Eine Freundschaft im Winter
einen Kuss.
Als Jill in den Trailer kam, blickte Hans von dem Actionfilm auf, den er sich gerade ansah, und erstarrte. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Ich kenne diesen Blick«, murmelte er und stürmte zum Fenster, um zu sehen, wer dort draußen war. Er stützte sich mit den Händen auf dem Fensterbrett ab und sah, wie Mike sich umdrehte und nach Hause ging. Fragend zog er die Augenbrauen hoch und zeigte zwischen Mike und ihr hin und her.
»Ich weiß es nicht«, gestand sie schließlich. »So einfach ist das alles nicht.«
»Du bist total verknallt«, stellte er fest.
»Es ist nur so, dass Kate noch nicht lange tot ist. Und ich bin theoretisch immer noch verheiratet. Ich muss wieder als Krankenschwester arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, also darf ich nicht etwas anfangen, das ich nicht weiterführen kann.«
»Moment mal. Willst du damit sagen, dass du gehst? «
»Demnächst, ja«, erwiderte sie entschuldigend. Sie sagte ihm nicht, dass sie in der vergangenen Woche schon zwei Bewerbungen losgeschickt hatte – eine zu einem Orthopäden in Denver und die andere zu einem Hautarzt. Allerdings wollte sie die Bewerbung bei dem Dermatologen noch einmal überdenken. Es gab immer wieder junge Leute, die in diesen Höhenlagen an Hautkrebs erkrankten, und sie war sich nicht sicher, ob sie damit umgehen konnte. Nein, es handelte sich zwar nicht um Babys, doch wenn es sich vermeiden ließ, in einem Bereich zu arbeiten, in dem Menschen sterben konnten, war das nur wünschenswert.
»Aber du hast einen Hund mit einem Biernamen. Du gehörst hierher«, erklärte er.
Statt sich mit ihm darüber auseinanderzusetzen, dass sie eben nicht in den Zwinger gehörte, sagte sie nur: »Danke«, denn es war nett, irgendwo willkommen zu sein.
»Mike ist ein netter Mensch«, sagte Hans. »Braucht denn niemand in Sparkle eine Krankenschwester?«
»Ich habe keine Stellenausschreibungen gesehen«, antwortete Jill.
»So läuft das hier auch nicht. Es funktioniert alles mündlich.« Er hielt inne und dachte nach. »Warte, mir ist gerade eine Möglichkeit eingefallen. Kaitlyn … Sie arbeitet im Gesundheitsamt in Colorado Springs. Langer Arbeitsweg, aber mach bar. Sie ist mit einem reichen Kerl verlobt und wird wahrschein lich bald aufhören zu arbeiten. Und jetzt ist mir noch eine andere Möglichkeit eingefallen. Heather … Ich glaube, wir hatten vor ein paar Jahren mal was miteinander. Sie war Krankenschwester bei dem Knie-Spezialisten. Du weißt schon, die Praxis neben dem Motorradgeschäft. Inzwischen ist sie verheiratet und sehr schwanger. Ich meine so …«, sagte er und hielt sich die Hände einen Meter vor den Bauch. »Vielleicht macht sie ja eine längere Pause. Und dann wäre da noch Jacqueline. Es könnte sein, dass mal was zwischen uns lief. Sie ist Schulkrankenschwester in einigen Institutionen. Auch in der Schule in Sparkle. Ein Gerücht besagt, sie habe einen Bergsteiger aus Utah kennengelernt und wolle ihre Sommerferien mit ihm verbringen, um zu sehen, wohin die Beziehung führt.«
»Gute Tipps«, sagte sie. »Danke.« Aber sie wollte eine echte Perspektive haben – keinen befristeten Vertretungsjob. Sie beschloss, die ganze Sache nächste Woche in Angriff zu nehmen und nach Denver zu fahren, um Bewerbungsunterlagen zu holen und sich verschiedene Stellen einmal anzusehen.
»Ach ja, noch was«, sagte Hans. »Im Februar habe ich mit Travis gesprochen, und er hat mir erzählt, wie er gerade mit einer Schwester vom Pflegedienst gevögelt hat, als seine Mutter hereingeplatzt ist. Darum geht es allerdings nicht. Das Wichtigste an der Geschichte ist, dass er es mit einer Schwester vom Pflegedienst getrieben hat. Wie wäre es damit? Es gibt mit Sicherheit genügend Leute hier oben, die einen Unfall hatten, sodass durchaus Bedarf besteht – meinst du nicht?«
»Wahrscheinlich«, erwiderte Jill.
»Oder wie wäre das? Als Travis und ich im letzten Jahr im Yellowstone Nationalpark eisklettern waren, haben wir eine Gruppe von Krankenschwestern getroffen. Sie kamen aus Boise und besuchten eine Freundin, die den Sommer über als Krankenschwester im Park gearbeitet hat. Offenbar beschäftigen einige der größeren Nationalparks eigene Krankenschwestern! Also könntest du im Winter für die Bergwacht arbeiten und im Sommer im Nationalpark. Bei Lisa funktioniert das so. Vielleicht könntet ihr beide sogar im selben Park arbeiten.«
»Das wäre sicher lustig«, erwiderte sie, doch im Grunde gefiel ihr
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