen. Allerorts kehrte das Leben zurück.
    Im Golden Dragon nahmen sie gemeinsam in einer Nische Platz, und mit einem Mal war das Treffen noch realer. Gut, auf der einen Seite ging er nur mit einer Freundin essen. Doch auf der anderen Seite hätte er es nicht getan, wenn Kate noch am Leben gewesen wäre, und das war ein komisches Gefühl.
    Das Restaurant wurde von roten Laternen und Kerzen erhellt, die auf den Tischen standen. Es war dämmrig, aber nicht so dunkel, dass Tom und Lisa sie nicht erkannt hätten, als sie das Restaurant betraten.
    »Wollt ihr euch zu uns setzen?«, fragte Jill, als sie an ihren Tisch kamen.
    »Für einen Moment gern«, erwiderte Lisa. »Es ist unser letzter gemeinsamer Abend für längere Zeit.«
    »Lisa arbeitet den Sommer über als Nationalpark-Rangerin«, sagte Jill zu Mike.
    »Ich kann von dem Gehalt als Skilehrerin nicht das ganze Jahr über meine Rechnungen bezahlen«, erklärte Lisa.
    Tom zuckte unmerklich zusammen.
    »Wie kommt es, dass ihr hier aufkreuzt?«, wollte Jill wissen.
    »Lisa will nicht, dass irgendjemand von unserer

Weitere Kostenlose Bücher